Keine Asylbewerber ins Pfarrhaus
(Vohburg, rt)Auch bei der siebten und womöglich letzten Bürgerversammlung zum Thema Asyl ging es fair zur Sache.
Zwei Zelte für insgesamt 150 Flüchtlinge in Rockolding - dieses Vorhaben stand im Fokus der nunmehr siebten und vorläufig wohl letzten Bürgerversammlung des Landkreises zur Asylproblematik. Der Vohburger Kulturstadel war am gestrigen Donnerstag brechend voll mit interessierten Bürgern, viele fanden keinen Sitzplatz mehr. Auf dem Podium saßen auch diesmal wieder die Spitzen der mit dem Thema betrauten Behörden und Organisationen, allen voran Landrat Martin Wolf (CSU).
Vohburgs Bürgermeister Martin Schmid (SPD) sagte eingangs der Bürgerversammlung, dass es die am besten besuchte sei, die die Stadt bislang jemals gehabt hat. Sodann stellte er klar, dass „bis zum heutigen Tag“ die Unterbringung der bislang 22 Asylbewerber sehr gut gelaufen sei; es habe „Null Probleme“ gegeben. Gemäß dem Verteilungsschlüssel im Landkreis hat Vohburg ein „Soll“ von 160 Flüchtlingen. „Trotz vielfacher Anrufe ist kein Wohnraum zur Verfügung gestellt worden“, erklärte Schmid das Dilemma. Vehement verteidigte er zugleich seine ablehnende Haltung zur Belegung von Turnhallen. Gleichzeitig betonte das Stadtoberhaupt, dass man angesichts des vor der Türe stehenden Winters niemanden draußen in der Kälte stehe lassen könne. Rockolding müsse „für Vohburg herhalten“, meldete sich dazu ein Bürger zu Wort.
Landrat Wolf (l.) und Bürgermeister Schmid standen den Bürgern Rede und Antwort.
Geschäfte mit der Flüchtlingskrise
Schmid will einen Bus-Pendelverkehr zwischen Rockolding und dem Zentrum einrichten, wie er auf den Einwurf eines Wortmelders sagte, der die Frage stellte, was wohl besser sei, die Asylbewerber im Zentrum oder am Rand unterzubringen. Wolf richtete die Bitte an alle Landkreisbürger „in dieser Situation mitzuhelfen.“ Dass sich die beiden Zelte nur einmalig mit Asylbewerbern füllten und sich dann aber peu à peu leerten, wie ein Bürger hoffte, das könne er schon aus ökonomischen Gründen nicht zusagen. Zutage trat bei der Bürgerversammlung aber auch, dass sich der eine oder andere Hauseigentümer an dem Flüchtlingszustrom bereichern will. So wurde etwa ein Fall geschildert, dass dem Landratsamt Wohnungen angeboten worden waren, die sich bei näherer Überprüfung als bereits vermietet herausgestellt haben. Der Eigentümer wollte wohl in der Hoffnung auf eine höhere Mietzahlung durch das Landratsamt seine bisherigen Mieter vorher noch loswerden.
Ortsübliche Miete, was bedeutet das eigentlich?
Auf die Frage, was denn eine ortsübliche Miete für das Landratsamt bedeute, sagte Wolf, dass diese je nach Objekt von fünf über 15 Euro bis zu 25 Euro pro Quadratmeter Wohnraum reichen könne, die der Landkreis bereit sei zu zahlen. „Wir sind mit keinem Gebäude über 15 Euro“, fügte er an. Auf Wuchermieten werde man sich nicht einlassen, ebenso stünden Beschlagnahmungen nicht zur Debatte.
„Es wird jede Ecke treffen“, meinte Wolf hinsichtlich der künftigen Unterbringungsorte. So habe er auch in der Kreisstadt, mitten im Wohngebiet, eine „große Nummer“ (Senefelderstraße) für bis zu 200 Asylbewerber in petto. Beschlossene Sache ist ja, dass hinter der Stiftl-Tankstelle in Rockolding zwei beheizbare Zelte aufgebaut werden, mit Betten für jeweils 75 Flüchtlinge. Die Anlage ist zunächst für ein halbes Jahr vom Landkreis angemietet. Unter anderem gab es dazu die Frage, was denn das koste. Während Wolf von einem Betrag sprach der zwischen einer Wohnungsmiete und den Kosten für eine (teure) Containermiete läge – vom Publikum wurden 35.000 Euro monatlich ausgerechnet– sprach Gastronom Lorenz Stiftl selbst von fünf bis sechs Euro die er für die Vermietung je Quadrratmeter bekomme.
Balance zur Selbst- und Gottesliebe
Alternative Standorte für Asylbewerberunterkünfte wurden aus dem Publikum ebenfalls vorgeschlagen. So lautete einer, den alten Sportplatz dafür zu nutzen. Schmid antwortete darauf, dass der Volksfestplatz in Frage komme, sobald im Frühjahr Container zur Verfügung stünden.
Eine Wortmelderin meinte, dass das Pfarrhaus als eventuelle Asylbewerberunterkunft doch nicht vergessen werden solle. Vohburgs Pfarrer Thomas Zinecker meldete sich dazu zu Wort mit der Gegenfrage an die Dame: „Was haben Sie für eine Wohnung, wie schaute es bei Ihnen aus, gibt es da noch weitere Zimmer im Haus?“ Es sei für jeden Hausbesitzer die Frage, ob er eigenen Wohnraum erübrigen könne. „Ich habe für mich persönlich entschieden, dass ich aus verschiedenen Gründen das nicht machen kann“ Das Pfarrhaus sehe von außen groß aus, doch sei es „immer wieder belegt, ob Sei es jetzt glauben wollen oder nicht.“ Unter anderem werde das Pfarrhaus während des Umbaus vom Pfarr- und Jugendheim womöglich noch als Stauraum benötigt. Zudem könne er im Alltag nicht für die Asylbewerber da sein und es gebe keinen separaten Eingang zum Haus.
Das Pfarr- und Jugendheim selbst sei aufgrund der fehlenden sanitären Anlagen nicht als Unterkunft geeignet. „Ich stehe auch in der Verantwortung, … für das Pfarrleben zu sorgen und da ist ein Pfarr- und Jugendheim das Herz der Pfarrei.“ Dies dehne sich auch auf seinen eignen Wohnraum aus: „Ich brauche halt auch einen geschützten Raum, um für die ganze Pfarrei als Seelsorger da sein zu können; einen Rückzugsraum, einen Raum der Stille, einen Raum der Vorbereitung. Und da kann ich bei bestem Willen und mit aller Nächstenliebe - muss ich da auch die Balance finden zur Selbstliebe und zur Gottesliebe, dass ich meinen Aufgeben gerecht werde.“ Darum habe er, Pfarrer Zinecker, entschieden: „Es geht leider in meinem Pfarrhaus nicht, dass ich da jetzt momentan eine Flüchtlingsfamilie aufnehme.“
Es sind Menschen, denen muss geholfen werden
Sorgen dass etwa die Kindergärten ob der vielen Flüchtlingskinder aus allen Nähten platzten trat Schmid mit dem Hinweis entgegen, dass von Seiten der Stadt großzügig Hilfe geleistet werde, beispielsweise durch Anbauten an bestehende Gebäude.
Versöhnlich meinte ein Rockoldinger: „Es sind Menschen die kommen - und denen müssen wir helfen!“ Wer sich ängstige, solle eben nicht mehr alleine gehen und sein Haus versperren. Gabriele Störkle vom Caritaszentrum Pfaffenhofen und Anni Demmel-Hegwer vom Asylhelferkreis Vohburg appellierten an die Bürger, explizit wandten sie sich an die Frauen in Rockolding, sich selbst als ehrenamtliche Kräfte einzubringen: „Wir brauchen unbedingt zehn Leute.“ Einer der Zuhörer meinte allerdings kritisch, die Praxis habe gezeigt, dass es für die aktiven Ehrenamtlichen dann „keine große Unterstützung“ mehr gebe.
Wenig Hoffnung auf eine Reduktion der Flüchtlingszahlen machte abermals der CSU-Landtagsabgeordnete Karl Straub. Für das kommende Jahr erwarte er 2,5 Millionen asylsuchende Menschen, die nicht weniger würden: „Solange wir das politisch nicht lösen, gibt es keine Garantien.“ Bestätigt hat Straub auf eine Nachfrage hin, dass es sich bei den Asylsuchenden bis zu 75 Prozent um alleinstehende Männer handle.
Wolf und Schmid bedankten sich am Ende der Veranstaltung bei den Bürgern für den fairen Umgang miteinander und die praktisch durchwegs konstruktiv-sachlichen Wortbeiträge.
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