Man kann nicht einfach zur Tagesordnung übergehen
(Wolnzach, hr)Man konnte spüren, dass das Wahlergebnis auf bei Erich Irlstorfer Spuren hinterlassen hat. Der CSU-Politiker zeigte sich in diesem Bereich entsprechend selbstkritisch und sprach davon, dass es nicht gelungen ist, die Menschen, die zuvor nicht gewählt hatten und 2017 aber wieder ihre Stimme abgegeben haben, von der geleisteten Regierungsarbeit zu überzeugen.
„Wenn alleine die Fakten der vergangenen vier Jahre berücksichtigt worden wären, wäre das Wahlergebnis anders ausgefallen“, so Irlstorfer. Doch es war am Ende eben nicht nur Erfolge oder Misserfolge, die im Zentrum der Wahlentscheidung standen, sondern vor allem Ängste und Emotionen. „Uns ist es nicht gelungen die Menschen dort abzuholen, wo sie stehen“, so der CSU-Politiker. Dabei ging er mit der eigenen Partei durchaus hart in Gericht. „Wenn man über zwei Jahre die Wähler auf die Bäume jagt, dann braucht man sich nicht wundern, wenn man sie am Wahltag nicht mehr runterbekommt.“
Damit spielte der CSUler direkt auf das zweijährige Trommelfeuer gegen Kanzlerin Merkel an, das aus München kam, und stellte die Frage nach der Glaubwürdigkeit. Insgesamt schien der Wähler der CSU diesen Spagat vom angedrohten Gang vor Bundesverfassungsgericht bis hin zum gemeinsamen Wahlkampf nicht abgenommen zu haben. Die entsprechende Quittung gab es am Wahltag, an dem bayernweit zweistellige Verluste zu verzeichnen waren.
Ein Trend, dem sich auch Erich Irlstorfer nicht entziehen konnte. Konnte er 2013 das Direktmandat mit 52,9 Prozent der Stimmen das Direktmandat gewinnen, waren vier Jahre später nur mehr 43 Prozent. „Nach einem solchen Ergebnis kann ich nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, so Irlstofer. Für ihn steht vor dem Einstieg in Verhandlungen die Aufarbeitung des Wahlergebnisses und der Dialog mit den Bürgern an erster Stelle. „Ich werde von 10. bis 12. Oktober deshalb das direkte Gespräch mit den Bürgern in meinem Wahlkreis suchen“, fügte der CSUler an. An diesen Veranstaltungen will sich der Bundestagsabgeordnete der Kritik der Wähler stellen und fragen, was in den vergangenen vier Jahren nicht gepasst hat. „Die Bürger können dort den offenen Dialog suchen, oder auch ihre Kritik mittels eines Fragebogens übermitteln.“
Für Irlstofer ist das aber nur der erste Schritt der Aufarbeitung. „Mein Ziel ist es die Menschen vor Ort von unserem Angebot wieder zu überzeugen“, erklärt er und betonte, dass er die hohe Schlagzahl, die er während des Wahlkampfes an den Tag gelegt hat, auch in den kommenden vier Jahren weiter verfolgen will. „Ich will rausgehen in die Gemeinden, um die Wähler zurückzugewinnen“, so der CSUler. In diesem Zusammenhang kündigte er zudem Veränderungen innerhalb seines Abgeordnetenbüros an. „Es soll künftig ein Mitarbeiter in Pfaffenhofen und Schrobenhausen sein“, erklärte er. „Mir ist einfach wichtig mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, schließlich vertrete ich als Gewinner des Direktmandates den Wahlkreis Freising/Pfaffenhofen.“
Schwierige Verhandlungen in Berlin
So wie Irlstorfer selbst nach einem für die CSU desaströsen Wahlergebnis nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann, werden derzeit auch die Karten in Berlin neu gemischt. „Die Stimmung auf der Sitzung der Landesgruppe war sehr sachlich“, so drückte es der Freisinger aus. Anders gesagt dort ist man sich nicht nur des schlechten Ergebnisses, sondern viel mehr der kommender Herausforderung, eine stabile Regierung zu bilden, bewusst. „Das werden keine einfachen Gespräche werden“, erklärte Irlstorfer. Nachdem die SPD bereits ihren Gang in die Opposition angekündigt hat, bleibt nur noch ein Bündnis zwischen CDU/CSU, FDP und Grüne.
Mit welchen Positionen man seitens der CSU in Verhandlungen gehen wird, das skizzierte Irlstorfer. Für ihn, der selbst im Bereich der Pflege und Gesundheit mit am Tisch sitzen wird, sind das die Punkte Asyl, Automobil sowie Rente.
„In der Asylfrage haben wir in der vergangenen Legislatur schon viel geregelt“, so der Politiker. Für ihn stellt deshalb die Zuwanderung nicht das primäre Problem dar. Aus seiner Sicht muss einerseits eine schnellere Rückführung möglich sein. „Wir brauchen hier ein Instrument, das funktioniert“, erklärt er. Neben dieser wünscht sich der Freisinger auch eine klare Regelung beim Familiennachzug. „Hier müssen wir deutlich sagen, was wir leisten können“, so seine Worte. Und letztlich darf sich die Bundesregierung gerade, was die anerkannten Asylbewerber anbelangt, nicht aus der Verantwortung stehlen. „Wir können die Kommunen mit diesem Problem nicht alleine lassen. Hier muss der Bund für die Kosten aufkommen“, so Irlstorfer. Bislang gehen Asylanten in den Verantwortungsbereich der Kommune über, die ihnen dann eine Wohnung zur Verfügung stellen muss.
Neben der Asylfrage, die alleine schon ziemlichen Sprengstoff birgt, gibt es seitens des Abgeordneten eine Forderung nach einem Automobilgipfel. „Wir dürfen hier nicht 100.000 Arbeitsplätze aufs Spiel setzen nur aufgrund einer Ideologie.“ Damit erteilte er einen schnellen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor eine deutliche Absage.
Neben diesen beiden Themen geht es auch um die Renten. Hier muss man sich grundlegende Gedanken über das System machen, denn gerade diejenigen, die heute schon wenig verdienen, können kaum noch privat vorsorgen. „Wer kann denn diese Möglichkeit noch nutzen?“, seine durchaus provokante Frage. Welche Lösungen man hier finden wird, das werden die kommenden Wochen zeigen. Am 8. Oktober beginnen die Sondierungsgespräche, zuerst zwischen den beiden Schwestern und dann gemeinsam mit FDP und Grünen. Im Anschluss daran werden die Koalitionsverhandlungen folgen. „Das wird ein langer Weg werden, aber uns ist dabei schon klar, dass wir eine stabile und handlungsfähige Regierung benötigen“, so Irlstorfer.
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