Asyl – wo geht die Reise hin? Teil 3: Das sagen die Bürger
(Pfaffenhofen, rt)
Dem Thema „Asyl – wo geht die Reise hin?“ galt der Bürgerdialog, zu dem die Pfaffenhofener CSU am vergangenen Montag ins Gasthaus „Pfaffelbräu“ eingeladen hatte. Der Landtagsabgeordnete Karl Straub und Pfaffenhofens Landrat Martin Wolf (beide CSU) erläuterten den aktuellen Stand zum Thema Asyl und standen den rund 50 Teilnehmern Rede und Antwort. Florian Schranz, der Ortsvorsitzende des CSU-Ortsverbandes Pfaffenhofen, wies einleitend darauf hin, dass es sich um ein sensibles Thema handle und seitens der CSU die „beste Versorgung“ der Flüchtlinge“ gewollt werde.
Im dritten und damit letzten Beitragsteil stehen die Bürgerkommentare im Vordergrund, dazu gibt es Anmerkungen von Straub und Wolf.
Eine Zuhörerin wollte wissen, wie lange Asylbewerber in den Turnhallen bleiben werden und wie deren Perspektive dort ist. Straub dazu: „Bei abgeschlossenem Asylverfahren und nach Anerkennung ist man sogenannter Fehlbeleger, dürfte dort auch nicht mehr bleiben, müsste aus der Turnhalle raus und eine Wohnung bekommen.“ Die Wohnungen allerdings würden fehlen. Für das gesamte Bayern gehe er davon aus, dass es eine „sehr, sehr lange Zeit“ sein werde, in der die Turnhallen belegt sein würden. Die Unterbringung dort halte er für eine Katastrophe, möglich seien noch Container im großen Stil, dies sei jedoch kostenintensiv und aufwändig. Für 30 Asylbewerber benötige man 20 Container samt dem entsprechenden Grund dazu. Dort stoße man dann ebenfalls schnell an Grenzen. Wolf stellte klar: „Wir werden eine Reihe von belegten Turnhallen haben.“ Dies sei kein guter Zustand und man werde mittelfristig „die Menschen anders unterbringen müssen.“
Das Leben wird sich verändern
Eine weitere Wortmelderin appellierte, die Schulkinder darüber aufzuklären, was es bedeute, wenn Turnhallen mit Asylbewerbern belegt würden. Wolf sah darin einen guten Ansatz, Bildungsarbeit mit den Schülern zu machen, andererseits brauche man ständige Ansprechpartner auch für die Lehrer. „Wir werden Menschen brauchen, die sagen, o.k., wir improvisieren und wir nehmen in Kauf, dass sich unser Leben in dem Bereich verändert.“
Landrat Martin Wolf: „Winden am Aign ist überall“
Pfaffenhofens GfG-Stadtrat Manfred „Mensch“ Mayer forderte andere Lösungen anstelle von Turnhallen. „Diese Turnhallenproblematik ist wirklich Zündstoff“, komme dies, so werde es „großes Konfliktpotenzial“ in der Bevölkerung geben. Es bedürfe eines Notfallplanes, demnach sofort damit begonnen werden sollte, ein „größeres Bauprojekt anzufangen, in relativ schneller und trotzdem solider Bauweise“ für alle Bedürftigen. Beispiele dafür gebe es bereits in anderen Städten.
Straub wies in diesem Bezug darauf hin, dass der Prozess hinsichtlich eines entsprechend umfangreichen Sozialen Wohnungsbaus politisch in kurzer Zeit nicht durchzusetzen und damit unrealistisch sei. Selbst wenn jetzt die Mittel da wären, könnten die Vorhaben an fehlenden Grundstücken scheitern. Auch Wolf griff die Anregung Mayers auf, wies aber darauf hin, dass man dazu mit den Bürgermeistern der Landkreisgemeinden einen Konsens brauche: „Das werden dann größere Einheiten sein und dann muss sich jede Gemeinde fragen – wie das jetzt schon mit Containern ist -, wo stelle ich die hin.“ Dann werde es Diskussionen geben, wie das in Winden am Aign unlängst der Fall war. „Winden am Aign ist (dann) überall“, so Wolf. Die Frage stelle sich dann aber auch: „Wo mache ich es und in welchem Umfang mache ich es und wer fängt an.“
Helfer-Modus gefragt
Die generelle Frage des Asylbewerberzustroms müsse aber unabhängig davon „in Berlin beantwortet werden.“ Dennoch wolle er nicht, dass die Bürger entmutigt sind. „Wir müssen sicherlich … ein bisschen mehr auf Helfer-Modus umstellen.“ Auch auf kommunalpolitischer Ebene werde einiges getan. „Wir bringen das schon hin, wenn niemand die Nerven verliert und wir alle zusammenhelfen einschließlich der Asylbewerber und der Flüchtlinge.“ Eine tolle Erfahrung sei auch, dass man bisher, entgenen vielerlei Befürchtungen, keinen gravierenden Fall von Kriminalität in diesem Bereich habe.
Wer an der Macht ist, kassiert ab
Altlandrat Rudi Engelhard (CSU), der jedes Jahr gewisse Zeit im afrikanischen Namibia lebt, sagte: „Wir diskutieren am hinteren Ende der Kausalkette.“ Es sei deutlich zwischen Flüchtling und (Arbeit suchenden) Zuwanderern zu unterscheiden. „Über Unterbringung in Zelten werden wir uns nicht mehr unterhalten müssen, wenn die Zuwanderung so weitergeht. Es ist nicht zu händeln.“ Die Welt sehe zu, wenn Schleuserbanden in nicht seetüchtige Boote arme Flüchtlinge setzten, sie zehn Kilometer außerhalb der Seegrenze brächten und das Militär sie dort auffange. Die Boote würden wieder zurückgeschickt und alles fange wieder von vorne an. „Das ist kriminelle Energie!“
Schuld an dem Zustand seien mafiöse Strukturen, die immer weiter ausgebaut worden seien. Der Grund, aus Afrika zu flüchten, werde in der Presse des Kontinents lebhaft diskutiert. Dort stehe zu lesen, dass die Afrikaner ihre Probleme, noch bevor alle Menschen flüchteten, selbst in den Ländern lösen müssten. Engelhard beschrieb das System in den meisten Ländern Afrikas und Ozeaniens so: „Der an der Macht ist, kassiert ab, dem sind die normalen Bürger vollkommen wurst.“ Man brauche sich nicht wundern, dass die Menschen aus ihrer Heimat weg wollen. „So wie diese Menschen dort leben und behandelt werden, da ist die Unterbringung in einer Turnhalle ein Luxus-Appartement.“ Über Europa herrsche in Afrika zudem eine vollkommen falsche Vorstellung. „Unsere Aufgabe ist, die Lebensbedingungen der einheimischen Bevölkerung in den dortigen Ländern zu verbessern.“ Dies war auch die Meinung weiterer Wortmelder. Eine Dame gab aber zu bedenken, dass die Probleme Afrikas von hier aus nicht zu lösen seien. „Wir können doch nicht jedes korrupte Land nach dem anderen sanieren.“ Eine weitere Zuhörermeinung war, dass es in den Fluchtländern vor Ort notwendig sei drei Dinge zu schaffen: „Rechtssicherheit, Zugang zu Märkten und Bildung.“
Dauerhaft keine gute Lebensperspektive
„Diese Leute dürfen nicht mehr auf Schiffe steigen“, sagte Straub. „Wenn ich aus einem afrikanischen Land komme, wo ich ein Ablehnungsquote von 99,7 Prozent habe, (muss ich damit rechnen) dass ich in Deutschland keine dauerhaft gute Lebensperspektive haben werde.“ Die Einstufung eines Landes, ob es sich um Länder mit schutzbedürftigen Personen handle, sei übrigens Aufgabe vom Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR). „Ich entscheide nicht, ob eine Person einen Asylanspruch hat oder nicht; ich lehne auch keinen Asylantrag ab“, so Straub. „Wir werden europaweit keine Perspektive schaffen, indem wir sagen, alle Leute können zu uns kommen.“
Weltpolitik wird nicht im Landkreis Pfaffenhofen gemacht
Rettung von Flüchtlingen könne andererseits auch bedeuten, sie in ihren Heimathafen zurückzubringen, anstatt sie nach Europa zu verbringen. In ihrer Heimat selbst sollten sie „absolut jede Unterstützung“ bekommen, „die wir bieten können“. Selbst über eine Asylvorberatung werde mittlerweile in höheren politischen Ebenen gesprochen.
Bernd Duschner, Vorsitzender des Vereins "Freundschaft mit Valjevo“, schlug einen weiten weltpolitischen Bogen, der auch zeitlich über ein Jahrzehnt umfasste, um die Verantwortlichkeit anderer Länder und insbesondere Deutschlands für die Flüchtlingsproblematik darzulegen. Auf den Landkreis bezogen sagte Duschner, dass auch ihm die wachsende Zahl an Flüchtlingen Sorge bereite.
„Wenn wir es nicht schaffen, … adäquate Unterkünfte zu schaffen sondern sie separieren, wenn wir es nicht schaffen, ... Lebensperspektiven zu bieten, das heißt Arbeitsplatz, … Sprachhilfen, dann werden wir Brennpunkte, ganz große Brennpunkte bekommen.“ In Häusern untergebracht, würden Asylbewerber schneller integriert. Duschner sieht in der Masse der Flüchtlinge Menschen „ mit hoher Qualifikation, hoher Einsatzbereitschaft und sie können etwas leisten.“ Dies sei eine „Chance für die Gesellschaft“.
Straub forderte in einer zeitweise hitzig geführten Diskussion von Duschner die Aussage ein, wie viele Leute denn Deutschland seiner Meinung nach aufnehmen sollte. Aus Kriegsgebieten Einreisende würden ohnehin nicht abgeschoben und wenn die nicht anerkannten Asylbewerber auch hierbleiben könnten, so der Abgeordnete sinngemäß, was wolle er dann jenem Flüchtling antworten, der tatsächlich vor einem Krieg geflüchtet sei und nicht mehr hier aufgenommen werden könne, weil es zahlenmäßig einfach nicht mehr gehe. Diese Frage habe er noch nie beantwortet. Auch an jenem Abend tat er dies übrigens nicht, obgleich sie Straub vehement versuchte, einzufordern. Der Abgeordnete bekräftigte, dass niemand in ein Kriegsgebiet abgeschoben werde. „Wenn wir nicht anerkannte Asylbewerber rückführen könnten in ihre Heimatländer, hätten wir viel, viel mehr Platz für Leute, die tatsächlich gefährdet sind.“ Straub machte aber auch deutlich, dass es sich beim Thema Asyl um eine gesamteuropäische Aufgabe handle, machte aber gleichzeitig keine große Hoffnung, dass es in naher Zukunft zu einer Lösung kommen wird.
Schwelbrand in der Bevölkerung
Eine weitere Bürgermeinung war, es müssten die Ursachen (die zu Migration führen) bekämpft werden. „Druck nach oben“ müsste ausgeübt werden, um dies zu erreichen. Es könnte ferner hier vor Ort eine Art von Patenschaften für Asylbewerber geschaffen werden.
Vor dem Hintergrund nicht mehr weit entfernt liegender Bundestagswahlen, so ein weiterer Diskussionsteilnehmer, sei es fraglich, wie lange die Bürger noch „mitgenommen werden können“ in Sachen Asylpolitik der Bundesregierung. Es sei ein Schwelbrand in der Bevölkerung - und bricht erstmal ein Feuer aus, dann mache der Wähler sein Kreuz „ganz woanders.“
Deutschland dürfe nicht damit zögern, die Asylproblematik aktiv anzugehen, so Straub. Denn sonst könne es womöglich noch so weit kommen, dass Entscheidungen aus einer rechtsradikalen Ecke kämen. Und das dürfe nicht sein.
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