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Gegner des Rathaus-Neubaus formieren sich

(Reichertshofen, rt)

Reichertshofens Bürgermeister Michael Franken beim Bürgerdialog zum geplanten neuen Rathaus.

 

 

Zu äußerst kontroversen Meinungen kam es bei der Bürger-Informationsveranstaltung des Marktes Reichertshofen am vergangenen Freitag zum geplanten Rathaus-Neubau am Unteren Markt, zu dem es bald auch einen Architekten-Wettbewerb geben soll. Doch nun formiert sich - erstaunlich spät - heftiger Widerstand aus unterschiedlichen Lagern gegen das Vorhaben.

Nicht nur im Rahmen des sogenannten ISEK-Prozesses zur Entwicklung des Ortes, der im Jahr 2015 angestoßen wurde, gab es bereits mehrfach Gelegenheit für die Bürger, sich in Sachen Rathaus zu äußern. Dabei standen sowohl der Neubau als auch eine Generalsanierung des nicht barrierefreien, sich insgesamt in einem desolaten Zustand befindlichen Gebäudes im Raum. Vorschläge für einen Neubau kamen dann aus dem ISEK-Planungsbüro aber auch von Bürgern und der Regierung von Oberbayern, wie auf dem Termin dargelegt wurde.

Der Marktgemeinderat als politischer Vertreter der Bürgerinteressen hatte zwar schon über viele Monate hinweg über die Art und Notwendigkeit eines neuen oder womöglich sanierten Rathauses diskutiert, letztlich sich dann in seiner Januar-Sitzung mit nur einer Gegenstimme von Vizebürgermeister Adolf Kothmeier (JWU) für den Neubau am Unteren Markt ausgesprochen. Einstimmig beschlossen wurde dagegen, dass das alte und seit 1979 als Rathaus genutzte historische Gebäude als „Kulturschloss“ umgebaut werden sollte. Barbara Hummel, die Stadtplanerin des Büros Schober aus München, präsentierte bei der Infoveranstaltung nunmehr die grundlegenden Gegebenheiten am Unteren Markt und die Rahmenvorgaben für den Wettbewerb.

„Hoppla, was ist denn hier los“, beschrieb sie ihren Eindruck, als sie über die Paarbrücke zu ihrem ersten Besuch in den Markt fuhr. Sie sei erstaunt und sehr verwundert über die dortige Brache gewesen. Aus planerischer Sicht sei der Standort optimal. „Es geht auch darum, die Ortszentren zu stärken“, so Hummel. Ein dreigeschossiges Bauwerk sei denkbar mit etwa 1.500 Quadratmetern Nutzfläche (Im alten Rathaus beträgt diese etwa 850 Quadratmeter). Die Lage an der Paar sei eine „schöne Besonderheit“ und mache Lust darauf, den Ort zu besuchen. Im bisherigen Rathaus könnten eine Bibliothek, ein Bürgersaal und im Nachbarbau ein Trauungszimmer entstehen. Das denkmalgeschütze Schlossensemble sollte später noch mehr von den Vereinen genutzt werden.

 

 

Nach dem Vortrag Hummels gab es zahlreiche Fragen aus den Reihen der in den proppenvollen Sitzungssaal gekommenen Bürger. So wurden der Mangel an genügend Parkplätzen beklagt, die Verkehrssituation mit zwei 90-Grad-Kurven als gefährlich beschrieben, oder auch die hohen Kosten ins Feld geführt. Bürgermeister Michael Franken (JWU) konterte mit Unterstützung von Hummel, dass es außer den direkt vor dem Gebäude geplanten etwa sechs rundum noch genügend weitere Parkplätze gebe.

Der Gemeinderat, so Franken, habe sich einen Kostenrahmen von sechs Millionen Euro gegeben, derzeit werde jedoch mit etwa 4,7 Millionen Euro gerechnet. Für die Renovierung des Schlosses rechne man ebenfalls mit sechs Millionen Euro, doch könne dafür unter gewissen Voraussetzungen mit Zuschüssen bis zu 60 Prozent und mit Mitteln aus dem Denkmalschutz gerechnet werden. Ein Rathausbau werde von der Städtebauförderung nicht unterstützt.

Wie es am Rande der Veranstaltung hieß, gebe es am Unteren Markt ein mit Garagen bebautes Grundstück mit etwa 66 Quadratmetern, das in die Planungen zwar mit einbezogen werden müsste, doch noch im Besitz einer Erbengemeinschaft sei. Auf Nachfrage unserer Zeitung sagte Franken dazu: „Die Gemeinde hat einen Vertrag, dass bei Bedarf die Garagen versetzt werden müssen. Allerdings wollen wir die Flächen tauschen. Die Erbengemeinschaft hat mir versichert, die Gemeinde bei den Planungen zu unterstützen.“

Am Freitagabend wurde bei einer anderen Veranstaltung bekannt gegeben, dass Unterschriften für ein Bürgerbegehren gesammelt werden, in dem sich die Unterzeichner gegen einen Rathaus-Neubau aussprechen. Dahinter stehen neben dem ehemaligen Reichertshofener CSU-Bürgermeister und derzeitigem stellvertretenden Landrat Anton Westner noch CSU-Ortsvorsitzender Ernst-Peter Klinker, Karl Schweiger, Hans Felber, Leo Hemm und Karl Häußler. Dem Bürgerbegehren nach soll dass das bestehende Rathaus in der Schlossgasse saniert und gegebenenfalls im westlichen Bereich des Areals weitere Räume für die Gemeindeverwaltung geschaffen werden. Das im Eigentum der Kommune befindliche Grundstück am „Unteren Markt“ sei für die im Raum stehende Errichtung eines neuen Rathauses „viel zu klein“. In dem neu zu bauenden Gebäude könne kein Sitzungssaal untergebracht werden; außerdem könnten auf diesem Grundstück viel zu wenig Parkplätze ausgewiesen werden.

Alle Planungen für den Bau eines neuen Rathauses auf dem „Unteren Markt“ seien sofort einzustellen, alle Verträge zu kündigen und es dürften keine neuen Verträge mehr abgeschlossen werden. Alle Ausschreibungen seien umgehend zu stoppen, es dürften keine neuen Ausschreibungen mehr durchgeführt werden. Dem Bürgerbegehren könnte unter gewissen Voraussetzungen ein Bürgerentscheid folgen, falls der Gemeinderat, grob gesagt, nicht zuvor dem Inhalt des Bürgerbegehrens zustimmt. Das Ergebnis eines Bürgerentscheids hat die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses.

Am Abend des 15. Mai wird es in der Reichertshofener TSV-Sportgaststätte um 19 Uhr noch eine eigene Info-Veranstaltung zu diesem Thema geben. Hinter diesem aktuellen Vorstoß stehen der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Wolfgang Freudenberger und seine Frau Jutta, Georg Hempel, Robert Klepmeir, Josef Meier und Elmar Schwarz. Dort soll dann auch eine Interessengemeinschaft „Ja zum historischen Rathaus – Nein zum Rathaus am Unteren Markt“ gegründet werden. Die Initiatoren begründen ihr Nein zum neuen Rathaus mit nach eigenen Angaben Schätzkosten in Höhe von sieben Millionen Euro sowie mit der Ansicht, ein neues Rathaus habe keinen Mehrwert. Überdies sei das ausgewählte Grundstück zu klein und in ungünstiger Lage. Zudem monieren sie die Kommunikation des Marktes: „Einbeziehung der Bürger: Fehlanzeige“. Ihre Forderung sei dem Veranstaltungs-Einladungstext nach, den entsprechenden Gemeinderatsbeschluss zum Neubau zurückzunehmen. "Wir werden mit dem Unfug, ein Rathaus dort unten, Schluß machen", sagte Freudenberger im Rahmen einer Veranstaltung, die sich eigentlich um die Paarhalle drehen sollte. Dazu folgt ein gesonderter Bericht in unserer Zeitung.  


 

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