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Maximilian Steinbeis mit seinem „Pascolini“

(Pfaffenhofen, ala)

In „Pascolini“ (Aufbau Verlag) erzählt Steinbeis das Leben und Sterben eines bayrischen Räubers vom Schlage Mathias Kneissls. Im fiktiven Ettengrub, einem Nest im südlichen Oberbayern treiben der Pascolini Hias und seine Bande ihr Unwesen - nur, dass die Schmugglerbande sich längst auf Kokainhandel statt Wilderei verlegt hat. Camilla Friedmann, die Pascolini als Kind kennenlernt, weil sie und ihre Schwester dem verwundeten Räuber Obdach bieten, erzählt dieses mit skurrilen Personen bevölkerte Epos und kommentiert ihrerseits wiederum eine allzu beschönigende und in Teilen gänzlich falsche Biographie des gewalttätigen Schmugglers.

Maximilian Steinbeis bei Pesch

Scharfzüngig, teilweise urkomisch und ebenso spannend bringt Steinbeis die Handlung dieses modernen Heimatromans voran – unterbrochen nur von herrlich sprachgewaltigen und beinah altmodisch anmutenden Naturschilderungen Oberbayerns.

Für die Alteingesessenen ist Matthias Pascolini ein Held wie aus alten Zeiten und schon bald rankt sich ein Mythos á la Robin Hood um die jungen Schlitzohren. Pascolini ist das recht. Denn die Touristen, die bald massenhaft im Gasthof Teufelsschlupf (ähnlich der Kneisslschen Schachermühle) einfallen, zahlen gut. Doch als sich der kleine Kommissar und spätere Tennischampion Eugen Kastenbauer an seine Fersen heftet, als der evangelische Unternehmer Scholten oberhalb Ettengrubs ein Skiparadies plant, der populistische Politiker Bogenschütz die Bevölkerung aufwiegelt und der Habererbund um Pascolini immer gewalttätiger wird, nimmt das Schicksal eine böse Wendung.

Mit wachsender Begeisterung kämpfen in Ettengrub bald Katholiken gegen Protestanten, Traditionalisten gegen Freigeister, Tennisvereinsmitglieder gegen die Herren vom Fußballclub.

Und je härter die Staatsgewalt eingreift, desto mehr wird Pascolini zum Volkshelden. Immer wieder war Pascolini den Ordnungshütern entkommen, in die Enge getrieben, versteckte er sich im benachbarten Österreich oder schlüpfte sogar in Frauenkleider, um seinen Verfolgern zu entrinnen. Am Ende aber nützte dem „bayrischen Hiasl“ all sein Ruhm nichts mehr…

„Pascolini“ ist ein derbes, bitterböses Spiel um die Macht des Geschichtenerzählens, eine kluge und bissige Satire über Freiheitsmythen und Fremdenverkehr. Der Roman mit dem stilisierten röhrenden Hirsch auf dem Cover hält, was er verspricht: ein sattes Lesevergnügen und ein Mordsspaß, nicht nur für Bayern.

Maximilian Steinbeis arbeitete u.a. als Journalist für die Süddeutsche Zeitung und für das Handelsblatt und wohnt heute in Berlin.

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