Paradiesische Zustände ?
(Pfaffenhofen, wk)Zeitgleich mit der Eröffnung der Paradieswochen wurde eine Ausstellung im Rathaus eröffnet, die auf die Zeit und das Leben der Menschen in Pfaffenhofen und Umgebung eingeht, in der eben nicht paradiesische Zustände herrschten, sondern harte Arbeit und teils bittere Armut. Die Bauern hatten sich viele Schutzheilige ausgesucht, die ihnen helfen sollten, das bäuerliche Jahr zu überstehen.
Die von Kurator Frieder Leipold zusammengestellte Ausstellung erläutert mit Texten in großen beleuchteten Glas-Säulen das bäuerliche Leben in und um Pfaffenhofen. Zu lesen ist, wovon die Bauern früher lebten, welche Früchte sie auf ihren Äckern anbauten, welche Tiere sie früher hielten und welche Abgaben sie an den Lehnhof zu liefern hatten. Statt Obst und Gemüse gab es lediglich Kraut und statt Weizen und Gerste eher Hafer. Ähnlich düster sah es bei den Tieren aus, statt Schweinen und Rindern hatten die Holledauer Bauern nur Geißen und auch einen Ziegenbock im Stall. Dies stellte gegen 1800 auch der bayerische Aufklärer Joseph von Hazzi bei seinem Besuch in Pfaffenhofen fest. „Ihre Kost besteht aus nichts anderem als den gewoehnlichen Nudeln und Sauerkraut“., außerdem waren die Nudeln nicht aus Weizen sondern aus dem als minderwertig angesehen Roggen. Für das Sauerkraut wurde der Weißkohl haltbar gemacht; am rechten Ilmufer gab es einen gemeinschaftlich bewirtschafteten Krautgarten, – den Gabis-Garten (Gabis vom mittelhochdeutschen Gabuz für Weißkohl). Der Kartoffelanbau wurde nur zögerlich vorangetrieben und Obstbäume wurden in erster Linie gepflanzt, um Schnaps zu brennen. Und das Saatgut war so schlecht, dass nur jeder 4. Oder 5. Samen keimte. Außerdem gab es immer wieder schlechte Ernten und Hungersnöte und Kriege, die die Ländereien verwüsteten.
Neben den textlichen Beschreibungen der Zeit von Frieder Leipold sind auch die Schutzheiligen der Bauern ausgestellt und die dazu gehörenden Erläuterungen. Die Figuren stammen alle aus der Sammlung des früheren Mesnerhauses, das als Museum aus feuertechnischen Gründen leider schließen musste. Da gibt es den Schmerzensmann, das wohl älteste und wertvollste Kleinod des Mesnerhauses, den heiligen Sankt Florian, den Johannes Nepomuk, die Kopie der Schwarzen Madonna von Altötting, Johannes Evangelist und den heiligen Sebastian.
Die Ausstellung ist noch bis zum 3. August im Rahmen der Paradiesspiele im Foyer des Rathauses zu sehen.
Neben dieser Rathausausstellung befinden sich auf dem Hauptplatz auf Höhe des Kinderspielplatzes große Aufsteller über Josef Maria Lutz, seinen Werdegang, sein schriftstellerisches Werk sowie seine sonstigen Aktivitäten, auch während der Nazi-Diktatur und Nachkriegszeit. Er wurde 1968 zum Ehrenbürger der Stadt ernannt und verstarb im August 1972 in seiner Wahlheimat München.
Dem Anlass entsprechend wurde auf dem Hauptplatz mit einem Open-Air-Konzert der Dellnhauser Musikanten und dem Eberwein-Dreigesang gefeiert. 2. Bürgermeister Albert Gürtner eröffnete den Abend, die Gäste versammelten sich an den hergerichteten Stehtischen und ließen sich Getränke und kleine Häppchen schmecken. Volksfestkönigin Verena Neumann wurde in diesem Zusammenhang von Albert Gürtner gefragt, wie sie Paradies interpretiere – für sie ist ihre Heimat das Paradies, der Himmel auf Erden und sie ist glücklich, dass sie in Bayern wohnen darf. Kulturreferent Steffen Kopetzky warb an diesem Abend noch einmal für die Freilichtaufführung des Stückes von Josef Maria Lutz „Der Brandner Kasper schaut ins Paradies“ – für ihn ist der Brandner ein ganz einfacher Mensch, der nur nicht so schnell sterben wollte.
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