Und nun? Ein Interview mit Erich Irlstorfer
(Wolnzach, ls)Jamaica ist geplatzt. Aus ist der Traum von der neuen Regierungskoalition, wochenlanges Verhandeln ist für die Tonne. Der Bundestagsabgeordnete und Direktkandidaten Erich Irlstorfer (CSU) erlebt nach seinem Einzug ins Parlament nun eine sehr arbeitsintensive und fordernde Zeit, wir haben uns mit ihm über die derzeitige Stimmung in Berlin und der Hallertau unterhalten. Wo zwickt es? Wo kratzt es? Was bereitet Bauchschmerzen?
Der zweite Wahlkampf liegt nun hinter Ihnen. Hat sich das Ergebnis mittlerweile gesetzt?
Die Resonanz auf meine Fragebogenaktion war sehr interessant. Fast 670 Personen haben sich bei mir gemeldet, und es kommen immer noch mehr. Und ich werde jede einzelne Frage, ernst nehmen und persönlich beantworten. Das gehört für mich zur Aufarbeitung dazu. Aber es dauert alles seine Zeit.
Was kristallisiert sich für Sie heraus? Wo kratzt es am meisten?
Das Thema Landwirtschaft ist ganz vorne dabei. Es gibt schon Unsicherheiten, dass sich Dinge in eine Richtung entwickeln, die für einen landwirtschaftlich geprägten Wahlkreis nicht ganz optimal sind. Von außen kommt der klare Hinweis: Lasst euch nicht ausspielen und nehmt unsere Sorgen nicht auf die leichte Schulter.
Was genau nehmen sie aus der Bundestagswahl 2017 mit in die kommende Legislaturperiode?
Aus ganz Bayern kommt der Ruf nach praxisnaher Politik. Das Thema Glaubwürdigkeit ist sehr wichtig. Es kommt immer wieder der Hinweis: Ihr werdet nicht am Wort, sondern an eurer Tat gemessen. Der Wählerauftrag ist für mich daher ganz klar: Seid in das Gelingen verliebt, aber nicht um jeden Preis.
Werfen wir einen Blick auf Situation in Berlin. Von außen betrachtet wirkt die sehr zäh. Wo genau hakte es?
Für vier sehr unterschiedliche Wahlprogramme musste der gemeinsame Nenner gefunden werden. Oft ist es da notwendig, einen Schritt zurück zu gehen, damit es dann wieder nach vorne gehen kann. Viele Bereiche verursachten da natürlich Bauchschmerzen. Trotzdem glaube ich, dass wir als CSU unsere Arbeit sehr gründlich und ordentlich machen.
Was genau bereitet Bauchschmerzen?
Natürlich stellt sich die Frage, ob man in bestimmten Bereichen einen Kompromiss eingeht, obwohl man von Anfang an weiß, dass es die falsche Richtung ist. So etwas Existenzielles darf man nicht gegen seine Überzeugung entscheiden, nur um einen Kompromiss herbei zu führen. Oft hat man das Gefühl, dass Teile der Grünen ein anderes Land und eine andere Gesellschaft wollen.
Da sind wir bei einem interessanten Thema angekommen: Überzeugung. Die CSU hat es im Namen, sie will für christliche und soziale Werte stehen. Der Kompromiss mit den Grünen beim Thema Familiennachzug fiel aber sehr schwer. Was wäre da in Ihren Augen eine christlich-soziale Haltung?
In den Jahren 2015 und 2016 war unser Handeln christlich und sozial geprägt, sowohl das der Kanzlerin, als auch das von Bayern und der CSU. Wir haben Menschen in Notsituationen geholfen. Wir haben allen ein ordentliches Verfahren ermöglicht und dabei festgestellt, dass viele davon kein Recht auf Asyl hatten. Und in meinen Augen gehört es auch zu einer christlich-sozialen Ausrichtung, dass man den Menschen, die in unserem Land leben und arbeiten nicht Dinge aufbürdet, die sie mit Steuergeld bezahlen müssen, die rechtlich unkorrekt sind. Es wird Deutschland und Bayern nicht gelingen, einen solchen unkontrollierten Zuzug mit Steuermitteln zu finanzieren und wir wollen das auch nicht. Auch das wäre unsozial. Wenn man hilft, muss man am Ende eben auch sagen, wie viel man helfen kann.
Schauen wir uns noch einen weiteren Punkt an, der in den letzten Wochen für viel Streit gesorgt hat. Neuesten Berechnungen zufolge werden wir unser Klimaziel 2020 nicht erreichen. Schön langsam wird es knapp, oder?
Deutschland war und ist ein absoluter Motor in diesem ganzen Prozess der Veränderung. Klimaschutz muss aber mit Weitblick und Augenmaß angepackt werden. Daher hilft es uns nicht, wenn wir irgendwelche Forderungen und Schaufensteranträge stellen. Wir können und werden den Leuten nichts vorgaukeln, das unterscheidet uns auch von den Grünen. Für einen Wandel, zum Beispiel beim Thema Elektromobilität, muss es erst eine Infrastruktur geben. Wir wollen saubere Fahrzeuge und niedrigere Emissionswerte. Die Frage ist das Wie. Ich halte eine sprunghafte Entscheidung in diesem Bereich, wie es auch beim Thema Atomausstieg damals geschehen ist, nicht für den richtigen Weg.
Kann man als Politik momentan überhaupt gestaltend eingreifen? Gefühlt erscheinen jeden Tag neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Meinungen. Entscheidungen, die gestern noch richtig waren, muss man heute schon wieder überdenken.
Irgendwann musst du entscheiden. Uns alle eint das Ziel, dass wir mit unserem Globus besser umgehen müssen. Auch wenn der CSU manchmal anderes unterstellt wird, darf man nicht vergessen, dass die CSU in Bayern das erste Umweltministerium eingeführt hat. Wir waren eigentlich die Vorreiter in dieser Bewegung und stehen auch heute noch dafür.
Wagen wir noch einen Blick in die Zukunft. Mit der AfD ist erstmals eine Partei am rechten Rand in den Bundestag eingezogen. Was würden sie sich für die gemeinsame Arbeit im Bundestag wünschen?
Wir werden menschlich einwandfrei miteinander umgehen, ganz klar. Von unserer Seite werden die Anstandsformen stets gewahrt bleiben. Die Partei hat ihre Stimmen geholt und ihre Abgeordneten werden nun ihren Weg finden müssen.
Zum Schluss: Auf was freuen sie sich jetzt am allermeisten?
Ich freue mich sehr auf diese Stunde X, wenn wir endlich wissen, wie es weitergeht. Dann beginnt eine sehr intensive und fordernde Zeit.
Das Gespräch führte Lisa Schwarzmüller.
Kommentare
Einen Kommentar schreiben
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.