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Sanierung oder Neubau: Viele Fragen sind noch offen

(Wolnzach, hr)


Rechtsanwalt Thomas Berreth (links) Konrad Steger (rechts) und Wilhelm Wipfler (mitte) erläuterten das Gutachten.

Die Kläranlage ist ein ganz spezielles Thema. Eigentlich hätte sie schon seit Oktober 2013 in Betrieb sein sollen, doch wegen Baumängeln herrscht auf Wolnzachs teuerster Baustelle Stillstand. Nachdem nun im Januar 2014 ein gerichtliches Beweisverfahren angestrengt wurde, hat man Gewissheit: Es handelt sich um einen Planungsfehler.

Als man im August vergangenen Jahres routinemäßig die beiden Becken mit Rücksprache der Planer entleerte, um dort anschließend die Belüfterflöten einbauen zu können, kam es aufgrund des hohen Wasserdrucks von außen nicht nur zu konzentrischen Rissbildungen, sondern zu massiven Verformungen der beiden Bodenplatten der Kombinationsbecken. Insgesamt stellten sowohl der gerichtlich bestellte Gutachter Dr. Markus Rapolder und der Sachverständige Konrad Steger einen Höhenuntershcied in Becken eins von etwa 13 cm und im Becken zwei von 19 cm fest. Die Bodenplatte hatte sich entsprechend gewölbt. Auch den Verantwortlichen konnten sie eindeutig benennen: Aus Sicht beider Gutachter handelt es sich um einen Planungsfehler, der im Verantwortungsbereich des Tragwerksplaners liegt. Dieser hatte einen Grundwasserspiegel den Berechnungen zugrunde gelegt, der unterhalb dessen liegt, was laut hydrologischen Gutachten angenommen werden muss.

Aus dem Wasserrechtsbescheid ergibt sich: „Das Grundwasser in diesem Schichtpaket besitzt einen freien Spiegel, der Bemessungswasserstand entspricht dem Hochwasserstand der Wolnzach und liegt bei 399,90 m über NN.“ Zur Bemessung wurde hingegen ein Wert von 398,16 m über NN angenommen. Folge daraus: „Die Bewehrung in beiden Bodenplatten fiel deutlich zu gering aus. „Die erforderliche Biegezugbewehrung beträgt 18,5 cm²/m oben und unten 21 oder 32 cm²/m (je nach Rechenmodell). Tatsächlich wurde aber deutlich weniger Stahl verbaut, 7,54 cm²/m. Zu diesem Schluss kamen beide Gutachter. Gänzlich ausschließen konnten sie, dass der Schadensfall dem Hochwasser zuzuschreiben ist. Auf diesen Punkt hatte sich die Bauleistungsversicherung zurückgezogen.

Neubau oder Sanierung? Vor dieser Frage steht man derzeit

Dass es an der neugebauten Anlage Schäden gibt und dass es sich um einen Planungsfehler handelt, ist also unbestritten. Wie aber wird es nun weitergehen? Diese Frage brannte auch den Gemeinderäten unter den Nägeln. Kann man die Anlage sanieren oder steht man vor einem Totalschaden und einem möglichen Neubau? Eine Frage, die der gerichtliche Gutachter zumindest im Ansatz zu beantworten hatte. Ihm oblag es den Sanierungsvorschlag der Ingenieursgemeinschaft Fuchs/Weiß zu prüfen. Dieser sieht pro Becken 110 Zuganker und eine weitere Schicht Stahlbeton von 20 cm vor. Grundsätzlich sagt der Gutachter dazu: „Eine Sanierung ist möglich, wobei ein Risiko hinsichtlich Leistungsfähigkeit, der Dauerhaftigkeit sowie ein Risiko bei den bereits vorhandenen Rohrleitungen auf Dichitigkeit besteht.“ Gleichzeitig gilt berücksichtigen, dass die Anlage dann aber nicht mehr 15.000 Einwohnergleichwerten entspricht, sondern nur noch 13800. In diesem Zuge kam die Frage auf, ob die Gutachter weitere Sanierungsmöglichkeiten geprüft haben abseits des vom Ingenieurbüro Fuchs/Weiß eingereichten. „Der vom Gericht bestellte Gutachter hat nur die an ihm gestellten Fragen beantwortet“, so Rechtsanwalt Thomas Berreth. „Aussagen die über das hinausgehen können zu einer Befangenheit führen“ fügte er weiter an.

Konrad Steger und Wilhelm Wipfler, seine Firma ist mit der Projektsteuerung betraut, wiesen darauf hin, dass einerseits Risse an den Unterseiten nicht ausgeschlossen werden können, andererseits durch das Einbringen von Zugankern und einer Rückverformung der Bodenplatte zu Schäden an den Rohrleitungen kommen kann. Daraufhin äußerten sich mehrere Gemeinderäte: „Dann ist eine Sanierung vom Tisch?“

„Auch wenn derzeit in diesem Bereich viele Fragen offen sind, kann man derzeit noch keine Aussage treffen“, erläuterte Thomas Berreth, der den Markt Wolnzach in dieser Sache vor dem Landgericht Ingolstadt vertritt. „Aus dem Gutachten ergeben sich zahlreiche weitere Fragen“, fügte Wilhelm Wipfler an. Fragen , die der Gutachter wegen der derzeit mangelnden Detailplanung nicht beantworten konnte. Gerade aber diese sind von Interesse, entscheiden sie doch am Ende über Abbruch oder Sanierung. „Wir werden eine Anhörung der Experten brauchen“, erläuterte Berreth weiter. „Diese wird aber aufgrund der Komplexität der Thematik nicht mündlich erfolgen können“, so der Fachanwalt für Baurecht. In welchem zeitlichen Rahmen bewegen wir uns hier, wollten die Räte wissen. Berreths Antwort: ungefähr drei Monate. „Vieles spricht doch für einen Neubau“, so die Meinung zahlreicher Gemeinderäte. Grundsätzlich, erläuterte der Rechtsanwalt, hat die Gemeinde einen Anspruch auf eine mängelfreie Kläranlage. Aber , wie er weiter ausführte, gilt es auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Mit anderen Worten, wenn ein Neubau ungleich mehr Aufwand wäre gegenüber einer Sanierung, kann ein Gericht entscheiden, dass das Gebäude saniert wird. Berreth macht in diesem Zusammenhang klar, dass nicht die Kosten, die auch das Gutachten schon nennt ausschlaggebend sind. „Rund 90 Prozent macht die Risikobewertung aus erst dann kommen die Kosten ins Spiel.“

Über diese wurden dann natürlich auch noch gesprochen. Laut Gutachter liegen diese bei der Sanierung bei geschätzten 1,5 Millionen Euro. „Hier kann es aber noch erhebliche Abweichungen geben, da einerseits die Detailschärfe der Planung fehlt, andererseits Punkte nicht berücksichtigt wurden, die möglicherweise zum Tragen kommen.“ So spricht Wilhelm Wipfler in diesem Zusammenhang den Rückbau der Maschinentechnik, die Schlammstabilisierung mit einem erhöhten Energiebedarf sowie Maßnahmen zur Wasserhalten und zur Wiederherstellung der Außenanlagen.

Bei einem Abbruch und einem anschließenden Neubau belaufen sich die Kosten auf rund 2,7 Millionen. „Wir haben in diesem Punkt die Berechnungen für den Bau der beiden Becken zugrunde gelegt“, so Wipfler.

Was am Ende tatsächlich gemacht wird, ob Abrissbagger die Becken dem Erdboden gleich machen, oder ob ein Sanierungsvorschlag zum Tragen kommt, das werden die kommenden Monate entscheiden. „Wir werden jetzt versuchen die aus dem Gutachten entstandenen Fragen zu klären und gleichzeitig auch mit der Gegenseite das Gespräch suchen“, erläuterte Thomas Berreth. Sollte dies keinen Erfolg haben, wird man Klage einreichen und in ein Hauptsacheverfahren eintreten.
 

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