DEMENZ - DAS SCHRITTWEISE VERSTUMMEN
(Pfaffenhofen, aem)DEMENZ - DAS SCHRITTWEISE VERSTUMMEN
Trotz der hochsommerlichen Temperaturen zog es gestern Abend ungewöhnlich viele Zuhörer ins Pfaffenhofener BRK-Haus in der Michael-Weingartner-Straße. Der Grund: Die Alzheimer Gesellschaft Pfaffenhofen e.V. hatte eine Referentin geladen, die zum Thema „so spreche ich mit Demenzkranken“ einen Vortrag hielt. Der Andrang war so groß, dass weitere Stühle herangeschafft werden mussten, um allen Interessierten ausreichend Sitzgelegenheit zu bieten. Die psychologische Beraterin Ursula Zaumseil, die mehr als 20 Jahre in der Krankenarbeit tätig war, veranschaulichte die Körpersprache und brachte Fallbeispiele.
Zaumseil nahm mit ihrer sympathischen Art im herzerfrischendsten Bayrisch von Anfang an die Besucher für sich ein. Sie schöpfte bei ihrem Vortrag aus dem Fundus ihrer jahrelangen Arbeit mit Kranken und Alten und zögerte nicht, Zuhörer in Beispiele einzubinden. „Man muss sich die Krankheit wie ein Bücherregal vorstellen, aus welchem nach und nach Bücher (= Wörter und Erinnerungen) herausfallen. Am längsten seien die Kindheitserinnerungen prägend; auch der eigene Name. Daher bin ich eine Befürworterin der persönlichen Anrede mit DU und Vornamen.“, erklärte Zaumseil. Zu Beginn der Krankheit stellt der Betroffene selbst oft fest, dass ihm einige Wörter nicht mehr einfallen, dann versucht er sie zu umschreiben. Im fortgeschrittenen Stadium fallen ihm die einfachsten Wörter nicht mehr ein. Der Mensch verstummt.
„Wie gestalte ich im Allgemeinen einen positiven Gesprächsverlauf?“ Nun: Hierfür sollte die erste Kontaktaufnahme mit einem Lächeln – denn Lächeln verbindet – begonnen werden. Augenkontakt und die gleiche Ebene tun ein weiteres. Dann folgen vier „A-Ratschläge“. Ausatmen. Aktivieren. Ansprechen. Aussprechen.
Bevor das Gespräch mit dem Demenzkranken stattfindet, sollte man tief ausatmen und sich sichtbar gegenüber oder an des Patienten Herzseite stellen.
Dann folgt eine kurze Aktivierung, sprich für eine Sekunde die Schulter oder den Arm des Kranken berühren. Jetzt hat man die Aufmerksamkeit.
Nun mit Namen ansprechen. Diesen im Gesprächsverlauf, der knapp und prägnant sein sollte, immer wieder erwähnen.
Klare Ansagen, kurze Sätze und geschlossene Fragen stellen. (Auf geschlossene Fragen kann man nur mit ja oder nein, einem Nicken oder Kopfschütteln antworten)
Auch die Spiegeltechnik wurde erläutert: Verschränkt der Demenzkranke die Arme oder legt die Arme auf den Tisch, sollte man das auch tun. Diese Technik kann im Übrigen jederzeit bei Menschen, die harmonisch miteinander kommunizieren, beobachtet werden; hier geschieht dies ganz automatisch.
Nachdem am Anfang der Erkrankung häufig Kurzzeitgedächtnis und Merkfähigkeit gestört sind, so zerstört eine Demenz das ganze Sein des Menschen – sein Verhalten, sein Erleben, seine Wahrnehmung und natürlich die Sprache. Der Patient lebt in seiner eigenen Welt. In seinem eigenen Wahrnehmen. „Ein dementer Patient hat immer Recht“, so Zaumseil. Bei dieser Aussage der Rednerin ging ein einhelliges Kopfnicken durch den Raum. Natürlich ist gerade dieser Satz für pflegende Angehörige sehr schwierig, aber man sollte sich immer vor Augen führen, dass es die Krankheit ist und nicht die Böswilligkeit oder Rechthaberei eines Demenzpatienten.
Viele Fragen ergaben sich und von den Besuchern wurden ebenfalls Beispiele erzählt, die so oder in ähnlicher Weise von den anderen Anwesenden meist nickend bestätigt wurden. Nachdem jedoch innerhalb des Vortrages der Zeitrahmen für weitere Fragen oder Begebenheiten gesprengt worden wäre, teilte Vorstandsmitglied Gilla Hofmeir mit, dass man jederzeit zur Einzelsprechstunde nach vorheriger Anmeldung kommen könne.
Alzheimer Gesellschaft Landkreis Pfaffenhofen/Ilm e.V.
Selbsthilfe Demenz
Michael-Weingartner-Str. 9
85276 Pfaffenhofen/Ilm
Tel: 08441 7899444
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