Transparenz sieht anders aus: Bürgermeister muss sich an seinen Wahlversprechen messen lassen.
(Pörnbach, rt)Transparenz und nachvollziehbare Entscheidungen versprach Pörnbachs Bürgermeister Helmut Bergwinkel noch im vergangenen Jahr vor seiner Wahl als Bürgermeister. Nun muss er sich daran messen lassen.
Dass der Tagesordnungspunkt „Sanierungsvorschläge der Kanalschächte entlang des Gewerbegebietes zur Kläranlage“ in der jüngsten Sitzung des Pörnbacher Gemeinderates derartigen Zündstoff bietet, das ahnte wohl zumindest von den Zuhörern niemand. Dabei geht es um ein offenbar verpfuschtes Bauwerk, das den Unmut nicht nur der Bürger hervorruft. Pörnbachs Bürgermeister Helmut Bergwinkel (FUW) vermied es sogar, in diesem Zusammenhang über den kritisch formulierten Antrag eines Gemeinderats abstimmen zu lassen und las ihn den Zuhörern erst gar nicht vor. Diese bemerkten dagegen eine unverhohlene Parteinahme.
Es geht um das vor wenigen Jahren errichtete Überlaufbecken am Pörnbacher Bauhof. Bei einer Rechnungsprüfung im Jahr 2010 stellte sich heraus, dass die bauausführende Firma Holl aus Burgheim den falschen Beton verwendet hat. Wilhelm Wipfler, Geschäftsführer der ebenfalls involvierten Pfaffenhofener Planungsgesellschaft WipflerPLAN erklärte damals, dass sein Büro bereits über Jahrzehnte zuverlässig mit der Firma Holl zusammengearbeitet habe und Fehler bei der Betonbestellung nur selten aufträten. Das Bauwerk musste daraufhin neu erstellt werden. Übersehen hat man aber offenbar, dass auch zehn Kanalschächte am Gewerbegebiet mit diesem Beton gebaut wurden. Dies und Mängel bei der gesamten Bauausführung prangern jetzt Bürger vehement an. Der Gemeinderat beschäftigte sich in seiner vergangenen Sitzung nun mit der Sanierung der Schächte, die ihm von Wipfler präsentiert wurde und gerade noch rechtzeitig im Rahmen des Gewährleistungsanspruches der Gemeinde gemacht werden soll.
Vertrauensverlust
Mindestens ein Teil des Pörnbacher Gemeinderates hat aufgrund der Vorgeschichte kein Vertrauen mehr in das Planungsbüro und die Baufirma und misstraut deshalb den präsentierten Lösungsvorschlägen. Dies wurde während der Debatte deutlich. Unverständlich blieb einem Teil der Zuhörer das Agieren des Pörnbacher Bürgermeisters, der nach der Sitzung von einem der Bürger deswegen gar als „Anwalt von WipflerPLAN“ bezeichnet wurde und wofür Bergwinkel auch ungläubiges Kopfschütteln erntete. Der Umgang mit dem Thema stieß am Sitzungsabend vor allem jene vor den Kopf, die sich noch an Bergwinkels Wahlversprechen im vergangenen Jahr erinnerten. Damals beteuerte er, sich im Falle seiner Wahl als Bürgermeister für „eine transparente Verwaltung und nachvollziehbare Entscheidungen“ einzusetzen.
Die Befürchtung vieler Räte und der Bürger ist nicht unbegründet, dass nicht fachgerecht gebaute Kanalschächte die Gemeindekasse und damit den Geldbeutel der Pörnbacher Steuerzahler schon in wenigen Jahren teuer zu stehen kommen könnte. Denn dann greift auch keine fünfjährige Gewährleistungsfrist mehr.
„Wir wollen Ihnen kein Konzept zweiter Klasse heute vorstellen, sondern eine nachhaltige Lösung, die quasi einem Neubau entspricht“, versuchte Wipfler gegenüber den Gemeinderäten zu versichern. Geplant sei demnach, alle zehn Schächte zu berücksichtigen. Seinen Worten nach gebe es lediglich einen von insgesamt zehn Schächten der überhaupt dicht sei, zwei Schächte seien überhaupt nicht zu sanieren und müssten deshalb mit Klinker ausgekleidet werden, der Rest sei undicht (Während die Gemeindeverwaltung selbst von sieben undichten Schächten ausgeht).
Der gegenwärtig vorhandene Schacht habe (nach der Sanierung mit dem Kunststoffeinsatz) dann keinerlei Funktion mehr: „Der bestehende Schacht dient lediglich als Rahmen“ für ein T-Stück aus Kunststoff und werde später „mit einer entsprechende Füllung ausgekleidet“, erklärte Wipfler. Der Einwand eines Gemeinderatsmitgliedes, dass der Schachtbeton doch noch das Gewicht tragen müsse beantwortete Wipfler mit dem Hinweis: „Der Kunststoff übernimmt keinerlei Tragwirkung. Es wird eine Platte aufgebracht mit entsprechenden Ausgleichsringen, wo dann der Schachtdeckel und der Lastabtrag stattfindet.“
Gemeinderatsantrag wäre beinahe "unter den Tisch gefallen"
FUW-Gemeinderat Max Klotz zeigte sich mitten in der Debatte äußerst verwundert darüber, dass Bergwinkel einen Antrag von ihm, Klotz, zu dem umstrittenen Tagesordnungspunkt bis dahin nicht verlesen habe. Ansonsten sei es Gepflogenheit, einen Antrag zu Anfang des Tagesordnungspunktes vorzulesen beziehungsweise bekannt zu machen. Bergwinkel beantwortete dies mit dem Hinweis : „Die Gemeinderäte haben es mit dabei“ und meinte damit die Tischvorlage, die allerdings den Zuhörern zunächst nicht bekannt gemacht wurde. Publik machte ihn dann erst Klotz selbst, der im weiteren Verlauf der Sitzung - nachdem der Bürgermeister keine Anstalten machte, dies noch zu übernehmen - dann den Antrag einfach selbst vorlas und ihn damit auch den Bürgern in den gut gefüllten Zuhörerreihen zur Kenntnis brachte. Dieser lautete (hier im Wortlaut wiedergegeben):
„Wie bekannt, wurde eine Dichtigkeitsprüfung der oben genannten Schächte durchgeführt, mit dem Ergebnis, dass diese der Prüfung nicht standgehalten haben. Diese Mängel sollen jetzt mit einer Reparaturlösung behoben werden. Die Errichtung der Schächte wurde im Zuge des Überlaufbeckens durchgeführt. Das Überlaufbecken wurde angeblich wegen falschen Betons abgerissen und neu errichtet Foto' von der Bauausführung sind bekannt. Die Kanalschächte wurden mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls mit dem gleichen falschen Beton und der gleichen mangelhaften Bauausführung errichtet wie das Überlaufbecken. Im Gegenteil, hier wurde nachweislich erdfeuchter Trockenbeton ohne Bewehrung verwendet. Ich gehe davon aus, dass aufgrund der undichten Schächte eigentlich ein Erdaustausch nötig wäre. Eine Reparaturlösung kann nicht akzeptiert werden! Die oben genannten Schächte sollten nach DIN 1045 und DIN EN 206-1 gefertigt, die jetzige Bauweise müsste den Verantwortlichen der Gemeinde bekannt sein siehe Foto. Im Übrigen muss eine Dichtigkeitsprüfung an einem offenen, unverfüllten Bauwerk durchgeführt werden. Dazu mein Antrag: Im Zuge der Gewährleistung eine Erneuerung der Schächte analog Überlaufbecken. Keine Reparaturlösung. Nachweis der Betongüte. Und wenn das alles nicht funktioniert: Gegebenenfalls Gutachten von zertifizierten unabhängigen Gutachtern.“
Auf diesen von Klotz gestellten Antrag antwortete überraschenderweise Wipfler, dem dessen Inhalt im Gegensatz zu den Zuhörern offenbar schon vorher bekannt war: „Also Herr Klotz, ich kenne ihr Schreiben und wir haben in Zusammenarbeit mit der Firma und auch dem Hersteller meiner Meinung nach Rechnung getragen und das nicht ignoriert. Sondern wir haben eine Lösung erarbeitet, die einem Neubau entspricht mit dem Material wie auch das Rohrsystem schon vor Ort ist, also Kunststoff.“ Somit sei es keine Sanierung in dem Sinne, sondern eine Lösung, die nach heutigem Kenntnisstand auch schon damals zur Ausführung hätte kommen können. Die Hersteller-Firma des vorgeschlagenen Kunststoffeinsatzes gebe auf die neu zu erstellenden Schächte fünf Jahre Gewährleistung. Offen blieb dabei die Frage, warum der nun zur Wahl stehende Kunststoffeinsatz nicht schon beim Neubau verwendet worden war und ob ein erneuter Gewährleistungsanspruch auch für den Einbau der Kunststoffrohre gilt, den ja dann wieder die ehemals tätige Baufirma übernimmt.
Entrüsteter Gemeinderat
Klotz entrüstete sich weiter: „Ich bin der Meinung, dass wir in der Gewährleistung jetzt schon solche Sanierungsmaßnahmen machen müssen, da muss ich sagen, das kann es eigentlich nicht sein“. Vielmehr gehörte „der Schacht heraus und das hinein, was von Haus aus hineingehört: Ein dichter Schacht, wie es sich gehört, als Einzelteil und nicht jetzt schon wieder nach vier Jahren … - wer sagt uns, was nach zehn oder fünfzehn Jahren ist.“ Es würden hier schon wieder Stellen geschaffen, die den Bürgern womöglich bis in einigen Jahren wieder Kosten aufbürdeten für eine Kanalsanierung.
Zum Punkt Kostenfaktor für die damaligen Schächte merkte Bergwinkel an: „Es war die Ausschreibung: Bauweise in Ortbeton; man muss dazu sagen, ausführende Firma ist die Firma Holl, die eine Mängelbeseitigung machen darf. Mängelbeseitigung heißt, sie müssen, wenn man es rein nach Recht macht, ein dichtes Bauwerk schaffen. Dieses Bauwerk muss dann noch zwei Jahre dicht sein.“ Die nun kommende Lösung, sofern sie (von den Gemeinderäten) abgesegnet werde, sei eine Bauweise, die mehr als zwei Jahre halte.
Roswitha Kraus (Dorfgemeinschaft) stellte die Frage: „Warum machen wir die Schächte nicht neu, dass sie dicht sind.“ Eine Sanierungsmaßnahme mache man doch nur dann, wenn nach 20, 30 Jahren ein Kanal nicht mehr dicht sei. „Wir reden aber hier von einem neuen Kanal.“ Bergwinkel verwies auch hierzu wieder auf die rechtliche Verpflichtung zur Mängelbeseitigung, je nach Vertragsgestaltung ist dann etwa eine Baufirma nach zwei oder fünf Jahren zu keiner Leistung mehr verpflichtet.
Wipfler dagegen warb weiter für die Sanierung: „Wir wollen Ihnen hier keine Lösung präsentieren, mit der Sie nicht leben können oder die nicht dem Bestellten entspricht; die andere Frage ist für mich, was ist an der Lösung schlechter als ein Neubau?“ Wipfler sagte zur Situation in Pörnbach, dass es einer Sonderlösung bedurfte wegen geringer Bodentiefe, so dass nicht in konventioneller Weise mit werkseitig gefertigten Schachtringen gearbeitet werden konnte. „Man hat damals auf eine Sonderlösung gesetzt, die nicht nachhaltig war, das ist heute eindeutig, da brauchen wir nicht mehr diskutieren. Es wäre unser Ansinnen, dass wir nach vorne schauen.“ Die jetzt vorgelegte Lösung sei keine zweiter Klasse.
Mehrmals hakte Gemeinderat Max Klotz (FUW) an jenem Sitzungsabend nach, so auch mit der Frage: „Die Schächte sind jetzt vier, fünf Jahre alt. Ich habe ein Abnahmeprotokoll von Ihnen (WipflerPLAN) da waren sie dicht, jetzt sind sie undicht. Wie kann es sein, dass in kürzester Zeit die Qualität so nach unten geht, wie kann es sein, dass sie innerhalb drei vier Jahren auf einmal undicht sind? Liegt es an der Bauweise, liegt es am falschen Beton? Damals hieß es, es war der falsche Beton beim Überlaufbauwerk, war das vielleicht der gleiche falsche Beton?“
Mehrere Gemeinderäte sprachen sich dafür aus, sich mit der Materie genauer beschäftigen zu wollen und sagten klar, zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Entscheidung über die Sanierung treffen zu können.
Auf diese Frage brauchen Sie nicht zu antworten
Oskar Kugler (FUW) wollte von Wipfler noch eine Zukunftsprognose zur künftigen Qualität hinsichtlich Planungs- und Bauausführung weiterer Projekte, die in Pörnbach anstünden und mit denen man WipflerPLAN gegebenenfalls beauftragen wolle: „Wir haben ja weitere Sachen in Pörnbach zu sanieren. Was sagen Sie uns oder was würden Sie tun, dass so etwas nicht wieder passiert, also bezüglich der Bauüberwachung, der Materialüberwachung und so weiter?“ Darauf antwortete Wipfler: „Da ist natürlich im Vorfeld und in den vergangenen Jahren, da ist es sehr unglücklich verlaufen. Zum einen von unserem Haus, von der Kommunikation, von dem, wie man das eine oder andere dann auch gehandhabt hat. Das ist ganz klar, das will ich auch nicht schönreden.“ Sein Ansinnen sei es, eine „saubere Lösung jetzt zu gewährleisten und natürlich, Ihr Vertrauen vorausgesetzt, gerne in Zukunft wieder mit der Gemeinde Pörnbach zusammenzuarbeiten.“ Wipfler verwies in diesem Zusammenhang auch darauf, dass er einige Mitarbeiter in seinem Unternehmen beschäftige, die aus Pörnbach kämen.
Auf weitere Nachfrage von den Räten stellte es sich während der gut einstündigen Diskussion noch heraus, dass den Einbau der Sanierungs-Schächte die ursprünglich beauftragte und in der Kritik stehende Firma Holl übernehmen würde, da jene damit den Gewährleistungsanspruch gegenüber der Gemeinde erfüllt. Klotz veranlasste das zu der Frage an Wipfler: „Arbeiten Sie noch mit der Firma Holl zusammen?“ An dieser Stelle sprang Bergwinkel dem Planer Wipfler zur Seite und raunte ihm zu, dass er darauf nicht zu antworten brauche. Im Fortgang der Sitzung bemerkte Klotz zunehmend sichtlich missgestimmt, dass es nur aufmerksamen Bürgern zu verdanken sei, dass die Vorgänge um das Überlaufbecken und den Kanalbau ans Licht gekommen seien. „Die haben uns Gemeinderäten die Augen geöffnet.“ Ohne jene wäre gar nichts passiert, „das ist für mich unvorstellbar.“
Gutachten und Rechtsbeistand
Bergwinkel wollte noch einmal das Ruder herumreißen mit der Bemerkung: „Die normale Mängelbeseitigung ist zwei Jahre, alles andere ist kulant, wenn die Firma Holl etwas macht oder die Firma Wipfler etwas macht.“ Dies bedeute: „Wir können das gerne machen, dass man sagt, wir lassen das von einem Gutachter überprüfen. Uns muss aber bewusst sein, dass wir die Kosten tragen.“ Bergwinkel korrigierte dies kurz darauf nach vertraulicher Rücksprache mit Wipfler und verkündete dann, dass das Planungsbüro die Übernahme der Gutachterkosten anbiete. Mehrere Gemeinderäte sprachen sich dennoch gegen ein Gutachten aus, selbst wenn es von Dritten bezahlt würde, und wollten dazu selbst Nachforschungen anstellen.
Klotz machte abschließend deutlich, dass er nicht an der Güte der Kunststoffschächte zweifelt, die von der Firma WPS, deren Geschäftsführer dem Gremium für Fragen zur Verfügung stand, hergestellt werden. „Ich glaube, dass das eine gute saubere Sache ist, … aber die Kunststoffschächte kommen jetzt in einen maroden Beton hinein.“ Ob dieses Sachverhalts könne er keine Entscheidung treffen.
Die Einstellung der Räte spiegelten dann die Abstimmungsergebnisse: Dass gegen den Sanierungsvorschlag grundsätzliche Bedenken bestehen, zeigte sich in dem entsprechenden Resultat dazu und ging mit 14:1 (Klaus Reiter, Dorfgemeinschaft) aus. Eine weitere Abstimmung lautete, dass Bürgermeister Bergwinkel ermächtigt wird, den Sachverhalt mit einem Rechtsbeistand unter Heranziehung eines Gutachters überprüfen zu lassen, diese wurde mir 14:1 (Alexander Schmid, Dorfgemeinschaft) so beschlossen. Als merkwürdig empfunden wurde am Ende von einigen Zuhörern, dass der Antrag des Gemeinderates Klotz überhaupt nicht mehr zur Sprache kam und darüber folglich auch nicht abgestimmt wurde. Einige Bürger stellten sich die Frage, warum der Steuerzahler nun plötzlich auch noch einen Rechtsbeistand bezahlen muss, obgleich dieser von den Räten überhaupt nicht gefordert wurde. Dies und die Tatsache, dass, entgegen der üblichen Gepflogenheit, der Antrag eines Gemeinderates vom Bürgermeister nicht verlesen und damit zumindest von ihm nicht öffentlich gemacht worden ist, ließ mindestens einige Zuhörer der Gemeinderatssitzung mit recht nachdenklichen Minen zurück.
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