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Es rumort im Moor

(Niederlauterbach, ls)

„Es liegt ein Unheil in der Luft. Man soll sich ned streiten, wenn a Grab no so frisch ist.“ Hätten sie nur allesamt bei der Moorwirtin der Dorfverrückten Philomena geglaubt – es wäre ihnen ein Unheil erspart geblieben. Die Theatergruppe Niederlauterbach bringt Ralph Wallners „Gespenstermacher“ auf die Bühne, und das mit viel Charme und bayerisch-tiefschwarzem Humor.

Es ist ein echter Krimi in drei Akten. Eine tote Moorwirtin im Bett, eine nicht recht viel lebendigere Großbäuerin mit dem Gesicht im Kuhfladen, und überall scheint nur der Allmächtige seine Finger im Spiel zu haben. Verdächtigt werden können viele. Sind es die Totengräber, die vom Amt für Bestattungen und sonstige freudige Familienereignisse nun nur noch pro Leiche abgerechnet werden? Oder war es die vermeintliche Erbin Lena, die passgenau auftritt, nachdem die Moorwirtin ihren letzten Atemzug tat? Oder zeigt sich gar ein Schuster verantwortlich, der sich durch Mord endlich Ruhe von seinen zwei bissigen Verehrerinnen erhoffte?

Es bleibt Philomenas Gespensterfluch, der das Dorf in Unruhe versetzt. „Seelen, de durch eier Streben einst verlieren moi ihr Leben, solln als Geister euch recht plagen, bis ihr lernts, aa zu entsagen!“ Denn so hatte das Dorf zwar eine Wirtin und eine Bäuerin weniger, doch dafür merkwürdige Vorkommnisse und gar schaurige Ereignisse mehr. Türen gehen auf und zu, Dinge liegen an einem anderen Platz, der Baatzbauer wird im Klohäusl eingesperrt. Erst, als die Protagonisten lernen, materiellen Verzicht zu üben, geht die Welt im Moor wieder seinen althergebrachten Lauf.

„Wallner war ein Querdenker. Seine Stücke sind immer mystisch, über Teufel und Tod. Das ist mal etwas anderes“, so Regissereur Christian Forsthofer. Und es stimmte, es war eine prickelnde Atmosphäre auf der Bühne, die fast an Kobells Brandner Kaspar erinnerte. Vergänglichkeit und Tod und der Gedanke, was von uns bleibt, wenn es vorbei ist – Themen, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Doch es klingt ernster, als es ist. War es im ersten Moment doch ein Frontalangriff auf die Bauchmuskulatur, der mit stimmigen Gags und unterhaltsamen Dialogen mit viel Biss zu beeindrucken wusste.

Und das nicht zuletzt durch die Schauspieler. Fast schon makabere Scherze gingen da einer Marion Widl als Moowirtin Rosa Moderer über die Lippen. Ihre resolute Art und ihre spitzzüngigen Schlagabtausche mit der Erzrivalin Vevi Veichtl, gespielt von Anita Pauly, wurden eigentlich nur noch getoppt vom Schabernack, mit dem sie hochmotiviert die Dorfgemeinschaft um den Verstand brachten. „Woast, I bin eher wia des schöne Schneewittchen, aber du bist von da schiachn, bösen Stiafmuatter höchstens da linke große Zehanagel, der vor lauter Fuaßpilz scho obafault!“ Die beiden Darstellerinnen sparten nicht mit Pathos und Leidenschaft, kein Wunder also, dass das Publikum lauthals die sture Wirtin und die aufgetakelte Bäuerin feierten.

Auch Tobias Egerer wusste in seiner Rolle als anfangs sympathischer Knecht zu glänzen. Seine Charakterentwicklung zum eingebildeten Großbauern, die ihn fast die Liebschaft mit der hübschen Lena versaut, war nicht nur äußerst überzeugend, sondern auch mit viel Gespür für Stimmung gespielt. Andreas Pauly als Schuaster-Jackl gab ein ebenso charmantes Bild ab, obwohl ihn der geballte Unsinn der beiden Geister am härtesten traf. Fast schon akrobatisch weicht er den fliegenden Stühlen aus und bleibt dabei seiner einnehmenden Figur treu.

Doch kam man an diesem Abend einfach nicht am fast schon preisverdächtigen Spiel der beiden Totengräber vorbei. Stefan Ottowitz als Schippe und Wolfgang Breitner als Schaufe sorgten beim Publikum für lautstarkes Gelächter. Breitners Augenakrobatik und seine dümmliche Miene harmonierten perfekt mit Ottowitz hemdsärmliger Art. Vor allem, als die beiden es auf die schrullige Philomena abgesehen haben, blieb kein Auge trocken. „Vielleicht verspeis ma di selber aa no. Mir hom scho lang koa zaachs Jungferngulasch mehr ghabt“, tönte es da über die Bühne.

Dargestellt wurde die schrullige Verrückte von Martina Pauly und der konnte man kaum abkaufen, dass sie zum ersten Mal aktiv auf der Bühne stand. Zusammen mit Barbara Ostermeier als Lena gab sie ihre schauspielerische Premiere, und die konnte sich mehr als sehen lassen. Und vor allem vor Pauly kann man nur den Hut ziehen, war sie doch gar nicht für die Rolle vorgesehen, musste aber für eine verletzte Kollegin einspringen. „Ich hab das alles an einem Wochenende mit Vollgas gelernt“, erzählte die Schauspielerin nach der Premiere. Der Qualität ihrer Darbietung tat das aber keinen Abbruch.

Für das Ensemble hieß es nach der gelungene Premiere erst einmal „Heute wird gefeiert, bis der Stodl brennt!“, um es mit den Worten von Totengräber Ottowitz zu sagen. Zu Recht ist das Stück bereits für alle Vorstellungen nahezu ausverkauft. Wer sich die moorig-schaurige Geschichte trotzdem nicht entgehen lassen will, der kann mit viel Glück noch eine Karte aus den Restbeständen ergattern.
 

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