Stadtbild und Denkmalpflege
(Pfaffenhofen, ce/hkk)Wie wird das Pfaffenhofen der Zukunft aussehen? Ist der historische Gesamteindruck des Stadtzentrums, insbesondere des Hauptplatzes noch zu retten? Was bewirkt der Ensembleschutz? Mit diesen Fragen befasste sich der Heimat- und Kulturkreis Pfaffenhofen beim letzten Monatstreffen.
Auf Einladung des Vereins sprachen die Pfaffenhofener Architektin Rita Obereisenbuchner und eine ihrer Mitarbeiterinnen, die Studentin Claudia Wurzer, über ihre Erfahrungen mit den Denkmalschutzbehörden und über Bauen im historischen Kontext heutzutage. Daraus ergab sich eine lebhafte Diskussion.
Zunächst berichtete die Studentin über ihr Praktikum am Landesamt für Denkmalpflege. Sie informierte über die Struktur des Denkmalschutzes in Bayern, über finanzielle Fördermöglichkeiten und vor allem über dem Einfluss der Gebietsreferenten, die sie auf ihren Reisen in verschiedene Landkreise begleiten durfte. Ein Gebietsreferent ist ein Architekt, Restaurator oder Kunsthistoriker mit einem zweijährigen Aufbaustudium. Er betreut mehrere Landkreise in Bezug auf Baudenkmälern und Bauen in deren Umfeld. Ziel der Gebietsreferenten sei in erster Linie das Konservieren von Denkmälern, weniger das Restaurieren. Nur wenn sich der Gebietsreferent, die
Genehmigungsbehörden und der Bauherr einig oder kompromissbereit sind, ergebe sich ein harmonisches Ortsbild. Diplomatie sei hier gefragt, so Claudia Wurzer.
Den Architekten in der Zwickmühle zwischen Bauherr und Gebietsreferent schilderte Rita Obereisenbuchner. Sie bedauerte, dass manche Denkmalpfleger nur das einzelne Gebäude interessiert, nicht die Gestaltung eines Stadtbilds , und dass der künstlerische Wert eines
Baudenkmals kaum Beachtung findet, im Gegensatz zum objektiveren historischen Wert. Bei der Errichtung von Neubauten im Umfeld von Denkmälern vermisst die Architektin eine Diskussion über deren Gestaltung. Statt dessen ziehe sich die Denkmalschutzbehörde hinter Vorschriften zurück. Zudem hat ein Gebietsreferent zu wenig Zeit für das einzelne Gebäude, weil er für mehrere Landkreise verantwortlich ist.
Die Architektin stellte fest, dass sich ein Stadtbild naturgemäß ständig fortentwickelt, dass es in Pfaffenhofen deshalb nicht mehr viele wirklich historische Gebäude gibt. Der Grundsatz der
Architekturlehre, dass ein neues Gebäude auch neu aussehen müsse, führt zu Konflikten bei der Einfügung in den Ensemblecharakter der Innenstadt. Obereisenbuchner ist der Ansicht, dass sich die Denkmalpflege nicht allein auf den Erhalt des Bestehenden zurückziehen darf, sondern auch die Gestaltung der Neubauten bewerten muss, da diese Teil der zu schützenden Einheit sind. Sie freut sich, dass die Stadt Pfaffenhofen mit der Gestaltungsfibel einen positiven Rahmen für die Entwicklung von Neubauten vorgibt.
Sie zitiert Professor Dr. Wolfgang Sonne, den Inhaber des Lehrstuhls Geschichte und Theorie der Architektur an der TU Dortmund. Er sagt: "Die Forderung nach zeitgenössischem Bauen ist ebenso verbreitet wie unbegründet.... Ist der Glaube an die permanente notwendige Veränderung der Architektur und an die damit verbundene Irrelevanz historischer Bauerfahrung für die zeitgenössische Baupraxis erst einmal ausgeräumt, so kann man sich auch zugestehen, wie zahlreich und fundamental auch heute die Anregungen aus der Architekturgeschichte sind."
Die Pfaffenhofener Architektin schlägt vor, beim Bauen im historischen Kontext eine Pause einzulegen mit der hektischen Suche nach immer Neuem und sich statt dessen wieder an Traditionen zu orientieren. Der Architekt sollte sich vor der Planung eines Neubaus mit der Rolle des Bauherrn in der Stadtgemeinschaft befassen, mit seiner Haltung gegenüber den Nachbarn
und gegenüber der historischen Gedankenwelt einer Kleinstadt. Auf dieser Grundlage wurde der Entwurf für die Frauenstraße 3 entwickelt. Das Gebäude greift bewusst Gestaltungselemente der Nachbargebäude auf. Die Architektin betont, dass es nicht aus vorgefertigten Bauteilen
zusammenmontiert, sondern rein handwerklich entstanden ist.
Von den Zuhörern wird dieses Gebäude als vorbildlich für das Bauen in der Pfaffenhofener Innenstadt bezeichnet. Allerdings wird vermutet, dass es von der Denkmalschutzbehörde am Hauptplatz nicht genehmigt worden wäre. Dort soll sich ein Neubau "zurückhalten", was nach
Meinung vieler Anwesender zu Gebäuden führt, die gerade wegen ihrer Kahlheit besonders abstechen.
Zur Illustration verschiedener Herangehensweisen an das Bauen im historischen Bestand zeigt Rita Obereisenbuchner Bilder fünf ganz unterschiedlicher Bauprojekte: Nach der Beschädigung durch eine Bombe wurde die Lücke in der Alten Pinakothek München durch unverputzte
Ziegelmauern geschlossen, so dass die "Verwundung" erkennbar blieb. Der Wiederaufbau erfolgte nach einem Konzept von Hans Döllgast.
Das "Neue Museum" in Berlin wurde von David Chipperfield nach dem Konzept der "ergänzenden
Wiederherstellung" wieder aufgebaut, wo nötig mit Sichtbeton aus farbigem Marmor. Das Kolumba-Museum in Köln integriert romanische Ruinen und eine Kapelle aus den 50-er Jahren in einen ganz
ungewöhnlichen Neubau von Peter Zumthor. In der Barockstadt Eichstätt kontrastieren nüchterne Neubauten von Karljosef Schattner mit den alten barocken Formen, während im Frankfurter Dom-Römer-Areal mit in moderner Bauweise alte Fassaden imitiert werden sollen, was die Architektin eher kritisch sieht und vor einer Architektur à la Disneyland warnt. Die Meinungen der Zuhörerschaft über den ästhetischen Eindruck der letzten beiden Beispiele tendierte leicht zu historisierendem Bauen.
In der Diskussion meldete sich ein Besitzer von drei Baudenkmälern zu Wort. Er berichtete über Probleme mit verschiedene Behörden, die nicht Hand in Hand arbeiten, so dass sich Genehmigungsprozesse extrem lange hinziehen, und er klagte über spärliche finanzielle Förderung. Es wurde festgestellt, dass das Landesamt für Denkmalpflege nicht über ausreichend Geld für Zuschüsse verfügt, dass es unterbesetzt ist und rasche der personelle Wechsel sich negativ auswirkt.
Der höchst informative Abend machte deutlich, dass den Bürgern im Landkreis Pfaffenhofen die Erhaltung historischer Bauten sowie die Orientierung benachbarter Neubauten an den traditionellen Formen in dringendes Anliegen ist.
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