Nur eine Flächenreduzierung kann den Markt wieder stabilisieren
(Wolnzach, hr/ad)Dr. Johann Pichlmaier im Gespräch mit hallertau.info-Redakteur Harald Regler
Als landwirtschaftliches Spitzenprodukt ist der Hopfen das Aushängeschild der Hallertau und bietet für Landwirte ihre Lebensgrundlage. Das Geschäft mit dem „grünen Gold“ ist deswegen von immenser Bedeutung und die Hopfenverwertungsgenossenschaft HVG leistet einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zum Erfolg.
Im Gespräch mit hallertau.info stellt sich Dr. Johann Pichlmaier, Vorstandsvorsitzender der HVG und Präsident des Verbandes deutscher Hopfenpflanzer e. V., kritischen Fragen rund um das Thema Hopfen, seine Produktion und Vermarktung.
Dr. Pichlmaier, wie hat sich die Hopfenverwertungsgenossenschaft in den letzten Jahren entwickelt?
Dr. Johann Pichlmaier: Die HVG ist zu einem Globalplayer geworden, und vermarktet den Hopfen sehr erfolgreich. Deshalb sind auch alle Hallertauer Hopfenpflanzer Mitglied unserer Genossenschaft. Durch diese Rechtsform sind die einzelnen Landwirte Teilhaber und anteilsmäßig am Gewinn beteiligt. So sind wir trotz eines stagnierenden Hopfenmarktes sehr zufrieden mit der Entwicklung der HVG.
Die Situation auf dem Hopfenmarkt stellt sich zurzeit als sehr schwierig dar. Wie konnten sich die Preise nach den 2007/2008 verzeichneten Höchstwerten in so kurzer Zeit so gegenläufig entwickeln?
Dr. Johann Pichlmaier: Grundsätzlich kamen mehrere Faktoren zusammen. Zum einen verzeichnete man 2008 eine wahre Rekordernte, gleichzeitig waren die Lager der Brauereien so gut wie leer. So stieg nicht nur das Preisniveau auf dem Markt. Dies hat dann schließlich dazu geführt, dass die weltweite Anbaufläche deutlich gestiegen ist. Gleichzeitig haben die Brauereien – aus Angst vor einer Hopfenknappheit – begonnen, ihre Rezepturen zu verändern und die Hopfengabe deutlich zu verringern.
Das gleichzeitige Bestreben der Produktionsseite, mehr Hopfen auf den Markt zu bringen und der Seite der Nachfrage ihren Verbrauch zu minimieren, hat dann zu der aktuellen Überversorgung geführt, die sich sehr negativ auf das Preisniveau auswirkt.
(Ein Schlepper bei der Ernte)
Wie kann man dieser Situation entgegenwirken?
Dr. Johann Pichlmaier: Nur durch eine Flächenreduzierung. Aktuell sind die Lager der Brauereien sehr gut gefüllt, dadurch kann dieses Jahr eine geringere Nachfrage erwartet werden. Sollten die Brauereien die Lagerbestände kurzfristig wieder abbauen wollen, wird die geringe Nachfrage noch länger anhalten. Wir werden also die Produktion weiter herunterfahren, was dann wiederum eines Tages zu einer Unterversorgung führen könnte. Diese Extreme sind nicht gut. Ideal wäre eine Fläche, die eine Preisstabilität auf einem auskömmlichen Niveau für die Pflanzer ermöglicht. Natürlich ist dies eine schwierige Balance.
Wie wird sich das aus Ihrer Sicht auf Aroma- und Bittersorten auswirken?
Dr. Johann Pichlmaier: Derzeit sind etwa 55% Aromahopfen und nur rund 45% Bitterhopfen. Dennoch müssen wir in beiden Bereichen zu einer Flächenreduzierung kommen. Diese wird natürlich im Bereich des Bitterhopfens deutlich stärker ausfallen. Ich denke hier vor allem an die Sorte Magnum, denn sie ist im Vergleich zum Herkules kaum noch konkurrenzfähig.
Von verschiedenen Seiten wird derzeit eine Rodeprämie gefordert, um schneller zur Erholung des Marktes beizutragen. Wie stehen Sie dazu?
Dr. Johann Pichlmaier: Eine Rodeprämie macht aus meiner Sicht wenig Sinn, denn die Entscheidung über die Stilllegung einer Fläche hängt von ihrem zu erwartenden Gewinn ab. Das heißt, die Landwirte haben die Entscheidung unabhängig von der Prämie schon lange getroffen. Damit eine solche Prämie wirksam wäre, müsste sie also sehr hoch sein. Insgesamt kann man also sagen, dass eine solche Investition rückwärtsgerichtet wäre. Dieses Budget sollte daher eher in Projekte investiert werden, die in die Zukunft gerichtet sind, wie z.B. Forschung und Entwicklung.
Nun haben Sie Forschung und Entwicklung angesprochen. Wo liegen hier die Schwerpunkte?
Dr. Johann Pichlmaier: Der Fokus liegt natürlich auf der Züchtung neuer Sorten, denn nur so kann die Konkurrenzfähigkeit der Hallertau gesichert werden. Einen besonders wichtigen Aspekt spielt hier die Steigerung der Resistenzen.
Wieso ist dies von so großer Bedeutung?
Dr. Johann Pichlmaier: Dies ist von großer Bedeutung, da solche Sorten weniger anfällig gegen Schädlinge und Erreger sind. Und deshalb ist dies sehr wichtig, weil die Entwicklung von Pflanzenschutzmitteln im Bereich der Sonderkultur Hopfen sehr aufwändig ist.
Nun ist die Züchtung anders als in den USA staatlich organisiert.
Dr. Johann Pichlmaier: Ja, die Züchtung in Deutschland ist staatlich organisiert. So haben die Landwirte in Deutschland die Möglichkeit, ohne enorme Patentsummen die neuen Sorten anzubauen, dennoch müssen wir unsere eigenen Sorten schützen, denn deutsche Züchtungen sollen nicht kostengünstig ins Ausland exportiert werden.
Welche Rolle spielen dabei die Fördergelder der EU?
Dr. Johann Pichelmaier: Sie sind für uns natürlich von immenser Bedeutung, vor allem in der Finanzierung der Forschung. Nicht nur im Bereich der Sortenzüchtung sondern auch in der Vermarktung wurden zahlreiche Projekte unterstützt. So stellen die Fördergelder in Höhe von 2 Millionen Euro einen wichtigen Beitrag dar. In der Politik ernten wir für diese Darstellung auch großes Verständnis, dennoch ist es aufwändig, eine staatliche Unterstützung durchzusetzen.
(Das Hopfenforschungszentrum - ein wichtiger Baustein für den Erfolg am Weltmarkt)
In den vergangen 4 Jahren gab es verstärkt Hagelschäden, wodurch die Versicherungsprämien vermutlich steigen werden. Nun gab es im vergangen Jahr Überlegungen, eine Hagelabwehr zu installieren. Wie also kann eine Überbelastung der Landwirte in den kommenden Jahren vermieden werden?
Dr. Johann Pichlmaier: Leider gibt es noch keine effektiven Schutzmaßnahmen gegen Witterungsschäden, welche in den vergangenen Jahren auch aufgrund des Klimawandels zugenommen haben. Unser Schwerpunkt liegt also auf der Versicherung. Eine staatliche Subvention wäre – im Rahmen des weltweiten Klimawandels – für uns wichtig. Dennoch gibt es in diesem Bereich noch erheblichen Diskussionsbedarf.
(Radlader beim Silieren des Hopfenhäcksels)
Im Rahmen des Klimawandels spielt auch die Energiewende eine zentrale Rolle. Wo sehen Sie den Beitrag, den die Bioerdgasanlage in Oberlauterbach dazu leistet?
Dr. Johann Pichlmaier: Wir sehen dies sehr positiv. Es ist ein Projekt mit Modellcharakter, da hier ein bereits vorhandener Reststoff, der Hopfenhäcksel, verwendet wird. Wir leisten aber damit nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Energiewende, sondern bieten den Landwirten eine Lösung der Reststofflagerung. Zusätzlich ist dies natürlich eine zusätzliche Verdienstmöglichkeit für die Landwirte. Zurzeit gibt es bereits 167 Lieferverträge.
Dennoch gibt es unter den Landwirten auch einige Besorgnis, dass so die Welke auf noch nicht betroffene Felder übertragen werden kann, da die Landwirte den Gärrest aus der Anlage zu Düngung zurück bekommen.
Dr. Johann Pichlmaier: Wir nehmen diese Sorgen natürlich sehr ernst. Und haben diesbezüglich auch wissenschaftliche Untersuchungen durchführen lassen. Es hat sich herausgestellt, dass der Erreger weder die Silage noch die Fermentation übersteht. So kann man natürlich die Befürchtungen einzelner Landwirte widerlegen. Natürlich werden wir dies durch strenge Kontrollen weiterhin überwachen.
Insgesamt kann man sagen, dass dies ein wirkliches Vorzeigeprojekt ist und mit den Firmen E.ON und und Högl haben wir gute Partner, die es zum Erfolg führen können.
Natürlich ist es sehr wünschenswert, dass dieses Projekt im Zuge der Energiewende Erfolg hat. Herr Dr. Pichlmaier, wir dürfen uns für das Gespräch bedanken, und Ihnen für das Jahr 2012 ein glückliches Händchen wünschen.
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