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Mord und Mythen an der Kranzl-Kapelle

(Wolnzach, ce)

Hans Biberger: Dem Tatort auf der Spur

Hans Biberger und mit ihm Rudi Pfab vom Historischen Cirkel haben fast zwei Jahre akribisch recherchiert und dabei bis ins letzte Detail herausgefunden was es auf sich hat, mit der Kranzl-Kapelle, den Geschichten, die sich darum ranken und dem Mord, der im Zusammenhang mit der Kapelle steht. So viel steht fest: Die Kranzl-Kapelle ist gar keine Kranzl-Kapelle und den Mord gab es wirklich, noch lange hat man sich davon erzählt. Jene kleine, schmucke Feldkapelle, die jeder kennt, trägt die Inschrift 1843. Allerdings wurde diese Jahreszahl erst vor rund 20 Jahren angebracht. Hans Biberger recherchierte im Wolnzacher Pfarrarchiv, reiste nach Regensburg und Freising, ging jeden Weg akribisch ab, forschte im Hauptstaatsarchiv und ließ keinen Beleg, der sich irgendwo findet, unbeachtet. Rudi Pfab tauchte tief in die Gerichtsakten des Marktes ein und verarbeitete sie zu kleinen Geschichten. So konnten die zahlreichen Zuhörer direkt eintauchen in die Wolnzacher Welt vor fast 200 Jahren.

Im Jahr 1843 führte den Kranzl-Bräu am Markt ein Franz Xaver Forster. Eine Kapelle wollte er tatsächlich bauen, für seine schwerkranke, schwindsüchtige Frau, die mit nur 28 Jahren dahin siechte. Die Kapelle sollte zu Ehren der schmerzhaften Mutter Maria gebaut werden, und hier stieß der mit kriminalistischem Eifer vorgehende Forscher Biberger auf erste Ungereimtheiten. Die heutige Kranzl-Kapelle ist dem Antonius von Padua geweiht, und Patrozinien wurden höchst selten gewechselt. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wirkte die Säkularisation noch stark nach, man wollte nicht zu viel Volksfrömmigkeit zulassen, der Bau einer Kapelle glich einem Staatsakt, für den königliche Genehmigung und lange Dienstwege erforderlich waren. Mancher glaubte damals, die Kapellen würden nur von der Arbeit abhalten und Gesindel anziehen. Noch während des Genehmigungsverfahrens starb die kranke Frau, der Kranzl-Bräu verkaufte alles und ging aus Wolnzach fort. So jemand baut keine Kapelle mehr. Aber wer dann?

Der Kranzl-Bräu am Marktplatz

 

Rudi Pfab erzählt aus Gerichtsakten

Biberger wälzte Flurpläne und Taufbücher und kam einem rechten Hallodri auf die Spur. Der Bauer Thomas Mauermayr, Wimmer Bauer zu Jebertshausen, kam gut an bei den Damen. In einem Jahr taucht er gleich dreimal als Vater im Taufbuch auf – mit drei Frauen. 14 Kinder hat er gezeugt, davon acht uneheliche. Doch irgendwann, mit der zweiten Frau war es aus mit dem Kindersegen und eben jener Wimmer Bauer ließ die sogenannte Kranzl-Kapelle bauen, vielleicht ein wenig zur Buße, aber auch um für weiteren Nachwuchs zu beten. Unrühmlich war sein Ende. Der in Polizeiakten wegen Raufereien nicht Unbekannte, dem Alkohol zugeneigte, jähzornige Bauer wurde auf dem Heimweg vom Wirtshaus hinterrücks erschlagen. Letztlich war es eine Beziehungstat, der junge Bursch aus entfernter Verwandtschaft bekam sechs Jahre wegen Totschlag und löste später eine ganze Auswanderungswelle auf Amerika aus. Den Tatort Wolnzach also gab es wirklich, wenn auch ganz anders.

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