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Wohnraum – gemeinsames Anpacken gefragt!

(Wolnzach, ls)

Alten Häusern an den Kragen? Oder hinein in ein neues Gewand?

Wohnraummangel, explodierende Grundstückspreise – es ist eine sich immer wiederholende Geschichte, die in den vergangenen Jahren durch Presse, Wahlkampf und Treffen mit Freunden geistert, und vor allem nervt – fast wie ein „Despacido“ oder die Seitenbacher Werbung im Radio. Man wird es einfach nicht los, auch deswegen, weil es für ein komplexes System kein Patentrezept geben kann. Unter der Schirmherrschaft von Landtagsabgeordneten Karl Straub lud die CSU daher gestern Vormittag zu einer ergebnisoffenen Informations- und Diskussionsrunde ins deutschen Hopfenmuseum ein – mit von der Partie waren Bürgermeister, Bauträger und Vertreter von Verbänden über jegliche politische Couleur hinweg. Aber zunächst einmal ein Blick in die Realität.

 

Vom Suchen und nicht Finden


Teresa und Alex haben eigentlich alles richtig gemacht. Sie kommen aus der Region, haben sich hier zu Ingenieuren ausbilden lassen, haben hier eine Arbeit gefunden – und sie wollen hier bleiben. Ihr ursprünglicher Plan: Grundstück kaufen, Haus bauen, Familie gründen.


„Kannst du voll vergessen“, erzählt Teresa.


Als kinderloses, unverheiratetes Paar kommen sie für einschlägige Einheimischenmodelle kaum in Frage. Die Idee, ein bereits bestehendes Haus zu kaufen, ist auch schon fast verworfen. „Wir sind wirtschaftlich gut situiert, trotz Niedrigzins müssten wir bei den momentanen Preisen mindestens 35 Jahre ein Darlehen abzahlen“, erklärt Alex. Seit zweieinhalb Jahren befinden sie sich so in einer Zwickmühle, obwohl gerade sie als junges und erfolgreiches Paar sich den Traum vom Haus leisten können müssen. Da hilft nur eins: Die Reihenfolge des Plans ändern, und gleich Kinder bekommen, obwohl das eigentlich nicht der Plan war. Alles für das Eigenheim.

Professor Christian Schiebel sprach vor einer ganzen Reihe von interessierten Personen. Unter ihnen auch: Landrat Martin Wolf, zahlreiche Bürgermeister und Bauunternehmer


Und dabei sind Teresa und Alex nicht die einzigen, die mit der Situation in der Region 10 kämpfen. So wie ihnen geht es zahlreichen jungen Menschen und Familien – ein Umstand, dem sich die Politik nun schon seit Jahren widmet. Auch deswegen hatte Straub die beiden Menschen auf das gestrige Podium gerufen, die jeden Tag den Finger in die große Wunde „Wohnraummangel“ legen müssen, schon alleine von Berufswegen. Professor Christian Schiebel und Roman Dienersberger arbeiten beide für die Regierung von Oberbayern. Sie beleuchteten nicht nur bestehende Probleme, sondern auch Lösungsansätze in Form von Förderprogrammen und Denkanstößen. Vor allem Schiebel machte in diesem Zusammenhang deutlich: Es wird keine einfache Lösung geben, und vor allem muss man die Thematik eben von vielen Seiten beleuchten.

 

Wohnraum - vielleicht alle zusammen?


Als Beispiel brachte er die Existenzängste vor allem von kleineren Städten und Gemeinden an. „Viele Versorgungszentren liegen nicht mehr in den Ortszentren“, so Schiebel. Man müsse die Infrastruktur auch im Hinblick auf die sich ändernde Demographie stärken, und das als inkludierendes Projekt. „Die klassische Kirchturmpolitik muss aufgebrochen werden“, so sein Appell, der sich vor allem an kleinere Gemeinden richtete. Über interkommunale Zusammenarbeiten kann viel für die Lebenswelt der Menschen vor Ort getan und so auch der Wohnraum in vielleicht weniger beliebten, kleinen Orten aufgewertet werden. Ein ganz prominentes Beispiel dafür bleibt das Gewerbegebiet in Bruckbach, das nur deswegen entstehen konnte, weil Rohrbach und Wolnzach zusammen arbeiten konnten. Aber auch Wasserversorgung, Schwimmbäder oder gemeinsame Beschaffungen könnten denkbar sein.

Ihn hatte der CSU-Landtagsabgeordnerter Karl Straub (links) für einen Sachvortrag ins deutsche Hopfenmuseum geholt: Roman Dienersberger (rechts)


Einer der wichtigsten Aspekte, den Schiebel dafür isolierte, war die Bürgerbeteiligung durch Projekte wie ISEK (Integrieter Städtebauliches Entwicklungskonzept) – denn die Menschen vor Ort müssen am Ende die baulichen Maßnahmen in ihrer Heimat tragen können. Kann man vielleicht Wohnraum in leer stehenden Bauernhäusern schaffen? Sieht ein Mehrfamilienhaus im Ortskern vielleicht doch nicht ganz so verkehrt aus? Oder auf den Punkt gebracht: Kann man bestehende Strukturen erhalten und anders nutzen? Förderprogramme gibt es, wie der Vortrag von Roman Dienersberger zeigte, zuhauf. „Unsere Förderprogramme sind erstklassig“, sagte er sogar. Die Krux: Diese auch richtig zu nutzen und vor allem viele Ressentiments in den Köpfen der Menschen abbauen. „Alle sagen, wir brauchen günstigen Wohnraum. Wenn es dann ernst wird, heißt es dann aber immer: Nicht bei mir!“


Ja, wir haben es uns in den letzten Jahrzehnten bequem gemacht. „Die hier ansässige Bevölkerung verbraucht immer mehr Wohnfläche pro Person, weil die Haushaltsgrößen immer weiter abnehmen“, erklärte Dienersberger. Und nun haben wir eben das Problem: Die Region boomt, die Menschen wollen hier wohnen, finden aber, wie das Beispiel von Teresa und Alex zeigt, keinen Hebel, den sie ansetzen können. Und da wird auf Dauer vielleicht nur eines helfen: Den eigenen Standard hinterfragen und an Projekten wie ISEK partizipieren und so den Wohnraummangel vielleicht nicht als nervige Zwischenzeile im täglichen medialen Tohuwabohu zu sehen, sondern als gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
 

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