Landrat zeigt die Richtung auf
(Pfaffenhofen / Manching, rt)Pfaffenhofens Landrat Martin Wolf während seines ausführlichen Grußwortes auf der Gewerbemesse in Manching.
Für den Anlass war es ungewöhnlich lang, eher ungewöhnlich war auch, dass sich der Kreischef, anstatt wie sonst üblich, frei zu sprechen, eines Manuskripts bediente: Das am vergangenen Freitag von Pfaffenhofens Landrat Martin Wolf (CSU) gesprochene Grußwort zur Eröffnung der 20. Manchinger Gewerbemesse zeigte inhaltlich in aller Deutlichkeit den Kurs an, den Wolf die kommenden Jahre in seinem Verwaltungsbezirk mit über 122.000 dort lebenden Menschen verfolgen will. Sein Weg, der ja bekanntlich auch vor der Landratswahl 2017 zu gehen sein wird und zugleich Balanceakt ist: Der Landkreis soll sich weiterhin als Wirtschaftsstandort profilieren, den Freizeitbedürfnissen der Menschen gerecht werden und dabei als Heimat identifizierbar bleiben. Ob und wie das gelingt, darüber darf trefflich spekuliert werden.
Der Landkreis habe sich in den vergangenen Jahrzehnten von einem reinen Agrarstandort hin zu einem kombinierten Agrar- und Industriestandort entwickelt, konstatierte Wolf. Erfreulich dabei sei, dass sich dabei die Landwirtschaft als eine zukunftsorientierte Branche behaupte. Dazu zählte er insbesondere die Spezialkulturen Hopfen und Spargel oder auch hochspezialisierte Ackerbau-, Rinder- und Schweinehaltungsbetriebe. Vor diesem Hintergrund griff der Landkreischef das Ranking für 2014 des Fachmagazins Focus Money (www.money.de/landkreistest) auf, das auf der Grundlage von sieben Wirtschaftsparametern Pfaffenhofen deutschlandweit auf Rang 25 von 387 Landkreisen ausweist, während der Landkreis in Bayern an Stelle 15 und damit noch vor Dachau (16) , München-Land (17) oder Eichstätt (18) steht.
„Im Vergleich zu 2013 überzeugt der Landkreis mit einer unverändert niedrigen Arbeitslosenquote, bei diesem Kriterium liegen wir auf Rang 2 von 387 und zudem punktet Landkreis mit einer nochmal verbesserten Erwerbstätigenquote.“ Auch das verfügbare Einkommen je Einwohner für den privaten Konsum sei merklich gestiegen: „Unsere Erwerbstätigen verfügen über das höchste verfügbares Einkommen in der Region 10. Das heißt, die Wirtschaftskraft kommt bei den Menschen unmittelbar an.“
Siedlungspolitik: Mehr auf weniger Fläche
Doch auch andere Regionen strengten sich bei der Sicherung des Wohlstandes für ihre Menschen ebenfalls an. „Auf- und Überholen ist ein zäher und mühseliger Prozess, nicht Zurückfallen ist eine Daueraufgabe und die Märkte wollen jeden Tag erobert werden“, so Wolf. Für seine Politik ziehe er deshalb mehrere Schlüsse, „um den Wettbewerb mit unserem Landkreis auch künftig bestehen zu können“: Weiterhin müsse ein unternehmer- und gründerfreundliches Klima im Landkreis herrschen, dem die Kommunalparlamente in den Gemeinden vorangehen sollten. Fachverwaltungen sollten mitziehen und auch die Bürger in diesem Prozess zulassen. „Ich meine hier kein Durchwinken von Vorschlägen, sondern ein lösungsorientiertes Herangehen bei Konflikten.“ Wachstum für Gewerbe und Wohnen sei weiterhin zu ermöglichen; man dürfe nicht in eine Blockadehaltung verfallen. „Gleichzeitig wird Fläche bei uns immer knapper und immer teurer; dies erfordert künftig noch mehr Planungsanstrengung, etwa mit interkommunaler Abstimmung, mit kreativen flächensparenden und naturschonenden Lösungen.“ Wolf versucht hier den Spagat zu schaffen, einerseits das Gefühl von Heimat zu bewahren, andrerseits aber auch wirtschaftliche Interessen zu befriedigen. Dies wird freilich nur mit Kompromissen zu schaffen sein. „Wenn wir nicht zurückfallen wollen, werden wir im Gebiet IngolstadtLandplus weiter Flächen für Gewerbe, Wohnen und für Infrastruktur bereitstellen müssen.“ Das mache vielen Menschen Angst. „Es wird uns eine besondere Anstrengung abverlangen, bei weiterem Flächenverbrauch einen liebens- und lebenswerten Landschaftsraum zu bewahren. Wir brauchen noch mehr Augenmerk auf die Gestaltung von Siedlungs- und Grünräumen, auf die effizientere Nutzung der knappen Fläche. Spätestens hier deutet der Landrat wohl auch eine sich künftig verändernde Haltung in der Siedlungspolitik an, die zwangsläufig darauf hinauslaufen wird, mehr Wohnraum auf weniger Fläche zu schaffen.
Dauerbrenner Fachkräftemangel
Der Mangel an Fachkräften treibt Wolf ebenfalls herum: „Wir dürfen nicht weiter darüber klagen, sondern müssen Angebot und Nachfrage besser zusammenbringen.“ Der aktuelle Bildungsbericht der
Bundesregierung weise aus, dass es aktuell 37.000 unbesetzte Lehrstellen und gleichzeitig 20.000 unvermittelte Lehrlinge gebe. Für die Region 10 bedeute dies 1.850 unbesetzte Stellen, 1.200 unversorgte Bewerber und im Landkreis Pfaffenhofen 370 unbesetzte Lehrstellen und gleichzeitig 270 unversorgte Bewerber. „Wir haben noch zu wenig Antworten auf dieses Dilemma und die Bundesregierung stellt noch einmal Finanzmittel zur Verfügung, für Berufsorientierung, Berufsbegleiter und ähnliches.“ Deshalb sei es notwendig, sich auch im Landkreis noch einmal konzertiert auf Lösungssuche zu begeben, um Antworten zu geben auf Fragen, wie beispielsweise Lehrlinge ohne Führerschein zur Lehrstelle kämen. „Wir haben Diskobusse, aber wir haben keine Ausbildungsbusse!“
Doch auch eine stetig zunehmende Zahl arbeitswilliger Flüchtlinge gilt es, unterzubringen. Diese Aufgabe wird sich angesichts eines unverminderten Zustroms von Asylbewerbern bereits in naher Zukunft noch sehr viel deutlicher stellen. „Hier gibt es bereits eine Reihe von vielversprechenden Einzelinitiativen, beispielsweise von unserem Wirtschaftsbeirat, vom Förderverein berufliche Schulen, von der Berufsschule selbst, von Jobcenter und Arbeitsagentur oder auch von der Kreishandwerkerschaft.“ Dennoch scheine es notwendig, dass alle noch stärker an der großen gemeinsamen Linie arbeiteten, um den Menschen ganz unmittelbar zu helfen und sie ihr Potential noch besser für den Standort einsetzten. „Zusätzlich brauchen wir eine Willkommenskultur für mögliche Partner, die wir mit unserem Standortmarketing in die Region hereinholen wollen.“ Bei Wolfs Chinareise im März zeigte sich ja, wie wichtig internationales Zusammenarbeiten ist. Diese sei aber nur möglich, „wenn wir Ansiedlungsflächen, Wohnungen und eine kulturelle Betreuung für möglichen Partner anbieten können, wenn wir dafür in der Region ein gemeinsames Konzept aufstellen.“
Pfaffenhofen - ein Transit-Landkreis
Wolf stellte fest: „Wir sind bereits jetzt ein Transit-Landkreis“. Deshalb müsse bei weiter steigendem Verkehrsaufkommen für reibungslose Verkehrsflüsse gesorgt und die Bürger gleichzeitig vor Lärm und Gestank geschützt werden. Wesentliche Verkehrsprojekte seien der weitere Ausbau der B16, die Umsetzung von Umgehungsstraßen an der B13, der zügige 4-streifige Vollausbau der A9 von Eching bis zum Dreieck Holledau und das Festhalten an der Umsetzung einer Autobahnausfahrt Bruckbach, „einschließlich der allseits notwendigen begleitenden Lärmschutzmaßnahmen.“ Neu hinzu komme die Herausforderung, Verkehrskonzepte in der gesamten Region Ingolstadtlandplus abzustimmen: Die Straßenführungen nach Ingolstadt und um Ingolstadt herum, der gemeinsame ÖPNV sowie ein Ausbau der Bahnstationen mit Park&Ride-Systemen sowie Buszubringersystemen. Die Umsetzung eines Bahnhaltes im Audi-Werksgelände stehe unmittelbar auf der Tagesordnung.
„An Zukunftsaufgaben wird es uns nicht mangeln, doch gleichzeitig können wir mit großem Optimismus an die genannten Aufgaben herangehen“, fasste Wolf zusammen. Eine überragende Wertschätzung für „Made in Germany“, das im Wesentlichen an fünf Eigenschaften – fleißig, verlässlich, korruptionsfrei, qualitätsorientiert, umweltorientiert - festgemacht werde, habe er aus seinem Chinabesuch mit nach Hause genommen. „Wenn wir an diesen Tugenden festhalten, muss uns um unsere Zukunft nicht bange sein.“
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