Anfänge der Nazidiktatur in Pfaffenhofen an der Ilm
(Pfaffenhofen, mh)
Der Autor und Heimatforscher Reinhard Haiplik referierte auf Einladung der VHS Pfaffenhofen über sein Buch „Pfaffenhofen unterm Hakenkreuz“. Wie konnte es in einer kleinen Stadt wie Pfaffenhofen dazu kommen, dass die NSDAP bei den Reichstagswahlen 1933 mit 43,1 Prozent das beste Ergebnis in Oberbayern erzielte.
Zwanzig Jahre, nachdem vom damaligen Bürgermeister Hans Prechter (CSU) an gleicher Stelle, im Saal des Rentamts Pfaffenhofen, die Idee und der Auftrag zu dem Buch „Pfaffenhofen unterm Hakenkreuz“ entstand, sitzt Haiplik wieder hier und erzählt. Viel ist passiert seit der ersten und zweiten Auflage, die übrigens komplett vergriffen sind. Der jetzige Bürgermeister Thomas Herker hat nach der Eröffnung des Denkmals für die Opfer der Nationalsozialismus im vergangenen Jahr die erneute Überarbeitung und Neuauflage mit den Themen der Denkmalgeschichte angeregt.
Die Anfänge der Nazidiktatur in Pfaffenhofen an der Ilm, das Thema dieses Abends, werden womöglich genauso darin ihren Niederschlag finden, wie andere neu dazu gekommene Geschichten über dieses dunkle Kapitel, nicht nur der Pfaffenhofener Geschichte. Zu dem momentan hochaktuellen Film über den Hitlerattentäter Georg Elser könnte auch die Geschichte eines Niederscheyerer Bürgers passen, der im Zuge der Ermittlungen verhaftet und ermordet wurde.
Reinhard Haiplik bemüht erneut den Heimatdichter Joseph Maria Lutz, der 1928 mit seinem Roman „Der Zwischenfall“ die Stimmung im kleinbürgerlichen Pfaffenhofen beschreibt. Das „Mia san mia“ der Honoratioren, das Misstrauen allen Fremden gegenüber, die Ausgrenzung und Diffamierung des Dichters im Stück, der Ruf nach der Obrigkeit, das Versagen von Kirche und Presse. Wohlgesagt 1928, da hatte die NSDAP gerade mal 2,6% bei der Reichstagswahl und empfindliche Verluste erlitten. Noch 1922 gehörten in Pfaffenhofen zehn Leute der NSDAP an, eine Ortsgruppe wurde gegründet und Adolf Hitler trat im selben Jahr erstmals im vollbesetzten Müllerbräusaal auf. Beim Hitlerputsch 1923 sollen 18 Pfaffenhofener mitgemacht haben, die Geschichte von der Fahrt nach München im Brauereilastwagen und dem kläglichen Scheitern des Putsches, auch in Pfaffenhofen, würde fast ein eigens Theaterstück ergeben.
Antisemitische Tendenzen und der Hass auf alle „Sozis“, gefördert durch das streng konservative Amtsblatt des königlichen Bezirksamts, bereiteten den Boden für den die Saat aufging, so Haiplik. Bis zur Räterepublik reicht sein Rückblick, der Judenhass war keine Erfindung der Nationalsozialisten. Revolutionäre Ideen, vor allen wenn sie von Links kamen, fanden in Pfaffenhofen keinen Widerhall.
Wie die Nationalsozialisten schon vor der Machtergreifung systematisch und skrupellos ihre Macht festigten und ausbauten, wie sie wichtige Schlüsselpositionen in Verwaltung, Gerichten und Polizei besetzten, politische Gegner verhafteten und manche von ihnen in die Konzentrationslager verschleppten, viele Ereignisse dieser Zeit zitierte Reinhard Haiplik aus seinem Buch. Die Antwort auf das „Warum gerade Pfaffenhofen?“ ist nur zu erörtern, nicht zu beantworten. Die dritte Auflage wird viele Details mehr zu der braunen Vergangenheit liefern und wird, vor allen Dingen, verfügbar sein.
p.s.
Gegen das Vergessen und für mehr Bewusstsein:
Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Pfaffenhofen offiziell übergeben
LINK http://www.pfaffenhofen.de/pres.phtml?La=1&FID=310.5656.1&La=1
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