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Pfaffenhofen ohne Strom?

(Pfaffenhofen, wk)

Es wird sich niemand vorstellen können, wie das Leben vor über 140 Jahren in Pfaffenhofen ohne Strom gewesen ist, doch Stadtarchivar Andreas Sauer führte in seinem VHS-Vortrag „Wie der Strom nach Pfaffenhofen kam“ zurück in diese stromlose Zeit.


So gab es zwar schon 1840 die erste entwickelte Bogenlampe, 1878 die erste Kohlefaserglühlampe und 1882 die erste elektrische Kraftübertragung, doch das alles war in Pfaffenhofen noch nicht angekommen. Die Beleuchtung basierte noch auf Öllampen oder Kerzen. Ein Zustand den sich heute keiner mehr so richtig vorstellen kann. Selbst wenn heute wegen einer Störung der Strom für eine Zeit ausfällt, weiß jeder, dass es Strom gibt, was damit anzufangen ist und dass die Störung wohl bald wieder behoben sein wird. Doch vor über 140 Jahren war für viele Pfaffenhofener Strom noch Teufelswerk, es fielen Sätze wie „Wollt ihr jetzt sogar die Misthaufen beleuchten?“ Trotzdem gab es, damals wie heute, Menschen mit Weitblick, die sich mit des Themas sachlich annahmen und voran bringen wollten. Es gab es in den späten 1880er/90er Jahren bereits elektrische Einzelprojekte – der spätere Landbaurat Karl Anderl und Dr. Josef Bergmeister waren zusammen mit dem Lehrer Karl Schwaiger waren Menschen, die sich für die Neuheit einsetzten. Sie gehörten übrigens dem progressiven Pfaffenhofener Velociped Verein an, der sogar auf dem Faschingsball 1893 bunte elektrische Birnen hinter Dekorationen präsentierten und den Ball mit einer elektrischen Klingel eröffneten.

 

 

Gebietsentwicklung Amperwerke                       Postkarte aus 1905

Sie konnten aber den damals regierenden Magistrat (Stadtrat) nicht von den Vorteilen einer Elektrifizierung der Stadt überzeugen, denn Wasserkraft wäre durch die Ilm genug vorhanden gewesen. Der Besitzer der damaligen Vogtmühleließ sich dagegen eine Bogenlampe errichten und seinen Stall beleuchten. Dem Gremium war das Ganze aber zu teuer, außerdem musste das neue Rathaus noch abbezahlt werden. Auch externe Fachberater kamen und versuchten den Magistrat von den Vorteilen der Elektrizität zu überzeugen. Auch der Lehrer Karl Schwaiger hatte intensive Pläne ausgearbeitet, wie die Elektrifizierung des Ortes gestaltet werden kann und exakte Berechnungen angestellt und nicht nur ein Maschinenwerk, die Straßenbeleuchtung und die notwendigen Stromkreise geplant, sondern sogar berechnet, wieviel Kupfer für die Kabel notwendig wäre, wann und wie lange das Licht brennen sollte und wieviel Strom pro Jahr verbraucht würde.

Amperwerke - das vordere Gebäude besteht heute noch


1896 stellten die AEG und der Unternehmer Stocker den ersten Konzessionsantrag für die Stromversorgung mit Hilfe eines Kraftwerks in der Arlmühle, der aber abgelehnt wurde. Erst 1898 schlossen die Stadt und AEG einen Vertrag für 45 Jahre mit Leistungs- und Lampenplan (Bogenlampen für den Hauptplatz, Glühbirnen in den relevanten Innenstadtstraßen). Dann ging es in der Region sehr schnell voran, auch in Schrobenhausen, Wolnzach, Geisenfeld und Neuburg. In der Straße Am Draht gab es die erste Dampfstation und Strom wurde aus Hohenwart zugeliefert. Die Menschen merkten den großen Unterschied zu früher und die Bewohner aus der Gegen Münchener Vormarkt beschwerten sich, dass es bei ihnen keinen Strom gab. 1908 wurden die Amperwerke gegründet mit einem wichtigen Standbein in Pfaffenhofen. Die Anzahl der Kunden und der Strombedarf stiegen rasant an und die Elektrifizierung führte zu enormen Produktionssteigerungen in den Betrieben. Das war während und nach dem 1. Weltkrieg auch notwendig, weil viele Arbeiter im Schlachtfeld waren bzw. später als Verwundete oder gar nicht mehr zurückkamen. Die Amperwerke entwickelten sich zu dem damals größten Arbeitgeber der Stadt.

 

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