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Die Bilanz eines politisch turbulenten Jahres

(Pfaffenhofen, hr)

Es war ein bewegtes Jahr in der Politik. Dies gilt im Besonderen für die Bundestagswahl im September und die sich daraus ergebende Unsicherheiten: Wer wird regieren, wird neugewählt und werden sich die Granden der CDU und CSU weiter öffentlich streiten? All das sind Fragen, die viele Menschen derzeit bewegen. Kurz vor dem Jahreswechsel wagt der Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer einen Ausblick.

„Eine Koalition mit der SPD ist noch lange keine ausgemachte Sache“, so der Bundespolitiker. Aus seiner Sicht ist hier noch ein sehr dickes Brett zu bohren. Als wenig hilfreich beurteilt er dabei den Schlagabtausch, den man sich diesbezüglich über die Medien liefert. „Das muss am Verhandlungstisch gelöst werden und gehört nicht auf die Titelseiten!“ Wie es insgesamt in Berlin weitergeht, ist für den Freisinger völlig offen. Neben einer möglichen großen Koalition könnte es seinen Ausführungen nach auch zu erneuten Verhandlungen mit der FDP und den Grünen kommen, sollten die Gespräche mit den Sozialdemokraten letztlich scheitern. Auch eine Minderheitsregierung oder gar Neuwahlen schließt Irlstorfer derzeit nicht aus. Eines aber macht er deutlich: „Wir wollen regieren und können uns dies mit der SPD vorstellen.“

Klare Absage zur Bürgerversicherung

Was er dabei aber von so mancher sozialdemokratischer Forderung hält, das macht der Gesundheitspolitiker auch klar: „Das schönste an der Bürgerversicherung ist der Name. Sie ist inhaltlich weder sozial noch gerecht. Ich hoffe, die Kanzlerin Angela Merkel bleibt bei ihrem Nein.“ Irlstorfer begründet seine deutliche Haltung zu den Plänen der SPD damit, dass die Abschaffung der privaten Krankenkassen zu einem Defizit von 15 bis 16 Milliarden Euro im Gesundheitssystem führen würde. Auch stünden rund 51.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Außerdem stellt er sich die Frage, ob man von einem gerechterem System sprechen kann, wenn die kostenlose Mitversicherung von Ehepartner und Kindern wegfallen würde. „Es wäre ein falsches Signal, wenn wir – nur, damit wir eine Regierung bekommen – dem zustimmen.“

Handlungsbedarf sieht Irlstorfer im Gesundheitswesen an ganz anderer Stelle – nämlich beim kassenärztlichen Notdienst. „Man muss hier über sogenannte Portalpraxen an Krankenhäusern nachdenken“, erklärt er. Der Grund: Einerseits gibt es – gerade im ländlichen Raum – immer weniger niedergelassene Ärzte; den Notaufnahmen, an die sich viele Patienten am Wochenende aus diesem Grund wenden, fehlt aber die kassenärztliche Zulassung. Die Folge: die Krankenhäuser erwirtschaften damit ein Defizit. Nicht der einzige Punkt, worüber zu reden sein wird. Gerade in einigen Bundesländern ist die Krankenhausdichte insgesamt zu hoch. Und auch bei der Pflege gibt es noch sehr großen Reformbedarf. „Wir müssen diesen Beruf zukunftsfähig machen“, so Irlstorfer. Er spricht damit nicht nur die Personalsituation an, sondern verweist auf den bürokratischen Aufwand, den das Pflegepersonal in Sachen Dokumentation zu leisten hat. Bevor also über eine politisch gewollte Bürgerversicherung verhandelt wird, sollten aus seiner Sicht die drängendsten Probleme innerhalb des Systems behoben werden.

Geschlossen in die Zukunft

Neben der gesamten Situation in Berlin und der Frage, wer am Ende regieren wird, ist es vor allem der Zwist in der CSU selbst, der in den vergangenen Wochen die Schlagzeilen bestimmte. Söder gegen Seehofer – oder anders gesagt: Wer wird künftig an Bayerns Spitze stehen? Offen wurde dieser Machtkampf ausgetragen und hat – gerade in der Außendarstellung – seine Spuren hinterlassen.

„Horst Seehofer und Markus Söder sind beides Alphatiere“, so Irlstorfer, der aber auch betont, dass es einen geordneten Machtübergang brauche. Die Entscheidung des Parteitags, auf die Doppelspitze zu setzen und mit beiden ins Wahljahr 2018 zu gehen, bewertet der Freisinger positiv. „Es ist gut, dass der Richtungsstreit innerhalb der Partei jetzt beendet ist“, so Irlstorfer. Das Ziel ist dabei klar: Die CSU soll wieder zu alter Stärke gelangen. „Es ist ein Mosaik an Themen, die für unseren Absturz im September verantwortlich waren“, erklärt der CSUler: Die Digitalisierung, der demographische Wandel, die Niedrigzinspolitik und nicht zuletzt auch die Flüchtlingskrise. „Es ist uns nicht gelungen, die Ängste der Menschen aufzugreifen und diese in den Fokus unseres Handelns zu stellen“, so Irlstorfer. Selbstkritisch fügt er an, dass man im Gegenteil durch die „Ankündigungspolitik“ in Sachen Obergrenze enorm an Glaubwürdigkeit verloren hat. „Die Wähler haben uns einen klaren Denkzettel verpasst.“

Vor diesem Hintergrund nun von der absoluten Mehrheit in Bayern zu träumen, hielte der Freisinger für fatal. „Wir müssen mit unserer Politik die Menschen überzeugen“, erklärt er. Dass das auch in Bayern mit der AfD und der FDP, die aller Voraussicht wieder in den Landtag einziehen werden, schwieriger geworden ist, verschweigt er nicht. Von Wahlgeschenken aber, wie sie derzeit von den Freien Wählern mit der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge gefordert werden, hält Irlstorfer wenig. „Hier regiert wohl die Angst“, so der Bundespolitiker – auch im Hinblick darauf, dass die Freien Wähler wohl um den Einzug in den Landtag kämpfen müssen.
 

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