Bayern und seine traditionell-jungen Klischees
(Wolnzach, lil)Unter dem Motto „Strizzis, Lackl’n Goaßlschnalzer“ lädt das Deutsche Hopfenmuseum bis zum 25. Januar zur Sonderausstellung „Bayernbilder und volkstümliche Unterhaltung“ ein. Vorgestellt wird dabei aber nicht nur das typisch-bayerische Image des bodenständigen, zünftigen und biertrinkenden Raufboldes, sondern auch, wie es eigentlich – vor gar nicht allzu langer Zeit – zu dieser klischeehaften Vorstellung des heutigen Freistaat-Bewohners kam.
Trachten, Volksmusik, Erdverbundenheit, Biere, Jodeln, Berge – all diese Begriffe prägen das Bild des Bayern, das heute auch weit über deutsche Landesgrenzen hinaus bekannt ist. Der Deutsche? Das ist im Ausland nicht selten ein stämmiger Bursche in Trachten mit Maßkrug und Brezl in der Hand. Doch wie traditionell und historisch dieses Image auch wirken mag, es ist weitaus jünger, als manch einer vermutet. „Man kann die Entstehung dieser Klischees zeitlich ziemlich genau eingrenzen, nämlich auf Ende des 19 Jahrhunderts“, erklärte Dr. Christoph Pinzl, Leiter des Deutschen Hopfenmusems.
Ausschlaggebend waren dabei verschiedene Faktoren, unter anderem die Darstellung des Bayerischen in den Medien. „Vieles wurde damals über die volkstümliche Unterhaltungsbranche geprägt“, fügte Dr. Pinzl an. Zunächst auf den Volksbühnen, im Radio und später im Fernsehen stellte man die Naturverbundenheit der Bayern und ihre Liebe zu den Bergen in den Vordergrund. Oftmals wurde das Wandern und Bergsteigen, die „heile Welt“ in den Heimatfilmen der 50er Jahre dargestellt, denn man wollte sich vom propagandistischen Bild des Bauern aus dem Dritten Reich distanzieren, das Schöne thematisieren und den Krieg hinter sich lassen. „200 bis 300 Jahre zuvor hatte allerdings kein normaler Bayer das Bedürfnis, auf einen Gipfel zu steigen, im Gegenteil, die Natur galt als gefährlich“, so Dr. Pinzl. Doch Industrialisierung und Landflucht trugen schließlich auch zu einer Rückbesinnung auf das Ursprüngliche sowie zur Romantisierung der Alpenkulisse bei.
Ebenso ist die Tracht, die heute auf besondere Weise mit Tradition assoziiert wird, kein Überbleibsel aus längst vergangenen Zeiten. Erst 1850 wurde das bayerische Nationalkostüm erfunden, um das junge Königreich aus Altbayern, Franken, Schwaben und Pfälzern trotz hoher Differenzen zu einen. Durch die zunehmende Globalisierung lernten die Bayern aber nicht nur, Tracht und Tradition sich selbst zu eigen zu machen, sondern auch, gegenüber Touristen vorzuführen. So verfestigte sich das heutige Bild des zünftigen Trachtenrägers und Biertrinkers. „Das alles hat natürlich einen wahren Kern, wo aber dessen Grenzen sind, was erfunden, was überspitzt wurde, das kann man heute nicht mehr sagen. Fest steht aber, dass man die Art und Weise, wie man sich gab, über die Zeit auch selbst für wahr und als urbayerisch empfunden hat“, stellte der Leiter des Hopfenmuseums weiterhin fest. Wer also mehr darüber erfahren möchte, ab wann Weißwurst und Bier erst wirklich zu Bayern gehörten, ist bei der Sonderausstellung genau richtig.
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