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War es Mord am epochalen Fundort?

(Manching, ce)

Als vor 150 Jahren ein Fischer im seichten, klaren Wasser des Neuenburger Sees in der Schweiz nicht nur Pfähle, sondern auch Eisenteile am Ufer entdeckte, ahnte niemand die Dimension des Fundes. Einer ganzen Epoche gab er den Namen: La-Tène-Zeit und setzte die Grundlage für den Beginn der Keltenforschung. Dem Museumsleiter Dr. Wolfgang David gelang es, an das Kelten- und Römermuseum eine Ausstellung mit herausragenden Funden zu holen. Sechs Museen aus zwei Ländern zeigen ihre Funde in einer heute eröffneten Sonderausstellung, zu der Wissenschaftler aus ganz Europa angereist sind. Die Museen von Biel, Zürich, Hauterive, Lausanne, Genf und Bibracte stellten nicht nur ihre Funde zur Verfügung, sondern auch den neuesten Forschungsstand dieser noch immer rätselhaften Zeit. Die Ausstellung trägt den etwas sperrigen Titel: „Ursprung keltischer Archäologie: Die Brücke von La Tène. Ein Schauplatz grausamer Menschenopfer?" Doch dahinter verbirgt sich keine trockene Wissenschaft, sondern auch eine spannende Kriminalgeschichte, die mit modernsten Methoden aufgedeckt werden konnte.

Dr. David erzählte nach der Begrüßung der zahlreichen Gäste charmant vom Aufbau der Ausstellung, für die bewusst ein reduziertes Konzept gewählt wurde.

Dabei bleiben die Exponate im Mittelpunkt und die Besucher können sich dem teils spröden Charme der Eisenfunde nicht entziehen. Die Faszination der Gegenstände steckt regelrecht an. Der Fischer von damals brachte die seltsamen Eisenteile einem Sammler und Archäologiefreund im Ort, der die herausragende Bedeutung erkannte und zu weiterer Suche anregte.

Was man fand übertrifft noch heute alle Vorstellungen. Die Pfahlbauten stellten sich als Brücke heraus, als Brücke von La-Tène, auf der, nach heutigem Stand der Wissenschaft, kultische Handlungen vollzogen wurden. Man fand Waffen in immenser Zahl und bestem Erhaltungszustand, Holz und eine große Anzahl an menschlichen Knochen und Schädeln.

Und hier wird die trockene Wissenschaft zur Kriminalistik: Alle Knochen stammen von Männern! Mit den modernen Methoden der Dendrochronologie und der Anthropologie lassen sich nicht nur das Alter des Holzes und das Geschlecht der Knochen nachweisen, sondern auch, ob Verletzungen vor oder nach dem Tod beigefügt wurden. Die wissenschaftlichen Methoden der Gegenwart erlauben erstmals Untersuchungen, die auch kleinste Details aufdecken und Bestimmungen bis in das genaue Jahr hinein. 

Museumsleiter Dr. David

 

Die zahllosen Verletzungen, vor allem aber bestimmte Kopfverletzungen, die häufig nach dem Tod zugefügt wurden, lassen keinen anderen Schluss mehr zu: Es war Mord oder vielmehr Kult in dieser fernen, vorchristlichen Zeit am Schweizer See.

Doch die heilige Stätte bewahrt ihr Geheimnis, über Grund und Ausführung wissen wir nichts. Dr. Rupert Gebhart, neuer Leiter der Archäologischen Staatssammlung in München formuliert es salopp: Auch sein Heimatort Altötting birgt manche Sonderheit, auf die spätere Epochen ohne schriftliche Überlieferung keine Antwort fänden. Und leider haben uns die Kelten herrliche Funde überlassen, aber keine Aufzeichnungen, weder in La Tène noch in Manching.

Dr. David führte persönlich durch die faszinierende Ausstellung, die ein Fenster zu jener fernen Zeit vor rund 2200 Jahren öffnet. Einmal mehr bewies das Kelten- und Römermuseum in Manching seinen europäischen Rang!

Die Ausstellung ist bis zum 7.11.2010 zu sehen.

 --> Kelten- und Römermuseum Manching

 

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