Tränen vor Lachen - und Rührung
(Wolnzach, rt)
Das ist einer, der wahrlich kein Blatt vor den Mund nimmt: Musikkabarettist Christoph Weiherer alias "Da Weiherer". Mit seinem Programm "A Liad, a Freiheit und a Watschn" trat er im Wolnzacher Hopfenmuseum vor knapp 100 Zuschauern auf und polterte, ironisierte, krawallte bis er am Ende eine Überraschung präsentierte, nach der so mancher die Gefühlstränen nicht mehr halten konnte.
Die langen Haare des Weiherer erinnern an vergangene Zeiten, als sie für Anarchie und Protest standen. Irgendwie lässt der 34-Jährige diese Zeit auch wieder auferstehen und ist dabei ganz aktuell, wenn er mit Wortgewalt die Oberflächlichkeit, Verlogenheit und Widersprüchlichkeit auf dieser Welt nicht nur anprangert, sondern sie regelrecht angreift. Sein Feindbild ist schnell ausgemacht: die CSU. Aber nicht nur sie bekommt ihr Fett ab, vorm Weiherer ist nichts und niemand sicher. Die Banker nicht, die Atomlobby nicht und auch die Datensammler nicht. So fordert "Da Weiherer" mit aller Konsequenz alle dazu auf, im Supermarkt nach der Postleitzahl gefragt, die 25541, jene von Brunsbüttel, zu nennen. Alle Marketingmaßnahmen würden sich früher oder später nur noch auf die Schleswig-Holsteinische Stadt konzentrieren. Buttons hat der Künstler dafür machen lassen, Einkaufstaschen und T-Shirts. Die konnten das Publikum gleich vor Ort erstehen, was es dann tatsächlich auch rege machte.
Dass man bestimmte Wörter wie etwa Neger oder Zigeuner aus politischer Korrektheit nicht mehr sagen dürfe, werfe mitunter schwerwiegende Fragen, insbesondere beim Studium der Speisenkarte auf: "Was ist mit dem Zigeunerschnitzel, dem Jägerschnitzel oder gar dem Kinderschnitzel ...?"
Und sei denn überhaupt schon mal jemanden aufgefallen, dass mit farblich markierten Hinweisen versehene Gerätschaften bei Grün alles passe, Rot für Gefahr stünde, bei Schwarz eh alles hin sei und die Farbe Gelb überhaupt nicht vorkomme? Diese Beispiele sind noch aus der harmloseren Kategorie gegriffen, doch "Da Weiherer" konnte auch deftiger und dabei immer sozialkritischen Dampf ablassend ob der Ungerechtigkeit in dieser Welt. Die Leute waren begeistert und kam stellenweise beinahe aus dem Lachen nicht mehr heraus.
Am Ende, nach über zweieinhalb Stunden reiner Spieldauer - auf der Bühne des Hopfenmuseums muss es ihm wirklich gefallen haben - inklusive einem ganzen "Zugabenblock", dann die Überraschung: Weiherer stieg hinab von der Bühne, setzte sich zum Publikum und begann "unplugged" ein Lied anzustimmen mit dem Tenor, dass eigentlich doch alles nicht so schlimm sei. Das allerdings war dann derart berührend, dass dem einen oder anderen glatt die Tränen in die Augen schossen.
Diesen Spagat zwischen bissigem Spott einerseits und dem Vorstoß in die Tiefe der Gefühle muss ein Künstler erst mal schaffen. Der Weiherer kann's, das hat er mit Bravour gezeigt.
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