Kein Blatt vor dem Mund – deutliche Kritik an der CSU!
(Pfaffenhofen, hr)Die Bundestagswahl war ein Schock für die CSU. Mit über zehn Prozent haben die Christsozialen erdrutschartig verloren. Ein Ergebnis, das den Abgeordneten Erich Irlstorfer (CSU) nachdenklich stimmt. "Was haben wir falsch gemacht?", mit dieser Frage stellte der Bundestagsabgeordnete der Kritik der Wähler. Und die fiel zum Teil deutlich aus.
Mit 344 Veranstaltungen war der Bundespolitiker in den letzten Wochen im ganzen Wahlkreis unterwegs, hat versucht die Menschen von seinen Themen zu überzeugen, hat am Ende zwar das Direktmandat gewonnen, aber dennoch selbst deutlich verloren. Um fast zehn Prozent hat er verloren. "Wir müssen hier wirklich ehrlich in die Analyse gehen und uns fragen, warum wir die Menschen nicht mehr erreicht haben", so Irlstorfer.
Waren es die großen Linien der Politik der CSU, oder mehr noch die lokalen Themen. Fragen, den Freisinger seit dem Wahlabend umtreiben. "Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen nach diesem Ergebnis!" Vor diesem Hintergrund rief Irlstorfer zum Dialog mit den Bürgern. Und dabei gab es für ihn Lob aber auch viel Kritik.
Sie sind der einzige Politiker, der sich dem Feedback der Menschen stellt", so Erich Absmeier aus Schweitenkirchen. Auch Martin Ott aus Pfaffenhofen attestierte Irlstorfer selbst nicht nur eine gute Arbeit, sondern auch eine authentische Art. Dennoch, die Kritik viel am Ende deutlich aus. Flüchtlingskrise, Dieselgate, soziale Gerechtigkeit und Altersarmut - das Spektrum der Kritik war breit gefächert und deutlich. Es ist eine allgemeine Unzufriedenheit, die auch in Hettenshausen spürbar war. "Ministerpräsident Horst Seehofer redet viel aber macht nichts und auch von der Bundespolitik fühle ich mich nicht mehr vertreten", erklärte die ehemaliger konservative Wählerin Johanna Geminsik. Vor allem die Nähe der Bundespolitiker zu den Konzernen sah die Pfaffenhofnerin überaus kritisch. Ein Horn, in das auch Erich Absmeier stieß: "VW betrügt in Umweltsachen, betrügt die Kunden aber auch den Staat, und niemand wird zur Rechenschaft gezogen."
Auch die Flüchtlingskrise stand bei vielen Menschen ganz oben auf der Liste. "2015 haben wir den Rechtsstaat verlassen", erklärte Josef Enzinger aus Freienhausen. Ein Thema, das auch nach wie vor die Bevölkerung polarisiert. Und dabei stellte sich auch die Frage nach der aus Bayern geforderten Obergrenze. Aber nicht nur die Begrenzung des Flüchtlingsstroms, sondern auch die Frage nach einer europaweiten Regelung wurde gestellt. Irlstorfer zeigte sich in diesem Punkt auch durchaus selbstkritisch. "Wie viele und vor allem zu welchen Bedingungen kommen nach Deutschland", so der CSUler. Mit dem Kompromiss, der jetzt in Berlin zwischen den beiden Schwestern geschlossen wurde, die Debatte wieder ins Parlament geholt. Insgesamt schien aber auch im Wahlkampf auch das Erreichte - wie zum Beispiel die gute Arbeit in Manching - kaum ein Thema zu sein.
Viel mehr scheint man im Wahlkampf zumindest in der bayerischen CSU auf den Kurs der AfD einzuschwenken. In den ersten Stimmen nach der Wahl wurde dabei auch schnell von einer offenen "Rechten Flanke" gesprochen. Irlstorfers Meinung hierzu war deutlich: "Wir brauchen keine weiteren Rechtsruck, keine Radikalisierung der Politik, sondern wir müssen die DNA der CSU, das Christliche und das Soziale, wieder mit Themen hinterlegen. Und genau dies wurde, wie viele Bürger ihm ins Stammbuch schrieben, von der CSU in den vergangenen Jahren vernachlässigt. Dabei kamen nicht nur Themen wie der Södersche Wohnungsdeal, die allgemeine Situation in der Gesundheitspolitik und die Altersarmut zur Sprache. Neben den großen Linien der Bundespolitik, zeigte sich die Unzufriedenheit mit den Christsozialen auch direkt vor der Haustür. Ob es nun die Arbeit des Landratsamtes ist, fehlenden Lehrer an der Berufsschule oder eine Stadtratspolitik, in der die christlich-sozialen Werte nicht mehr erkennbar sind, viele Aspekte trugen zur allgemeinen Unzufriedenheit bei.
Am Ende war es aber so, wie es machner Wähler formulierte, die Glaubwürdigkeit. Carolin Seibert sprach von „Worthülsen“, die Rhetorik, die am Ende wohl die Wähler zu anderen Parteien getrieben haben. "Wo ist das Christliche in der Flüchtlingskrise", so Seibert. Heinz Thalmeir ging noch einen Punkt weiter und stellte die Frage nach dem Sendungsbewusstsein einiger CSU-Politiker und griff dabei auch den Streit zwischen Seehofer und Söder um die Nachfolge in Bayern auf. Insgesamt entstand so ein Gefühl, dass sich die Politik nicht mehr um die Sorgen der Bürger kümmert. Die AfD schien dabei weniger als politischer Überzeugung gewählt worden zu sein, sondern vielmehr, wie es auch in Hettenshausen formuliert worden ist, um die etablierten Parteien zum Nachdenken zu bewegen.
Es ist ein bunter Strauß an unterschiedlichsten Kritikpunkten, die an den CSUler herangetragen wurden. Für jeden nahm sich der Bundespolitiker Zeit, hörte zu, nahm die Punkte auf. "Diese Punkte werde ich nun mitnehmen ich sehr ernst", so Irlstorfer. Auf insgesamt 17 Seiten notierte er die Anliegen der Wähler. „Gerade wenn die Ergebnisse nicht passen, dann muss man sich der Diskussion mit den Wählern stellen“, so Irlstorfer, der in diesem Prozess auch ein Stück weit die Möglichkeit sieht, sich persönlich und inhaltlich neu aufzustellen.
„Ich werde aber diese Punkte auch in die Landesgruppe hineintragen“, erklärte er. Insgesamt sah Irlstorfer, trotz zum Teil harter Kritik an der Partei, diesen Abend überaus positiv. „Wir müssen nach so einem Ergebnis mehr auf die Menschen zugehen und ihre Sorgen ernst nehmen.“
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