Ein Laubhaufen, der atmet, eine Plastik aus Plastikflaschen, wie ein Engel vor schwarzem Vorhang, eine „Mumie“ im Glaskasten als Energielieferant und ein zum Motorboot umfunktionierter Verhandlungstisch: nur ein Auszug aus den Exponaten, die Adrienne Goehler als Kuratorin der Ausstellung „Zur Nachahmung empfohlen!“ in der Kulturhalle vorstellte.
Die Städte Pfaffenhofen, Ingolstadt und Neuburg zeigen die Ausstellung, die im letzten Jahr in Berlin Premiere feierte, parallel, und Bürgermeister Thomas Herker hob in seiner Begrüßung diese „nicht alltägliche“ gute Zusammenarbeit besonders hervor. Auch Prof. Dr. Claus Hipp als Schirmherr und Kulturreferent Steffen Kopetzky dankten auf der Vernissage allen Beteiligten in Organisation und Aufbau, ohne deren Engagement dieses herausragende Kulturevent in der Kreisstadt wohl nicht hätte realisiert werden können.
„Expeditionen in Ästhetik und Nachhaltigkeit“ lautet der Untertitel der Ausstellung, die zu Visionen „mit Lust und Leidenschaft“ ermutigen und die kulturelle und ästhetische Dimension der Nachhaltigkeit ins Sinnenbewusstsein rücken wolle, um so dem beobachtbaren Verschleiß des Begriffs „Nachhaltigkeit” entgegenzuwirken. Sie will dafür sensibilisieren, dass Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit, die sich als gestaltend verstehen, nicht ohne die Künstler und Wissenschaften auskommen, denn gerade von ihnen sei das Denken in Übergängen, Provisorien, Modellen und Projekten zu lernen.
Die „Expeditionen in Ästhetik und Nachhaltigkeit” zeigen dazu künstlerische Praktiken, die zur Erhaltung des Planeten beitragen, Einfluss auf bewusstes Konsumverhalten nehmen wollen und ökonomisch rentabel sind – künstlerische Positionen, in denen sich die Grenzen zwischen Kunst und Erfindung auflösen und sich die Erfahrungen und Arbeitsweisen von Umweltinitiativen mit künstlerischen Herangehensweisen verbinden.
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Adrienne Goehler, ehemalige Kultursenatorin des Landes Berlin, zeigte dann, wie man die Bilder und Installationen erklärt, und das hätte dem großen Joseph Beuys, der letzte Woche seinen 90. Geburtstag hätte feiern können, auch gefallen. Der unbeschwerte Kunstgenuss, eine der größten Barbareien der vergangenen hundert Jahre, möge mit der „Nachahmung!“ eine neue, aufwühlende, kritische und kritisierende Alternative erhalten.
Mit einem zum Motorboot umfunktionierten „umgedrehten Verhandlungstisch“ kreuzen z.B. die Künstler Jennifer Allora & Guillermo Calzadilla in einem Video vor der zu Puerto Rico gehörenden Insel Vieques, die der United States Navy über Jahrzehnte als Manövergebiet diente und dadurch mit Blei, Quecksilber, Uran und anderen Giften kontaminiert wurde, und kurbeln die Diskussion um Umweltschutz und Tourismus aufs Neue an.
„The Infinity Burial Project“ des Koreaners Jae Rhim Lee, demonstriert, wie Leichen Methangas, also Energie produzieren können, auf die die „Pedal-Power-Waschmaschine“ von Christian Kuhtz locker verzichten könnte. |
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Ein Laubhaufen zeigt sich als „Künstliche Atemmaschine, variable Ausmaße“, und der große schwarze Block aus gestapelten Briketts hat nichts mit der Kaaba in Mekka zu tun, sondern verkörpert mit sieben Kubikmetern jene Energie, die zum Internet-Download des Trailers für einen möglicherweise überflüssigen Blockbuster ver(sch)wendet wurde.
Schön auch, neben dem engelsgleichen Plastikflaschen-Mosaik und der Fast-Food-Video-Installation, die im Kinosaal hinterm schwarzen Vorhang durch Mc-Donald’ssche Plastikbecher führte, schön auch der wie im Sandkasten angelegte Plastiktütenhaufen mit dem netten Hinweis, eine Plastiktüte brauche 1,2 sec zur Herstellung, sei 25 min in Gebrauch und koste 1000 a, bis die Zivilisation sich nicht mehr damit rumschlagen müsse – das Betreten des Plastikareals ist übrigens ausdrücklich erwünscht!
Die Ausstellung „Zur Nachahmung empfohlen!“ lädt noch bis 13. Juni 2011“ zu weiteren „Expeditionen in Ästhetik und Nachhaltigkeit“ ein.
Weitere Information:
www.kunstverein-pfaffenhofen.de
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