Windsberg deutschlandweit einmalig
(Reichertshofen, rt)Josef Schweigard ist der Vorsitzende der Ortsgruppe Reichertshofen, Baar-Ebenhausen, Pörnbach im Bund Naturschutz in Bayern. Foto: Raths
Ein mit Interessierten volles Reichertshofener Schützenheim konnte Josef Schweigard, Vorsitzender der Ortsgruppe Reichertshofen, Baar-Ebenhausen, Pörnbach im Bund Naturschutz in Bayern, kürzlich begrüßen. Mit dabei als Referent war der Experte für Wildbienen, Erwin Scheuchl, der über sein Spezialgebiet referierte und dabei insbesondere auf den Windsberg bei Freinhausen als ganz besonderes Natur-Kleinod zu sprechen kam.
Zunächst zählte Schweigard die vielfältigen Engagements der Naturschützer aus dem vergangenen Jahr auf. Darunter zählten unter anderem die alljährliche Demonstration „Wir haben es satt!“ anlässlich der Grünen Woche in Berlin, Infostände zum Thema Blumen und Bienen, Kräuterwanderung oder auch zwei Ferienpass-Aktionen, die besonders gut bei den Kindern ankamen.
„Mehr Platz für Wildnis im Garten“, forderte alsdann Scheuchl eingangs seines Vortrages über Wildbienen im Naturschutzgebiet Windsberg im Zusammenhang mit dem Naturschutz-Projekt „Paartaler Sanddünen“, die zwischen Hohenwart und Reichertshofen liegen. Durch gezielte Pflegemaßnahmen soll dort die ursprüngliche Artenvielfalt der blütenreichen Magerrasen und Wiesen wiederhergestellt und weiterentwickelt werden. Bei diesen Sanddünen handelt es sich um Millionen Jahre alte, sandig-kiesige Buckel, die in den Eiszeiten von Flugsand dünenartig überdeckt wurden. Die sandigen Böden sind stellenweise äußerst nährstoffarm und können auch das Regenwasser nicht speichern. Deshalb haben sich dort über die Jahrhunderte artenreiche Magerwiesen sowie Sand- und Trockenrasen mit vielen bunt blühenden Kräutern entwickelt.
Um weitere Flächen für einen Biotopverbund zu entwickeln wurde das vom Landkreis getragene und über den Bayerischen Naturschutzfonds geförderte BayernNetzNatur-Projekt „Paartaler Sanddünen“ ins Leben gerufen. Ersten Erfolge stellten sich bereits ein. Allerdings mussten die Naturschützer voriges Jahr einen herben Rückschlag ihrer Bemühungen hinnehmen. Fünf jugendliche und erwachsene Motocross-Fahrer missbrauchten die Fläche im November als Motocross-Arena und zerstörten dadurch wertvolle Brutkammern der seltenen Malven-Langhornbiene (Unsere Zeitung berichtete: https://hallertau.info/index.php?StoryID=324&newsid=102064), deren Puppen im Sand überwintern wollten. Den Täter droht nun ein Verfahren, das ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro zur Folge haben könnte.
Wildbienenexperte Erwin Scheuchl. Foto: Raths
Scheuchl untersuchte im Auftrag der Behörde kurz nach der Tat den angerichteten Schaden. „Das Ausmaß ist gravierend“, lautete das Urteil des Experten. Der Boden sei stellenweise auf einer Fläche von etwa 100 Quadratmetern förmlich durchgepflügt worden. Im schlimmsten Fall könnte es das Aus der Population bedeuten, doch erst in einigen Monaten, beim Ausflug der Malven-Langhornbiene werde dies zuverlässig zu ermitteln sein. Damit wäre die einzige Population dieser Wildbienenart in Bayern unter Umständen ausgestorben. Deutschlandweit gibt es nur noch weitere drei lokal sehr begrenzte Vorkommen der Malven-Langhornbiene.
Grundsätzlich äußerte sich Scheuchl auch zum Insektensterben: „Es ist deprimierend, wenn man in die Natur geht und es fliegt nichts mehr.“ Dies betreffe auch die Wildbienenarten, die wärmeliebend seien und überdies geeignetes Nistmaterial vorfinden müssten, um sich fortzupflanzen zu können. Gefährdet seien Insekten generell wegen des ungehemmten Pestizideinsatzes. Dabei hob er insbesondere die Neonikotinoide als hochwirksame Insektizide hervor. Weiters trügen auch Verinselungen von Populationen oder der Klimawandel zum Artenschwund bei.
Scheuchl ermittelte bei drei Begehungen im vergangenen Jahr drei Wildbienenarten, die in Bayern nur am Windsberg vorkommen. Neben der Malven-Langhornbiene sind dies die Ochsenzungen-Sandbiene und die Wicken-Langhornbiene. „Ich habe dort insgesamt 80 Wildbienenarten festgestellt, davon sind 28 in der Roten Liste für Bayern verzeichnet.“ Seiner Meinung nach ist der Windsberg mit seiner Artenvielfalt einmalig in Deutschland.
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