Wir werden sowas von verarscht
(Pfaffenhofen, rt)Hochkarätige Diskussionsrunde der Experten aus Politik, Wirtschaft und Verbänden mit Nikolaus Kraus (Freie Wähler, von links), Hans-Josef Fell (Energy Watch Group), Thomas Banning (Naturstrom AG), Anton Kreitmair (CSU, Präsident des oberbayerischen Bauernverbandes), Dieter Janecek (Grüne), Florian Post (SPD), Eva Bulling-Schröter (Die Linke) und Moderator Anselm Bilgri.
Die politische Podiumsdiskussion am letzten Tag der Energie-für-alle-Woche im Pfaffenhofener Stockerhof war mit „Energie neu denken“ überschrieben. Unter der Moderation des früheren Benediktiners und Priors des Klosters Andechs ging es hoch her im Diskurs rund um die Erneuerbaren Energien.
Als einzige Frau in der Runde machte Eva Bulling-Schröter, umweltpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Linkspartei, den Auftakt: Ihre Partei habe bereits ein Kohleausstiegsgesetz in den Bundestag eingebracht. Darin würden Kohlengase als Gifte bezeichnet. Strom aus fossiler Energie werde von den Verbrauchern bezahlt, warte die Abgeordnete. Ihr sozialdemokratischer Bundestagskollege Florian Post und energiepolitische Sprecher seiner Fraktion, erklärte, dass die SPD „perspektivisch“ aus der Kohle aussteigen wolle, um Kohlenstoffdioxyd zu reduzieren. Bulling-Schröter hielt er entgegen, dass sie doch korrekten Zahlen verwenden solle; bei der EEG-Umlage würden nämlich etwa zwei Drittel, und damit 15 Milliarden Euro, von der Wirtschaft übernommen.
Der kleine Bürger zahlt die Rechnung
Thomas Banning, Vorstandsvorsitzender der Bündnis Bürgerenergie und der Naturstrom AG, machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland ein Überangebot an Strom gebe. Ein Problem bestehe darin, dass einige Großverbraucher gegenwärtig finanziell bei den Stromkosten entlastet würden, somit bräuchten sie sich auch keine Gedanken darüber zu machen, Strom zu sparen. Vielmehr sei es so, dass „der kleine Bürger in Deutschland die Großunternehmen unterstützt.“
„Wenn es um den Klimaschutz geht, kann man nicht immer das Geld in den Vordergrund stellen“, meinte Anton Kreitmair, verbraucherschutzpolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion und Bauernpräsident von Oberbayern. Seine Partei hätte den Stein- und Braunkohlestrom längst beseitigt, doch habe man sich in den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen vor zwei Jahren nicht gegen die Kohlelobby um die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) durchsetzen können. „Wir wollen alle gemeinsam den Klimaschutz und die Energiewende – da hat Kohle in Deutschland nichts mehr verloren“, so Kreitmair. Allerdings werde es die „Energiewende zum Nulltarif nicht geben.“
Die großen Vier
Bulling-Schröter warf in die Diskussion ein, dass den Landwirten bei Erdverkabelung bereits neun Prozent Gewinn versprochen werde. Im Grunde gehe es bei allem nur darum, die vier großen Konzerne zu stärken. Bürgerbeteiligung bedeute für ihn nicht, dass man es am Ende jedem recht machen kann, meinte Post dann beim Thema Erdverkabelung.
Dieter Janecek, energiepolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, freute sich, an dem Diskussions-Abend die Position der CSU zu hören, wie sie von Kreitmair dargestellt wurde. Der Ausstieg aus der Braunkohle sei für ihn Voraussetzung für den Erfolg der Erneuerbaren Energien. Die Große Koalition verhindere allerdings die Bürger-Energiegenossenschaften, doch müsse Bürgerenergie endlich vorwärtskommen. Nikolaus Kraus, stellvertretender energiepolitischer Sprecher der Freien Wähler im Bayerischen Landtag, vermisste die Thematisierung von Wasserkraft: „Zur Energiewende spielt Wasserkraft eine große Rolle.“ Ferner sprach er davon, dass sich die Freien Wähler für „viele kleine dezentralen Energieanlagen“ aussprächen. Für die mit elf Milliarden Euro „teure Erdverkabelung“ hätten viele solcher kleinen Anlagen gefördert werden können, bedauerte Kraus. Während Kreitmair diese begrüßte und gleichzeitig darauf aufmerksam machte, dass auch nach 10-H es ohne Probleme möglich sei, Windkraftanlagen zu errichten.
Nichts nachplappern
Deutlich wurde zur Erdverkabelung dann Hans-Josef Fell, Präsident von Energy Watch Group: „Es ist wichtig, sich damit zu beschäftigen und nicht immer das nachzuplappern, was große Unternehmen im eigen Interesse vorgeben.“ Zur politischen Agenda gehöre es, auch den Dreck zu besteuern. 20.000 Arbeitsplätzen in der Kohleindustrie stünden 100.000 Arbeitsplätze bei den Erneuerbaren Energien gegenüber.
Einer aus der Runde, Thomans Banning, brachte das Thema bei bundespolitischer Gesamtbetrachtung wohl auf den Punkt als er, dabei allerdings offenbar auf die Rolle der (Bundes-)SPD in der Energiepolitik anspielend, sagte: „Wir werden … sowas von verarscht!“
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