Psychiatrie-Lücke endlich geschlossen
(Ingolstadt/Pfaffenhofen, wk)Ab 1. Oktober gibt es für die Landkreise Pfaffenhofen, Eichstätt und Neuburg-Schrobenhausen sowie für die Stadt Ingolstadt endlich einen psychiatrischen Krisendienst, der täglich von 9 bis 24 Uhr telefonisch erreichbar ist. Damit soll Menschen geholfen werden, die sich in dramatischen seelischen Krisen befinden. Für ganz Oberbayern gilt die einheitliche Telefonnummer 0180-655 3000.
Werbegesicht: Alexander Huber (Huber Buam), Extremkletterer
Menschen in seelischen Krisen können sich beim Krisendienst Psychiatrie fachkundig beraten lassen. Bei Bedarf werden sie in wohnortnahe Hilfeangebote vermittelt. Innerhalb einer Stunde können mobile Helfer für einen Hausbesuch an Ort und Stelle sein. Der Krisendienst Psychiatrie ist bereits in der Region München sowie im Südosten und Südwesten Oberbayerns erreichbar. Mit dem Start in der Region 10 ist das bundesweit einmalige Krisennetzwerk komplett: 4,5 Millionen Bürgerinnen und Bürger Oberbayerns können damit unbürokratisch wohnortnahe psychiatrische Soforthilfe erhalten.
v.l.: Helmut Roth, Stefan Preindl, Dr. Michael Welschehold, Josef Mederer, Eva Straub, Roland Karg
Im Rahmen der Pressekonferenz stellten Bezirkstagspräsident Josef Mederer, der ärztliche Leiter der Leitstelle Krisendienst Psychiatrie München, Dr. Michael Welschehold, Helmut Roth vom Bezirk Oberbayern sowie Eva Straub als Vertreterin der Selbsthilfe von Angehörigen psychisch Kranker (ApK) und Roland Karg, der Vorsitzende der Borderline Selbsthilfe Ingolstadt, das neue Projekt vor. Dabei lobte Eva Straub, die sich seit über 30 Jahren in der Selbsthilfegruppe, sogar bundesweit, engagiert, den letzten Schritt des Bezirkstages Oberbayern, dass endlich die Lücke in der psychiatrischen Krisenhilfe geschlossen werden konnte. In Notfällen würden Kranke dann nicht mehr wie Straftäter behandelt, wenn neben Notarzt und Rettungswagen auch noch die Polizei erscheine und womöglich Kranken dann noch in Zwangsjacke oder Handschellen abgeführt würden. Eltern, Verwandte und Betroffene bräuchten Hilfe, um nicht an Leib und Seele gebrochen zurück zu bleiben. Für sie geht es um die Art und Weise, wie man mit Kranken umgehe – und geschultes Fachpersonal könne das eben deutlich besser. Und dass es jetzt in der Region 10 eine solche fachkompetente Hilfe gebe, sei für sie fast schon ein Wunder.
Eva Straub, Roland Karg
Josef Mederer, Bezirkstagspräsident Dr. Michael Welschehold, Leiter zentralstelle
Bezirkstagspräsident Josef Mederer hofft, dass sich noch weitere Kostenträger an dem Projekt beteiligen werden, Gespräche mit Krankenkassen und anderen Trägern seien geplant, denn der Bezirk trägt jährlich 7,4 Mio. Euro. Das sei zwar viel Geld, doch es gehe hier um Menschen. Der psychiatrische Krisendienst sei eine Vernetzung aller fachkompetenten Stellen. So hatte er aus der Region 18 die Rückmeldung, dass durch die Einführung der Krisenhilfe Zwangseinweisungen gegen Null gegangen seien und zukünftig die Ausnahme sein sollten. Er dankte Eva Straub, schließlich sei sie doch die „Mutter“ des Projektes, denn sie habe immer wieder nachgebohrt. Psychisch Erkrankte sollten auch als Kranke behandelt werden und Hilfe annehmen, so wie zum Beispiel auch bei anderen „normalen“ Krankheiten.
Für Dr. Michael Welschehold, den Leiter der Zentralstelle, kommt jetzt viel Organisationsarbeit auf alle zu, denn alle bisher nebeneinander arbeitenden Organisationen müssen vernetzt werden (Telefondienste, Telefonseelsorge, Krankenhäuser, mobile Teams) um den komplexen Bereich weiter auszubauen und auch niedergelassene Ärzte, Psychologen, Rettungsleitstellen etc. einzubinden. Die Krisen-Leitstelle hat derzeit 5 feste Mitarbeiter während der Tageszeit bis 14 Uhr und 2 Kräfte für nachmittags und abends – es sollen insgesamt 18 Fachkräfte werden. In München werden jährlich 11.000 bis 12.000 Anrufe bearbeitet.
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