Industrie contra Tierhaltung, Masse statt Klasse?
(Wolnzach, hr)von links nach rechts: Edith Liersch, Max Kainz, Dr. Rupert Ebner und Martina Körner
Es scheiden sich die Geister an der geplanten Hähnchenmastanlage in Eschelbach. Während es jene gibt, die eine immer stärkere Industriealisierung der Landwirtschaft befürworten, so sind andere dagegen Tiere als reines Produkt zu sehen. In einem Informationsabend wollte der Bund Naturschutz die Folgen einer solchen Anlage aufzeigen.
Braucht Familie Höckmaier die Hähnchenmast für die Biogasanlage oder umgekehrt? Mit dieser Frage eröffnete Martina Körner die Diskussion über die geplante Betriebserweiterung auf 144600 Hühnchen. Und schnell kam man so zu des Pudels Kern, der Tiergesundheit. „Bei diesen Größen ist es praktisch unmöglich ohne Medikamente auszukommen“, so Edith Liersch, 1. Vorsitzende der ABL.
Geschätzt werden rund 780 Tonnen Antibiotika jährlich in der Tierzucht eingesetzt. „Bei einer Mastanlage von 30.000 darf etwa ein Promille am Tag sterben, etwa 30 Tiere. Sollten es mehr werden, dann ergreift der Landwirt vorbeugende Maßnahmen“, so Dr. Rupert Ebner. Gemeint sind damit auch Antibiotika.
Glückliche Hühner beim Picken!
Dies ist ein durchaus gefährlicher Weg, denn nicht nur in Krankenhäusern bilden sich superresistente Keime, auch aus den Stallungen kommen vermehrt solche Erreger, denen ein gewöhnliches Antibiotikum nichts mehr anhaben kann. „Und diese gelangen dann auch über die Gülle auf die Felder und in den Nahrungskreislauf“, erläutert Edith Liersch.
Doch es treten nicht nur vermehr superresistiente Keime auf, nein auch das Fleisch aus dieser Züchtung weist am Ende immer noch Spuren von Medikamenten auf. „Vor allem in Hühnchenfleisch findet man auch nach der Schlachtung noch große Rückstande“ so Dr. Rupert Ebner, der sich klar dafür ausspricht die MRL-Werte, also das Maximum an Medikamenten, das noch im Tier sein darf, zu hinterfragen.
Edith Liersch und Dr. Rupert Ebner erläuterten die Folgen industrieller Teirhaltung.
Aber es geht um mehr als nur um Medikamente, es geht um „bäuerliche Werte“. Und so stellte Dr. Rupert Ebner die Frage, ob es denn legitim sei, Tiere zu „produzieren“, die unter freiem Himmel nicht überleben könnten. Muss die Landwirtschaft immer weiter industrialisiert werden, oder ist hier ein Umdenken gefordert?
Edith Liersch spricht sich hier ganz klar für eine kleinteilige, bäuerliche Landwirtschaft aus. „Vor allem die Vermarktung muss wieder zurück in die Hände der Bauern.“ Direktvermarktung, seit Jahren betreibt sie dies selbst und hat zusammen mit ihrem Mann gute Erfahrungen gemacht. „In den vergangenen Jahren ist die Nachfrage nach unseren Produkten stetig gestiegen“, erklärt sie. Doch eins ist auch klar, nicht immer ist auch alles erhältlich? „Wir schlachten ungefähr alle drei Monate“, so Liersch weiter.
Dies bedeutet aber auch, dass das Fleisch zum einen deutlich teurer ist, als das aus industrieller Haltung und nicht in der Masse verfügbar, wie man es heute gewöhnt ist. Viele konsumieren heute fast täglich Fleisch. Schinken zum Frühstück, ein Schnitzel als Mittagessen und zum Abendessen noch einmal Wurst. „Diese Menge an Fleisch kann man nur über diese Form der Tierhaltung produzieren“, so Dr. Rupert Ebner, der sich als Anhänger der „Slow-food-Bewegung“ für einen deutlich reduzierten Fleischkonsum ausspricht. „Man muss den Wert des Lebensmittel begreifen“, so der Mediziner.
Doch was kann man tun? Ähnlich wie bei den Eiern fordert nicht nur die ABL, sondern auch der Bund Naturschutz für Fleisch ein Label, das kenntlich macht aus welcher Produktion es kam. „Nur so kann der Verbraucher unter- und sich am Ende bewusst für ein Produkt entscheiden“, so Edith Liersch. Aber der Weg bis hin zu diesem Label ist noch lang und steinig. Zwar gibt es bereits erste Gespräche im Ministerium, doch die ABL ist an diesen „runden Tisch“ nicht eingeladen.
Und so appellierte Martina Körner am Ende auch, sich für die Umwelt und eine bäuerliche Art der Landwirtschaft einzusetzen. „Die Industriealisierung ist ein Irrweg!“
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