Ausländerbeirat hätte viel zu tun
(Pfaffenhofen, rt)Großes Interesse fand die vom Verein "Freundschaft mit Valjevo" angestoßene Diskussion zur Gründung eines Ausländer- und Integrationsbeirates in Pfaffenhofen.
Angesichts eines derzeit bis zu zwölfprozentigen Ausländeranteils in Pfaffenhofen, der künftig noch weiter steigen werde, hält es Bernd Duschner, Vorsitzender des Vereins „Freundschaft mit Valjevo“, für unumgänglich, in der Kreisstadt einen Ausländer- und Integrationsbeirat einzurichten. Eine Impulsveranstaltung gab es dazu am vergangenen Freitag. Gleichzeitig prangerte Duschner die Stigmatisierung von Asylbewerbern an, die in Wohncontainern untergebracht werden und bediente sich dazu eines krassen Vergleichs.
Vor über Hundert Teilnehmern der Diskussionsveranstaltung im Hofbergsaal sagte Duschner: „Es ist Zeit, dass die ausländischen Mitbürger eine Vertretung bekommen, die den Stadtrat unterstützt .“ Die Asylpolitik werde immer repressiver und damit einhergehend würden viele Asylsuchende etwa dem Dublin-Verfahren auch wieder zurückgeführt werden in ihre Herkunftsländer. „Das sind tragische Fälle“, so Duschner, der beispielhaft mehrere derartige Vorgänge aufführte. Es sei deshalb wichtig, „Repräsentanzen zu schaffen, die diese Dinge in die Öffentlichkeit trägt.“ Unabhängig davon bescheinigte er dem im Landkreis seit geraumer Zeit eingerichteten „Runden Tisch Asyl“, dass er sehr gut arbeite. Trotzdem habe ein Ausländer- und Integrationsbeirat „ein anderes Gewicht.“
Wohn-Container als Judenstern-Stigma
Als eines der gravierenden Probleme stellte sich auf Nachfrage im Publikum die Wohnungssituation und damit eines der Aufgabenfelder eines künftigen Beirates heraus. Duschner zog dazu einen drastischen Vergleich zur Zwangskennzeichen von Juden im nationalsozialistischen Regime Deutschlands: „Container sind untragbar, dann können sie den Leuten gleich einen Judenstern anhängen!“
Lütfiye Yaver und Hamado Dipama erzählten aus der Beiratspraxis.
Als beispielhaft, wie Asylbewerber würdig untergebracht werden können, nannte Lütfiye Yaver das „Putzbrunner Modell“. Yaver ist Vorsitzende des Ausländer- und Integrationsbeirats Erlangen und wie der ebenfalls referierende Hamado Dipama, Ausländerbeirat München und Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrates, im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Ausländer-, Migranten- und Integrationsbeiräte Bayerns (AGABY). Das Putzbrunner Asylbewerberheim in Leichtbauweise sei vom Landkreis München errichtet und an die Regierung von Oberbayern vermietet worden. Presseberichten zufolge soll es sich dabei um hochwertige Gebäude handeln, die gute Lebensbedingungen bieten. In Pfaffenhofen seien noch genügend unbebaute Flächen vorhanden, stellte Yaver fest. „Kommunen haben vergessen, bezahlbare Sozialwohnungen zu bauen.“
30-Millionen-Programm und ein Skandal
Stadtrat und Ausländerreferent Reinhard Haiplik (ÖDP) verwies auf die jüngst beschlossene 30-Millionen-Investition der Stadt in den Sozialwohnungsbau. Darüberhinaus werde es eine Halbtagesstelle geben und ein Budget geschaffen, um der Situation der Migranten „ein bisserl gerechter zu werden.“ Haiplik stellte fest: „Es ist in letzter Zeit zu wenig getan worden.“
Als „ sehr schlimm“ bewertete es Dipama, als aus dem Besucherkreis moniert wurde, dass sich ein einem Fall aus dem Landkreis acht Personen einen kleinen Raum teilen müssten. An diesem Beispiel zeige sich, dass ein Ausländer- und Integrationsbeirat „dringend notwendig“ sei. An Grenzen stoße dieser jedoch auch.
Im hiesigen Landkreis lebe - so ein weiteres Beispiel - ein Asylbewerber bereits seit zwei Jahren, ohne dass er von der zuständigen Behörde angehört wurde. „Ein Skandal ohnegleichen“, nannte Duschner das und Dipama sah darin wiederum einen Beleg dafür, wie notwendig der Beirat sei. In München habe dieser gezeigt, dass er „viele Möglichkeiten hat, Abschiebungen zu verhindern.“ Yaver machte jedoch darauf aufmerksam, dass der Beirat kein Garant dafür sei, dass es künftig überhaupt keine Abschiebungen geben werde.
Personelle und finanzielle Ressourcen notwendig
„Grundvoraussetzung ist der Dialog auf Augenhöhe“ machte Yaver deutlich, als es um die Basis zur Installation eines Ausländer- und Integrationsbeirats ging. Mit ihm sollten die Selbstorganisation und die Kompetzenz der Migranten gefördert werden. Zudem könnte er bereits bei der künftigen Städteplanung mit dabei sein und damit gewissen Einfluss nehmen. Bereits bestehende, beratende Institutionen könnten den Beirat nicht ersetzen, „damit werden die Probleme nicht gelöst“, ergänzte Dipama. Am Beispiel Münchens erklärte er, dass sich der dortige Stadtrat selbst verpflichtet habe, den Beirat um entsprechende Stellungnahmen zu bitten und „wir haben das Recht, selber Anträge beim Stadtrat zu stellen.“ Die Rolle der Migranten werde von passiven Maßnahme-Empfängern hin zu aktiv wirkenden Teilnehmern bewegt. Dipama verwies darauf, dass der Beirat in der Landeshauptstadt jährlich 120.000 Euro zur freien Verfügung gestellt bekommen habe und es auch notwendig sei, ihn demokratisch zu wählen. „Die Legitimation spielt eine große Rolle“. Von der Stadt benannte Beiräte würden von der Bevölkerung oft nicht akzeptiert. Yaver machte darauf aufmerksam, dass der Beirat eine Geschäftsstelle mit einem dort dann angestellten Ansprechpartner brauche.
Pfaffenhofen soll sich entscheiden
Der AGABY nach können Ausländerbeiräte effizient arbeiten, wenn sie die ethnische, soziale und kulturelle Heterogenität der Migrantenbevölkerung widerspiegeln, über genügend Autonomie, finanzielle und personelle Ressourcen verfügen.
Landratsamts-Abteilungsleiter Nikals Hafenrichter erklärte, dass er sich eine Ausweitung des Ausländer- und Integrationsbeirats, sofern er denn in der Kreisstadt komme, auch auf den Landkreis vorstellen könne. Nun ist also Pfaffenhofen am Zug: „Die Stadt muss signalisieren, wir machen es – dann kann es ihn auch im Umgriff des Landkreises geben“, so Yaver.
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