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Zurück ins Amt - Martin Wolf im Gespräch über seine Ziele

(Pfaffenhofen, hr)

Landrat Martin Wolf im Gespräch mit Mitarbeiterin Alice Köstler-Hösl

Am 4. April verunglückte Landrat Martin Wolf bei Neuherberg schwer. Es war eine Nachricht, die viele Bürger geschockt zurückließ. Kurz vor der Wahl stellte sich damit die Frage: Wie soll es weitergehen? Wird Martin Wolf wieder ins Amt zurückkehren können? Mehr als ein halbes Jahr nach dem Unfall ist der Landrat nun wieder in seiner Heimat und blickt auf das Geschehene zurück.

Herr Wolf, Sie sind nun schon seit einigen Wochen wieder in Pfaffenhofen. Wie ging es Ihnen, als Sie zum ersten Mal nach langer Zeit wieder in der Heimat waren?
Martin Wolf: Es war schon ein besonderes Gefühl, wieder in der Heimat zu sein. Seit etwa sechs Wochen bin ich wieder in Pfaffenhofen und bin dabei von den Bürgern sehr offen aufgenommen worden. Was den ganzen Prozess positiv unterstützt hat, war das Pfaffenhofener Volksfest. Da ich nur fünf Minuten vom Festplatz entfernt wohne, bin ich in den vergangenen Tagen immer wieder gerne auf dem Volksfest gewesen. Dabei habe ich viele Menschen aus dem ganzen Landkreis getroffen, die sehr warmherzig auf mich zugegangen sind. Das hat das Heimkommen und das Eingewöhnen sehr unterstützt.

Wie gehen die Bürger auf Sie zu?
Martin Wolf: Alle gehen sehr offen auf mich zu. Viele wünschen mir weiterhin eine gute Genesung. Es gibt auch viele, die mir raten, mir Zeit zu lassen, bis ich in ganzem Umfang wiederhergestellt bin. Manche interessieren sich natürlich auch für den Prozess, den ich durchlaufen habe, fragen nach und erkundigen sich, wie der Heilungsverlauf bisher verlaufen ist und wie es jetzt weiter gehen wird.

Wie ist hier ganz aktuell der Stand? Gibt es schon einen Termin für die Rückkehr ins Amt?
Martin Wolf: Aktuell befinde ich mich in einer sogenannten Heim-Reha-Phase. Das heißt, ich habe bestimmte ambulante Therapien und bin überdies auch selbst bestrebt an meiner Fitness zu arbeiten, und treibe daher viel Sport.
Allgemein habe ich Ende November als Termin ins Auge gefasst. Mein Ziel ist dabei, noch in diesem Jahr ins Amt zurückzukehren.

Das wird dann sicherlich auch ein langsamer Prozess sein?
Martin Wolf: Mein Stellvertreter Anton Westner und ich haben vereinbart, dass er mich nach meiner Rückkehr weitere acht bis vierzehn Tage unterstützt. Wir werden in dieser Zeit parallel arbeiten, er behält dabei aber die Entscheidungshoheit und die Verantwortung für die einzelnen Fälle, sodass ich durch diese Paralleltätigkeit den vollen Geschäftsweg, den Prozess und die Schriftwege wieder kennenlerne. Eines aber ist mir dabei schon bewusst: Er wird mich sicherlich in den kommenden Monaten noch öfter vertreten müssen – auch bei Auswärtsterminen, weil ich die Belastung mit vierzehn bis sechzehn Stunden täglich noch nicht von Anfang an durchstehen werde.

Wenn ein Arbeitnehmer so lange krankgeschrieben ist, dann gibt es im Anschluss ein Wiedereingliederungsverfahren. Das ist aber bei Ihrem Beruf schwierig?
Martin Wolf: Diese normale Wiedereingliederung für Arbeitnehmer wird es bei mir in dieser Form nicht geben. Gleichwohl muss ich diesen Prozess mit meiner Versicherung abstimmen, damit es im Falle eines Rückschlags während meines Wiedereinstiegs ins Amt eine Absicherung gibt.

Die Solidarität vor der Wahl war riesengroß. Es gab beispielsweise die Aktion „Wir für Martin“. Wie haben Sie die Solidarität erlebt?
Martin Wolf: Mir hat die große Unterstützung der Partei und der Menschen gut getan, die zum Teil auch über die Parteigrenzen hinausging. Sie hat mich ahnen lassen, dass die Unterstützung auch für die Wahl sehr breit sein könnte. Und so war ich auch optimistisch, dass es einen günstigen Wahlverlauf geben kann.

Gleichwohl gab es immer auch Kritiker, die via Facebook Ferndiagnosen gestellt haben. Wie haben Sie das wahrgenommen?
Martin Wolf: Das ist, aus meiner politischen Erfahrung gesprochen, normal. Auch kritische Stimmen, die die Gegenfacette aufzeigen und sagen, es könnte ja auch alles ganz anders sein, als es offiziell dargestellt wird, muss es geben. Das gehört in gewisser Weise zum Leben eines Politikers, dass die kompletten Facetten von unterschiedlichsten Seiten dargestellt werden.

Nun sind Sie als Landrat Kommunalpolitiker. Ihr Unfall aber sorgte bayernweit für Schlagzeilen. Wie groß war der Drang nach Informationen seitens der überregionalen Medien?
Martin Wolf: Für mich war es das erste Mal, dass sich überregionale Medien stark interessiert haben. Ich habe gemerkt, es ist dann doch etwas Besonderes, wenn so ein Landrat – es gibt ja 71 in ganz Bayern – gesundheitlich aus seiner Aufgabe herausgerissen wird. Das hat auch über den Landkreis Pfaffenhofen hinaus viele interessiert, vor allem eben auch Amtsträger. Deswegen habe ich auch sehr viel überregionale Post bekommen – darunter auch Anfragen von Journalisten. Diese Situation hat sich bis heute nicht geändert.

Wenn man jetzt zurückblickt, dann haben Sie ein Wahlergebnis erzielt, das von großer Solidarität und Vertrauen der Bürger zeugt. Wie haben Sie dieses Ergebnis wahrgenommen?
Martin Wolf: Es hat mich sehr beeindruckt und auch motiviert, gerade bei allen Reha-Maßnahmen an meiner Rückkehr zu arbeiten. Wenn man bedenkt, dass ich die letzten fünf Wochen vor der Wahl am Wahlkampf selbst nicht mehr aktiv teilnehmen konnte, dann ist dieses Ergebnis wirklich erstaunlich und ein großer Vertrauensbeweis, der mir von der Bevölkerung des Landkreises entgegengebracht wurde. Und gerade der motiviert mich, zügig weiterzuarbeiten und zu versuchen, ins Amt zurückzukehren.

Jetzt, nachdem sie zurück in Pfaffenhofen sind, werden Sie vermutlich das politische Geschehen wieder verfolgen. Aber haben Sie das auch schon während der Aufenthalte in den Re-ha-Einrichtungen gemacht?
Martin Wolf: Nachdem mich die Ärzte aus dem künstlichen Koma geholt hatten, habe ich sofort versucht, die lokalen Medien und Ereignisse zu verfolgen. Die wesentlichen Entwicklungen habe ich dabei bewusst wahrgenommen. Meine Familie wie auch der Fraktions- und der Kreisvorsitzende, Reinhard Heinrich und Karl Straub, haben mich regelmäßig über die unterschiedlichsten Sachverhalte informiert. So konnte ich eigentlich das Geschehen sehr gut wahrnehmen, hatte aber auch den Eindruck, dass zunehmend Sachen passieren, die ich selbst nicht beurteilen kann, weil sie neu waren. Dennoch gab es immer auch Ereignisse, die ich aufgrund meiner Tätigkeit gut einschätzen konnte.
Das politische Interesse ist eigentlich zunehmend gewachsen. Ich folge den Medien sehr intensiv und verwende für dieses Studium mehr Zeit, als es in meiner normalen Dienstzeit möglich war, sodass ich aktuell kleinere Ereignisse bewusster und umfänglicher wahrnehme, als dies in der Vergangenheit der Fall war.

Sie sind nun wieder an Ihrer in ihrer Heimat Paffenhofen und treffen dort immer wieder auf Mitarbeiter. Wie sind diese auf Sie zugekommen?
Martin Wolf: Die Mitarbeiter sind sehr warmherzig auf mich zugegangen, haben mir nicht nur gute Wünsche für meine weitere Genesung entgegengebracht, sondern auch immer wieder gesagt, dass sie sich freuen, wenn ich in den Dienstbetrieb zurückkehren werde. Für mich war dies auch eine große Motivation und ist mir auch weiterhin ein Grund, dicht dran zu bleiben.

Was haben Sie sich persönlich vorgenommen für die nächste Zeit?
Martin Wolf: Mir ist bewusst, dass die nächste Kommunalwahl 2020 stattfinden wird. Damit ist auch absehbar, dass die politische Einheit nur bis zu diesem Zeitpunkt geht. Persönlich habe ich mir aber schon vorgenommen, aktuelle politische Kreisthemen konsequent zu bearbeiten, aber auch die Thematiken, die ich im Wahlkampf angesprochen hatte, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Insgesamt waren das zehn Themenfelder, die ich weiterhin vorantreiben möchte.

Welche Politikfelder haben Sie diesbezüglich ganz speziell im Auge?
Martin Wolf: Beispielsweise die Mobilität. Hier gilt es, den Personennahverkehr so zu organisieren, dass er die Bedürfnisse der Bevölkerung widerspiegelt. Überdies dürfen wir aber auch den Individualverkehr nicht aus dem Auge verlieren. Auch hier müssen wir uns immer wieder die Frage stellen, wie und in welcher Weise wir uns weiterentwickeln müssen.
Das sind sicherlich ganz zentrale Themenfelder. Was sich aber in der Vergangenheit als zunehmend bedeutsam herauskristallisiert hat, ist auch die Wohnpolitik. Wie können wir – gemessen an Normalverdienern – Wohnverhältnisse so organisieren, dass sich die Menschen diese auch künftig leisten können? Die Mieten steigen aktuell relativ stark an, was einige doch in Engpässe bringt. Hier müssen wir verstärkt über Einheimischenmodelle oder Dorfentwicklungspläne nachdenken.
All das sind Themen, die die Menschen sehr nachhaltig bewegen. Es geht auch darum, dass wir in der Politik diese persönlichen Anliegen aufgreifen. Das hat uns auch die Bundestagswahl vor einigen Wochen gezeigt. Wir müssen auf die persönlichen Lebensverhältnisse eingehen.

Hat der Unfall Ihren Blick auf die Politik verändert?
Martin Wolf: Der Unfall hat generell meinen Blick auf das Leben verändert. Man nimmt gewisse Dinge nicht mehr so unbeschwert wahr beziehungsweise hackt auch nicht mehr so unbeschwert auf dem Leben anderer rum, sondern wägt sorgfältiger ab, gerade dann, wenn es um das Leben anderer geht. Jeder Mensch sollte eine zweite und dritte Chance bekommen. Künftig möchte ich versuchen, mich dabei noch mehr in die Menschen hineinzuversetzen, um auch deren Reaktionen zu verstehen.

Sie haben gerade angesprochen, dass sich der Blick auf das Leben verändert hat. Wird dies auch Ihren Politikstil beeinflussen?
Martin Wolf: Ich denke schon, dass die Menschen sehen, dass ich nicht mehr der Alte bin. Ich will auch gar nicht behaupten, dass, wenn ich wieder zu 100 Prozent genesen bin, die Landkreisbevölkerung ihren Landrat in der gleichen Form wie vor dem Unfall – quasi als Abziehbild – zurückbekommt. Durch so einen Unfall und eine lange Genesungsphase wird auch die Persönlichkeit verändert. Ich hoffe, dass die Menschen das so annehmen. Persönlich halte ich es auch für wichtig, obwohl ich diesen Prozess niemandem wünsche. Letztlich ist aber auch das eine Facette des Lebens, die man nur kennenlernen kann, wenn selbst so eine Phase erlebt. Insgesamt hat sich mein Blick im Vergleich zu vor meinem Unfall schon verändert.

Herr Wolf, Sie sind ja begeisterter Motorradfahrer. Ist nun die Lust am Motorrad wieder da oder bleibt der Schlüssel künftig doch im Schrank?
Martin Wolf: Die Lust selbst ist schon wieder da. Ich habe in meiner Reha-Phase in den Sommer- und Herbstmonaten viele Motorradfahrer erleben dürfen. Aber der Schlüssel ist abgelegt und das Motorrad – beziehungsweise die Reste davon – sind verkauft. Ich habe nicht mehr vor, auf ein Motorrad zu steigen. Ich möchte das Glück kein zweites Mal versuchen.

Das Gespräch führte Harald Regler
 

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