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Regieren oder nicht regieren?

(Wolnzach/Berlin, hr)

Sein oder Nichtsein, oder anders formuliert regieren oder nicht regieren, das ist hier, frei nach Shakespeare, immer noch die Frage. Obwohl ein Koalitionsvertrag vorliegt, sind es jetzt die SPD-Mitglieder, die am Zug sind. Sie entscheiden über Wohl und Wehe einer künftigen deutschen Regierung. Die Chancen für eine Neuauflage der großen Koalition stehen dabei für den Bundestagsabgeordneten Erich Irlstorfer (CSU) allenfalls bei 50 zu 50.

„Wir müssen jetzt das Ergebnis abwarten und dann sehen wir weiter“, erklärt er. Ein Satz, der nicht gerade vor Zuversicht sprüht. Zwar wurde über ein Scheitern bislang nicht gesprochen, dennoch dieses Damoklesschwert hängt gerade wegen der Mitgliederbefragung und des offenen Widerstandes der Jusos über dem ausgehandelten Vertrag. „Es ist generell zu hinterfragen, ob der Weg, den die Sozialdemokraten hier beschreiten, der richtige ist“, so Irlstorfer. Aus seiner Sicht ist dabei spürbar der „Mut zum Handeln oder vielmehr gesagt zum Regieren“ bei einigen Parteien fast gänzlich verloren gegangen. „Opposition ist immer einfacher“, fügt er an.

Doch gerade in schwierigen Zeiten – die Krisen, angefangen vom Brexit über die Kriege im Nahen Osten bis hin zu den Eskapaden eines Trump – erfordern eine handlungsfähige Regierung. „Wenn Deutschland weiterhin innerhalb der Europäischen Union aber auch in der Welt in aller Demut und Bescheidenheit eine Führungsrolle übernehmen möchte, dann brauchen wir eine Stabilität, Sicherheit und eine Politik für die Zukunft“, fügt Ilrstorfer an.

Zufrieden mit den Ergebnissen
Für den Freisinger waren dabei die vergangenen Wochen eine völlig neue Erfahrung. Im Bereich Gesundheit und Pflege saß er mit am Verhandlungstisch und hat hier auch die Leitplanken für seine Partei eingezogen. „Es war eine andere Gesprächsatmosphäre als mit den Grünen und der FDP“, so Irlstorfer, der allerdings auch betonte, dass es hier eben anders als zuvor um eine Koalition und nicht nur um eine Sondierung ging. Zehn Tage hat man verhandelt, die Gespräche vertagt und wieder verhandelt. In seinem Fall ging es neben den Pflegeberufen vor allem um das Thema der Bürgerversicherung. Am Ende hat man sich hier geeinigt, dieses Thema prüfen zu lassen.

Abgesehen von der Bürgerversicherung, betonte der CSU-Politiker, habe die SPD gut verhandelt und einiges im vorliegenden Vertrag unterbringen können. Auch Christsozialen zeigten sich aber insgesamt mit dem Papier zufrieden. „Zentrale Forderungen unsererseits wurden aufgenommen“, erklärte der CSUler und fügt an: „Wenn am Ende eine große Koalition kommt, dann liegen alle Fachbereiche, die sich mit dem Thema der Digitalisierung befassen, in den Händen der Union.“ Zwar sprach Irlstorfer immer noch von einem Kraftakt, zeigte sich aber überzeugt davon, dass man bei diesem Zukunftsthema einen deutlichen Schritt vorangehen könne.

Auch beim Punkt Wohnraum konnten sich die Christsozialen in zentralen Punkten durchsetzen. Im Vordergrund steht hier das Wohnkindergeld. „Unser Ziel ist es Familien die Möglichkeit für ein Eigenheim zugeben“, erklärt der Freisinger, betonte aber gleichzeitig, dass dies nicht die einzige Herausforderung in diesem Punkt sei, denn vor allem das Thema der Bezahlbarkeit ist in Boomregionen ganz oben auf der Agenda. „Dass der Kreisverband der CSU dieses Thema offensiv angeht, zeigt, dass man sich den künftigen Herausforderungen nicht nur stellt sondern auch eine gute Lösung für die Menschen sucht.“

Das Zukunftsthema in den Händen der Union
Insgesamt zeigte sich der CSU-Politiker mit dem ausgehandelten Vertrag mehr als zufrieden. Denn vor allem die Kernbereiche der Christsozialen – sprich die geforderte Obergrenze – konnte erfolgreich verhandelt werden. Lobende Worte fand Irlstorfer dabei auch für den scheidenden Ministerpräsident Seehofer. „Er hat gut und clever verhandelt.“ Das zeigt sich nicht nur beim Koalitionsvertrag selbst, sondern am Ende auch beim Ressortzuschnitt. Neben dem Verkehrsministerium, in dem auch das Thema Digitalisierung angesiedelt ist, konnte sich die CSU auch das Innen- und Entwicklungshilfeministerium sichern. Der interne Streit, der noch im vergangenen Jahr die bayerische Partei belastete scheint indes beigelegt. „Wir wollen für die Menschen und das Land ordentliche Politik machen“, so Irlstorfer.

Ob es am Ende aber zu einer Neuauflage der großen Koalition kommen wird, das liegt derzeit weniger bei der CSU, als vielmehr bei den Sozialdemokraten. So geht die Hängepartie erst einmal – obwohl die Hürde „Koalitionsvertag“ genommen ist – in die nächste Runde und es heißt weiter: warten!
 

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