Wer zeigt sein großes Herz für Asylbewerber?
(Pfaffenhofen, rt)Unterkünfte für Asylbewerber werden täglich knapper, deshalb könnten Privatinitiativen für Entlastung bei der Wohnungssuche sorgen.
Unterkünfte für Asylbewerber werden bekanntlich bayernweit immer rarer - so auch im Landkreis Pfaffenhofen. Nach wie vor ist Landrat Martin Wolf (CSU) bestrebt, diese Menschen dezentral unterzubringen. Doch es gibt, von wenigen Ausnahmen abgesehen, praktisch keine Möglichkeiten mehr, den Zustrom der Migranten auch in dieser Hinsicht zu bewältigen. Ein Lösungsansatz deutet sich an, doch der ist mit gewissen Hürden verbunden. Voraussetzung ist allerdings, wirklich ein großes Herz für Asylbewerber zu haben.
Für Massenunterkünfte finden sich ohnehin recht wenige Befürworter und angesichts der täglich zu Tausenden in Bayern ankommenden Flüchtenden, die streng nach Quoten bis in die kleinste Kommune behördlich zugewiesen werden, muss Wohnraum gefunden werden. Überdies steht der Winter bevor, das macht die Problematik umso dringlicher. Traglufthallen, Turnhallen, Container – das sind keine dauerhaften Lösungen. Der vom Landrat angestrebte Wohnungsbau in Modulbauweise wird bereits mittelfristig auch an seine Grenzen stoßen. Und inwieweit sich Investoren in jenen Gemeinden finden, die nicht selbst als Bauherrn auftreten können oder wollen, dafür aber bereit sind, kommunalen Grund für Wohnbau zur Verfügung zu stellen, das bleibt vorerst im Dunkelbereich der Spekulation.
Wohngemeinschaft mit Asylbewerbern
Mehr und mehr gibt es deshalb von privater Seite das Angebot, noch nicht anerkannte Flüchtlinge bei sich in selbstbewohnten Wohnungen aufzunehmen. Also eine Wohngemeinschaft einzugehen. In diesem Umfeld würden sie menschenwürdig leben und würden sicherlich schneller und effektiver in die angestammte Gesellschaft integriert. Grundsätzlich stehe so einem Vorhaben nichts entgegen, sagt Karl Huber, der Sprecher des Pfaffenhofener Landratsamtes. Allerdings müsse „der Wohnraum gesichert sein, was einen Mietvertrag zwischen Asylbewerber und dem Vermieter voraussetzt.“ Wer seinerseits in einer Wohnung als Mieter lebt, bedeutet dies natürlich auch, dass er vorher das Einverständnis seines Vermieters einholt. Fein raus ist dabei freilich, wer Eigentümer des zu vermietenden Raumes ist. Denn er kann darüber frei verfügen. Eine weitere Vorgabe ist vonseiten der Ausländerbehörde, dass der Lebensunterhalt des jeweiligen Asylbewerbers gesichert sein muss. „Das bedeutet eine Verpflichtungserklärung für seinen Unterhalt, also etwa Essen, Trinken und Hygieneartikel, zu sorgen“, erläutert Huber. Im Landkreis habe es bereits einige Vereinbarungen dieser Art gegeben. „Wir haben damit gemischte Erfahrungen gemacht: Es kommt auch vor, dass sich nach anfänglicher Euphorie die Partner nicht mehr verstehen.“ Dann sei es schwierig, dieses Beziehungsgeflecht zu entwirren. „Vom Landratsamt ist das Ganze kein Modell das wir aktiv fördern“, stellt Huber klar. Viele kleine Wohneinheiten zu betreuen bedeute auch einen entsprechend großen Organisations- und Verwaltungsaufwand. „Wir arbeiten mit unserem Personal bereits am Anschlag.“
Jede Lösung ist eine gute Lösung
Private Initiativen dieser Art werden kommen in den Kommunen allerdings gut an. „Das ist zu begrüßen; je kleiner die Einheiten umso größer die Wahrscheinlichkeit das es dann zu einer geglückten Integration kommt“, meint beispielsweise Pfaffenhofens Bürgermeister Thomas Herker (SPD). Und der Sprecher der Bürgermeister im Landkreis, Manfred Russer (CSU), sagt: „Jede Lösung ist eine gute Lösung, deshalb ist das zu begrüßen.“ Er selbst werde dazu als Hohenwarter Ortschef jedoch niemanden aktiv ansprechen: „So etwas sollte Privatsache bleiben, doch es wäre ein gutes Zeichen aus der Gesellschaft heraus.“ Russer kann sich das individuelle Wohnmodell jedoch als sehr gut dafür geeignet vorstellen, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unterzubringen.
Die Chemie muss stimmen
Zimmervermietungen oder Wohngemeinschaften brächten besondere Herausforderungen mit sich, heißt es dazu von der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl. Die „Chemie“ zwischen den Bewohnern - wie das auch generell mit Menschen so sei – müsse stimmen und dies hänge entscheidend von der Wahlfreiheit aller Beteiligten ab. Wie bei Wohngemeinschaften üblich, sollten beide Seiten sich frei füreinander entscheiden und das Mietverhältnis eventuell auch wieder beenden können. „Unter den gutwilligen Unterstützern mag es einige geben, die aus Einsamkeit, mit „Helfersyndrom“ oder aus Naivität überhöhte Erwartungen an ein gemeinsames Wohnen haben“, heißt es von Pro Asyl. Umgekehrt hätten die geflüchteten Menschen ganz eigene Vorstellungen von ihrem Wohnen, nicht wenige haben eigenen Besitz und Häuser verloren. Andere bräuchten tatsächlich Unterstützung und hätten noch nie eine Waschmaschine bedient. „Flüchtlinge sind so vielfältig wie Menschen eben sind, sie sind unterschiedlich gebildet, und nicht jeder ist sympathisch.“ Viele seien darüber hinaus vor dem Hintergrund von Krieg, Verlusten, Fluchterlebnissen und einer möglicherweise ungesicherten Lebensperspektive schwer belastet oder gar traumatisiert; dies treffe vor allem auf Flüchtlingsfrauen zu. Sie seien oftmals durch Flucht auslösende Tatbestände oder dramatische Erlebnisse auf dem Fluchtweg so sehr belastet, dass ihnen das Zusammenwohnen bei gemeinschaftlicher Nutzung von Küche, Bad und anderem mit Fremden nicht zugemutet werden dürfe. Das gelte für Gemeinschaftsunterkünfte wie Wohngemeinschaften gleichermaßen.
Unsere Zeitung bleibt an diesem Thema dran. Unter anderem soll es infolge unserer Recherche demnächst Gespräche zwischen den beteiligten Institutionen geben, ob die Vorgaben für die Vermietung in Wohngemeinschaften beibehalten werden. Die Regierung von Oberbayern wird sich in Kürze gegenüber Hallertau.info zu den Unterstützungsmodalitäten äußern.
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