Was man über einen Nationalpark „Donau-Auen“ wissen sollte
(Manching, ls)Warum gerade die Donau-Auen? Derzeit wäre er der einzige Auwaldnationalpark in Deutschland und ein echter Hotspot der Artenvielfalt. (Foto @pixelio/ La Luca)
Bienen summen, ein Reh knabbert gedankenverloren an einem Grashalm, ein Vogel zwitschert in den Baumwipfeln. Für viele Menschen ist das wohl die erste Assoziation, wenn sie an einen Nationalpark denken. Man tritt in einer von künstlichen Dingen überlaufenen Welt in den Dialog mit der Natur und lässt diese wieder florieren. Für andere, weniger romantisch veranlagte Menschen keimen bei der derzeitigen Diskussion um die Ausweisung eines dritten Nationalparks in Bayern Existenzängste auf. Schnell ist da von einem „Dialogprozess“ die Rede, bei dem man hinter vorgehaltener Hand von staatlicher Enteignung spricht.
Erst kürzlich beschäftigte sich der IHK-Regionalausschuss mit dieser Thematik. Frankenwald und Spessart sind aus dem Rennen, der Fokus von Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf liegt derzeit auf den Auenwäldern von der Lech Mündung, über Neuburg a.d. Donau bis Ingolstadt. Ursula Schuster, Mitglied im bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, räumte in diesem Zusammenhang die Gerüchte über Enteignung entschieden vom Tisch. „Es wird nur mit ausdrücklicher Genehmigung kommunaler oder privater Grund mit einbezogen“, machte sie klar.
Aber was bedeutet es eigentlich genau, einen Nationalpark direkt vor der eigenen Tür zu haben? Seit Jahrhunderten gibt es entlang der Donau Fischereirechte, Jagdreviere, Forstwirtschaft und Industrie. Welche Auswirkungen könnte ein Nationalpark darauf haben? Eine Checkliste.
1. Welche Flächen werden einbezogen?
Die vorgeschlagene Gebietskulisse (Lech-Mündung über Neuburg a.d.D. und Ingolstadt) deckt die momentane Mindestgröße von 10.000 Hektar, die vom Freistaat Bayern gefordert wird, nicht ab. Trotzdem sollen nach Angabe des Ministeriums vorwiegend staatliche Flächen wie Staatswälder und staatliche Gewässer einbezogen werden. Kommunale und private Flächen werden nur mit dem Einverständnis der Eigentümer integriert. „In diesem Nationalpark soll es keine Verlierer geben“, machte Schuster in diesem Zusammenhang klar. Der formale Ausweisungsprozess würde auch dann erst stattfinden, wenn in Workshops und Gesprächsrunden für alle Betroffenen eine passende Lösung gefunden worden wäre, erklärte sie weiter.
2. Die Wirtschaft im Nachteil?
Vor allem für viele Unternehmer war das Projekt Nationalpark mit vielen Fragezeichen behaftet. Gerade die Region10 ist ein im starken Maß von der Industrie abhänginger Raum. „Schon bestehende Betriebe unterliegen einem Bestandschutz“, erklärte diesbezüglich Rechtsanwalt Mathias Reitberger von der Münchner Kanzlei Meidert und Kollegen. Grundsätzlich bestehe trotzdem ein absolutes Veränderungsverbot. Handlungen, die Beschädigungen oder Zerstörungen zur Folge haben könnten, sind von diesem Verbot betroffen. Auch wenn bestehende Gebäude davon nicht tangiert werden, hat das Veränderungsverbot dennoch Auswirkungen auf Neugenehmigungen. „Die werden im Falle des Falles geprüft“, erklärte Reitberger weiter. Daher riet er den Unternehmern, bestimmte Fragen im Vorfeld zu klären. Liegt man überhaupt im betroffenen Gebiet? Sind alle Genehmigungen aktuell? Ist eine Erweiterung geplant? Gibt es vielleicht befristete Genehmigungen? Wo liegt Konfliktpotenzial?
3. Was passiert beim nächsten Hochwasser?
Ziel der Ausweisung eines Nationalparks ist es, in einem Entwicklungszeitraum von 30 Jahren 75 Prozent der ausgewiesenen Fläche zu einer nutzungsfreien Zone zu machen. Dennoch versichert das Staatsministerium auf seiner Website, dass bestehende Anlagen zum Hochwasserschutz, aber auch zur Wasserver- und Entsorgung Bestandsschutz genießen. Das bestätigte auch Rechtsanwalt Reitberger. „Trotz des absoluten Veränderungsverbots müssen auch in einem Nationalpark Handlungen erlaubt sein, die den Schutz der Bevölkerung vor Hochwasser oder Feuer betreffen.“ Auch die derzeitig geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen sind laut Ministerium nicht von der Ausweisung eines Nationalparks tangiert.
4. Was passiert mit Fischern, Jägern und Waldbesitzern?
Nach Angaben des Staatsministeriums ändert sich vor allem für die Fischer zunächst nichts, bestehende Fischereirechte bleiben weiterhin erhalten, das gilt auch für technische Verbauungen wie Stauhaltungen.
Die bisherige jagdliche Bewirtschaftung von Revierflächen wird im Falle einer Ausweisung durch ein Wildtiermanagement der Nationalparkverwaltung ersetzt. Ein deutlich überwiegender Teil des Parks muss nach wie vor bejagt werden, wobei private Jäger in die Planung integriert werden sollen.
Die Holzindustrie könnte sich vom Modell der anderen bayerischen Nationalparks inspirieren lassen. Für die wurde ein neues Versorgungskonzept erstellt, um Gewinneinbußen zu verhindern. Auch private Holzrechte wurden dort weiterhin abgegolten. Des Weiteren enthält jeder Nationalpark nach wie vor die so genannte Pflegezone, in der weiterhin Waldmanagement betrieben werden kann.
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