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Den „Zwischenfall“ neu interpretiert

(Pfaffenhofen, wk)

Der 53-jährige Autor Peter Zemla aus Bayreuth ist der fünfte Lutz-Stipendiat, dem die Stadt Pfaffenhofen einen dreimonatigen Aufenthalt im „Flaschl-Turm“ spendiert mit einem zusätzlichen kleinen Obolus, damit er sein angefangenes Werk „Die Hinrichtung“ weiter bearbeiten und ggf. beenden kann. Zur Pflicht eines Lutz-Stipendiaten gehört, am Ende seines Aufenthaltes einen Bericht im Sinne von Josef Maria Lutz´ “Zwischenfall“ abzugeben.


Seine Abschlusslesung im Festsaal des Rathauses lockte mit knapp 40 Gästen, überwiegend weiblichen, leider nur wenig Publikum. Doch alle hielten es bis zum Schluss der Veranstaltung aus, obwohl draußen der „Blutmond“, die totale Mondfinsternis angesagt war und das war ein Zeichen, dass Zemla es verstand, das Publikum zu fesseln, auch wenn sein Schreibstil mit vielen ineinander verschachtelten Sätzen und gelegentlichen Rückblenden viel Aufmerksamkeit erforderte.

  

Peter Zemla                                                   aufmerksamer Zuhörer Seffen Kopetzky
Nach kurzer Begrüßung durch Bürgermeister Thomas Herker übernahm Schriftstellerkollege und Stadtrat Steffen Kopetzky am Podium die Gesprächsführung und interviewte Zemla erst einmal über seine bisherige Arbeit und seinen Schreibstil, dabei lobte er besonders dessen Sprachgewalt und seinen Stil, beim Schreiben sehr ins Detail zu gehen, so dass die Leser immer wieder neue Welten entdecken würden. Für Zemla gibt es keine einfache Geschichte, wie zum Beispiel wenn jemand von A nach B ginge, sondern er reichert diesen Weg mit so vielen Eindrücken an, dass aus einer kurzen Notiz fast ein ganzer Roman entstehen könnte. Dies konnten die Besucher erspüren, als Peter Zemla aus einem geplanten Zyklus die Geschichte „Herr Fehr weicht aus“ vorlas. Eigentlich geht es bei dieser Geschichte nur darum, dass jemand mit seinem Hund in den Feldern Gassi geht und ihm aus weiterer Entfernung jemand mit Hund entgegen kommt. Im Gehirn des Protagonisten Fehr laufen in dem Moment unwahrscheinlich viele Gedankengänge ab, nachdem er registriert hat, dass der andere Mann jemand ist, mit dem er sich schon immer mal unterhalten hat, ihn eigentlich gar nicht leiden kann und er deshalb in Gedanken durchspielt, was passieren würde, wenn er diesem anderen ausweichen würde, und wie dessen Reaktion dann oder später sein würden. – Ein Heidenspaß für die Zuhörer, so dass immer wieder mal lautes Schmunzeln oder leises Lachen zu spüren war.


Aber sein „richtiger“ Zwischenfall, sein Abschlussbericht über Pfaffenhofen war eine Geschichte, bei der ein vom Sturm losgelöstes Maibaum-Taferl den Heiligenschein der Marienfigur auf dem Hauptplatz herunterfegte und fast die Metzgersgattin getroffen hätte, wenn sie nicht von jemandem zur Seite gedrängt worden wäre. Dies ist die Stunde des sehr agilen Heimatforschers und Stadtrates Wallner, der versucht, den Retter der Metzgersgattin zu finden indem er sein persönliches Netzwerk aktiviert und dabei von allen möglichen Mitbürgern erfährt, wer ihnen in einer kritischen Situation geholfen habe, aber den „Retter“ der Metzgersgattin findet er dabei nicht, aber alle möglichen Typen, von denen berichtet wird. Und damit alles für die Nachwelt festgehalten wird, erscheint Wallners Bericht dann in den vom Landkreis herausgegebenen Heimatheftchen. – Und auch dieser „neue“ Zwischenfall war wieder im für Peter Zemla typischen Stil geschrieben und lockte den meisten Zuhörern ein Schmunzeln ins Gesicht.
 

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