Schloss Hohenkammer: Eine erste Adresse in Deutschland
(Hohenkammer, mh)Auswärtige Autofahrer erleben Hohenkammer oft nur als Durchfahrtsort an der Bundesstraße 13 auf ihrem Weg zur Autobahn bzw. nach München und nehmen das Gelände am nordwestlichen Ortsrand nur am Rande wahr. Bei den Veranstaltern von Seminaren, Workshops oder Tagungen dagegen gilt das idyllisch im Ampertal gelegene Wasserschloss aus dem 16. Jahrhundert mit dem angeschlossenen modernen Hotel und seinen Nebengebäuden als eine der ersten Adressen in ganz Deutschland. Und für die einheimische Bevölkerung sind die großzügigen Gastronomieeinrichtungen ein beliebter Anziehungspunkt. Die Mitglieder von ProWirtschaft Pfaffenhofen durften jetzt einen hoch interessanten Blick hinter die Kulissen werfen.
Es war bereits der zweite Besuch für das Netzwerk der heimischen Unternehmen bei der Schloss Hohenkammer GmbH. Vor fast auf den Tag genau einem Jahr hatte man den Biomusterbetrieb Gut Eichethof (ehemalige BayWa-Versuchsanstalt für Tierernährung) besucht und wie damals wurden die Teilnehmer jetzt von Geschäftsführer Leo Hermann persönlich geführt. Gleich zu Beginn bedankte sich der Vorsitzende Franz Böhm bei Leo Hermann, dass sich dieser – bei geradezu tropischer Hitze – erneut Zeit für ProWirtschaft und die rund 20 Teilnehmer an der Führung genommen hatte.
Leo Hermann plauderte dabei – neben den reinen Fakten – mehrfach auch aus dem Nähkästchen und gab so manche unterhaltsame Anekdote zum Besten: Zum Beispiel darüber, wie unkonventionell einige wichtige Entscheidungen gefällt wurden. Oder wie er es „listenreich“ geschafft hat, dass der Besitz (landwirtschaftliches Gut und Schlossgelände) nicht getrennt wurde und als Einheit erhalten blieb. Und letztlich was für ein Segen es war und ist, dass alles im Jahre 2003 in den Besitzer der Munich Re übergegangen ist ...
Mit jedem Wort wurde deutlich, wie sehr Leo Hermann „sein“ Unternehmen ans Herz gewachsen ist. Es waren maßgeblich auch seine richtungsweisenden Ideen und pragmatischen Lösungen, die die Schloss Hohenkammer GmbH zu dem gemacht haben, was sie heute ist – und die Leo Hermann, der einst als einfacher Forst Diplom-Ingenieur nach Hohenkammer gekommen war, immer weiter bis zum Geschäftsführer des Gesamtbetriebs aufsteigen haben lassen. Eines Unternehmens, das heute rund 160 Mitarbeiter beschäftigt und jährlich ca. zehn Millionen Euro Umsatz macht.
Die Führung startete im offen und großzügig angelegten, mit viel Holz ausgestatteten Foyer und Rezeptionsbereich des 2009 eröffneten neuen Seminarhotels. Der Architekt wurde dafür im Jahr 2010mit dem Deutschen Architekturpreis ausgezeichnet. Leo Hermann merkte kurz an, dass das Holz für den Neubau mit 65 neuen Zimmern (insgesamt stehen 150 Zimmer zur Verfügung) von Roteichen stammt, die im eigenen Forst geschlagen wurden. Zwar nur eine Randnotiz bei der Führung, aber eine, die viel über Konzept und Philosophie der Schloss Hohenkammer GmbH verriet: beim Betrieb der Einrichtungen einen möglichst hohen Grad der Eigenversorgung zu erreichen.
So werden die Erzeugnisse des Eichethofes bereits in großem Stil in der Gastronomie und bei der Verköstigung der Seminarteilnehmer verarbeitet. Wie Leo Hermann weiter erwähnte, beträgt hier der Anteil an Bioprodukten insgesamt bereits stattliche 60 Prozent, doch damit will man sich noch längst nicht zufrieden geben: „100 Prozent sind das Ziel“, erklärte der Geschäftsführer. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg und zur weiteren Qualitätsverbesserung war laut Hermann zu Beginn des Jahres die Trennung von der Käfer Gastronomie.
Seither betreibt die Schloss Hohenkammer GmbH nun neben Hotel und Seminareinrichtungen auch die komplette Gastronomie selbst – und das mit großem Erfolg. Mit dem neuen Hotel konnte die Zahl der Übernachtungen von 18.000 auf mittlerweile rund 27.000 pro Jahr gesteigert werden. Dazu kommen laut Leo Hermann noch rund 10.000 Tagesgäste pro Jahr. Von der Hotelrezeption ging es zunächst in den kleinen aber feinen Wellnessbereich und anschließend durften die Besucher auch einen Blick in eines der Zimmer werfen.
Im Mittelpunkt der Führung stand aber natürlich das wunderschön restaurierte Wasserschloss, das in seiner heutigen Form zusammen mit der Gutsanlage – nachdem eine Feuersbrunst gewütet hatte – ab dem Jahr 1648 erbaut wurde. In einem für diese Zeit eigentlich „überholten“ Baustil, wie Geschäftsführer Leo Hermann anmerkte: Es handelt sich nämlich um ein Renaissance-Schloss, obwohl in der Mitte des 17. Jahrhunderts überall bereits im Barockstil gebaut wurde.
Für dieses architektonische Kuriosum hat Hermann seine ganz „private Theorie“. Sie hängt damit zusammen, dass der damalige Besitzer des Schlosses von Hohenkammer, Georg Christoph von Haslang, bayerischer Kämmerer (heute würde man sagen Finanzminister) war und seinen Arbeitsplatz in der 90 Jahre früher erbauten Alten Münze in München hatte. Vergleicht man beide Gebäude miteinander, fällt die frappierende Ähnlichkeit auf. Deshalb liegt für den heutigen Geschäftsführer der Schloss Hohenkammer GmbH der Verdacht nahe, „dass sich Haslang hier seine berufliche Wirkungsstätte nachbauen ließ“.
Nach der Übernahme durch die Munich Re im Jahre 2003 wurden das Schloss und alle Nebengebäude ebenso aufwändig wie behutsam nach historischem Vorbild renoviert. Ganz anders als nach dem ersten Umbau in ein Seminarzentrum im Jahre 1970 durch den damaligen Besitzer, die Bayerische Raiffeisen-Zentralbank. Aus architektonischer Sicht „ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt“, wie Leo Hermann einräumte. Doch die Bausünden von damals sind längst geheilt und so erstrahlt das Wasserschloss von Hohenkammer heute in größerem Glanz denn je. Dabei sehe alles aus, wie die alte Bausubstanz, betonte der Geschäftsführer, „doch in Wirklichkeit ist alles neu“.
Ein Beispiel dafür, wie raffiniert hier moderne Technik und historisches Erscheinungsbild in Einklang gebracht wurden, sind in den Innenräumen des Schlosses die leichten, perfekt zum Deckenstuck passenden Erhebungen an den Wänden. Jeder würde sie für original halten, tatsächlich aber verbirgt sich dahinter eine Wandheizung, die im Sommer zur Wand- und Raumkühlung umgeschaltet wird. Besonderen Eindruck machten auch die eigens für das Schloss entworfenen Lampen, die nach Meinung aller ein gelungener Brückenschlag zwischen Renaissance und heutiger Zeit sind.
Weitere Stationen des Rundgangs waren unter anderem noch der Seminarspeisesaal, die ehemalige Reithalle, die mittlerweile zu einem Kletterpark umfunktioniert wurde und rege frequentiert wird, und das Gourmetrestaurant. Mit Fritz Schilling schwingt dort ein hoch dekorierter Küchenchef (an früheren Wirkungsstätten bereits mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet) den Kochlöffel. Und auch die früher störende Akustik in dem ansonsten perfekt durchgestylten Restaurant hat man laut Hermann dank diverser Verbesserungsmaßnahmen mittlerweile im Griff. Der informative Nachmittag endete gemütlich im schönen Biergarten.
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