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Mama, wo ist mein Impfpass?

(Scheyern, rs)

Viele haben einen, einige wissen über seinen aktuellen Status Bescheid, nur ganz wenige sind aktuell mit den notwendigen Impfungen und der im Pass befindlichen Dokumentation - der Impfpass und das verantwortungsbewusste Impfen stand im Mittelpunkt eines Vortrags des Bundestagsabgeordneten des Landkreises Pfaffenhofen, Erich Irlstorfer. In einer anschließenden Podiumsdiskussion wurden unterschiedliche Aspekte beleuchtet und Optimierungsmöglichkeiten eruiert.

Er geht dorthin, wo es auch einmal weh tun kann; Erich Irlstorfer, in Berlin im Ausschuss für Gesundheit engagiert, hielt seine Veranstaltung "Impfmanagement im Pflegesektor" im Caritas-Alten-und Pflegeheim in Scheyern ab. Schon vor Beginn des Vortrags und der anschließenden Diskussion wurde er so mit den Sorgen und Nöten der Betreuer und Pflegekräfte direkt vor Ort konfrontiert.

Für 23 rüstige Bewohner sei eine Betreuungs-/Pflegekraft vorgesehen, machte Leiterin Karin Dröscher die Situation deutlich, "und das bei einer 24-Stunden Unterstützung und unter Berücksichtigung von Fehl- und Weiterbildungszeiten". Stellenausschreibungen hätten kaum Aussicht auf Erfolg, es würden jetzt schon potentielle Pflegekräfte in Südostasien akquiriert. "Es ist in gewisser Weise schon ein erbärmlicher Zustand, wenn ich im Alter von jemandem betreut werde(n muss), der meine Sprache nicht spricht", so Dröscher.

Erich Irlstorfer: Auch im Alter geschützt - Impfmanagement im Pflegesektor
Auf das eigentliche Thema "Impfen" kommend vermittelte Erich Irlstorfer über einige Zahlen zunächst einmal einen Eindruck des aktuellen Status und der gesellschaftlichen Positionierung des Impfens. 340 Betroffene wurden demnach nach dem Masernausbruch in Berlin seit Anfang 2015 stationär behandelt, 86% dieser Patienten waren nachweislich nicht geimpft. Seit dem vergangenen Jahr hätten sich in sieben europäischen Ländern 22.000 (!) Menschen mit der Krankheit angesteckt.

Schutzimpfungen würden inzwischen vermehrt in Anspruch genommen, Impfquoten von Kindern haben sich in den vergangenen 10 Jahren kontinuierlich erhöht. Defizite bestehen aber beim Impfschutz gegen Pertussis (Keuchhusten), Hepatitis B sowie den zweiten Impfungen gegen Masern, Mumps und Röteln.

Eine gesetzliche Impfpflicht gibt es in Deutschland nicht, Versicherte haben jedoch einen Anspruch auf kostenlose Impfungen in den Fällen, die von der STIKO (Ständige Impfkommission, ein unabhängiges Expertengremium) empfohlen werden. Eine Impfpflicht dürfe, so Bundesgesundheitsminister Gröhe, kein Tabu sein, machte aber sogleich deutlich, dass diese nur nach Ausschöpfung aller weiteren unterstützenden Maßnahmen eingeführt würde. Auch Flüchtlinge, so ergänzte Irlstorfer angesichts des momentan vorherrschenden Themas, haben laut Asylbewerberleistungsgesetz Anspruch auf die von der STIKO empfohlenen Impfungen.

Impfungen - Situation und Konsequenzen
Neben Gastgeberin und Heimleiterin Karin Dröscher nahmen Vertreter/innen unterschiedlicher Fakultäten an der nachfolgenden Diskussion teil, die jede(r) für sich die Impf-Situation aus der jeweiligen Sichtweise beleuchtete.

Maria-Sabine Ludwig vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) machte deutlich, dass es zwar Untersuchungen zum Impfverhalten generell gäbe, speziell für Menschen in der zweiten Lebenshälfte aber keine aussagekräftigen Zahlen vorlägen. Dabei seien Senioren gerade in ihrer Rolle als Großeltern ihren Enkeln gegenüber moralisch verpflichtet, ein Ansteckungsrisiko beispielsweise von Keuchhusten zu minimieren.

Jochen Lojewski, Kreis- und Bezirksvorsitzender der Senioren-Union, brachte seinen ersten Impfausweis von 1960 mit in die Runde. "Jeder muss wissen, wo sein Impfpass ist und wann er sich wogegen impfen lassen muss", so seine zentrale Forderung.

Gerade in unserer Zeit weltweiter Reisen sei ausreichender Impfschutz ungemein wichtig, und zwar um sich selber, aber auch die jeweiligen Kontaktpersonen zu schützen, stellt Inge Bergmeister, Kreisvorsitzende der Frauen-Union und Mutter von 3 eigentlich erwachsenen Töchtern, die aber - wie sie glaubhaft versichert - immer die Mama nach dem Aufbewahrungsort des Impfpasses fragen.

Die medizinische Kompetenz in dieser Expertenrunde wurde vertreten durch den leitenden Arzt Jörg Schelling, kommissarischer Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der LMU München und Vorstandsmitglied der Deutschen Fachgesellschaft für Reisemedizin. Er wundere sich doch arg darüber, dass offensichtlich weitestgehend vergessen werde, dass man durch Impfungen Krankheiten verhindern könne.

 

Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber
"Wer von Ihnen weiß sicher, dass sein Hausarzt gegen Grippe geimpft ist?", stellte Prof. Dr. Schelling die provokante Frage in den Raum. Erwartungsgemäß war es fast niemand, der darüber informiert war. Der Arzt appellierte in der Folge an die besondere Verpflichtung sämtlicher Berufe des medizinischen und Pflegebereichs ihren anvertrauten Patienten gegenüber. Es gäbe kein Impfung, die zu mehr Beschwerden führen würde als die Krankheit, gegen die sie gegeben wird.

Wo Hausarzt drauf steht, ist nicht immer gute Impfberatung drin.
Die Gründe für unzureichende Impfberatung können vielfältig sein: persönliche kritische Positionierung des Arztes zu Impfungen; notwendige Beratungen, die gegenüber den Kassen nicht verrechenbar sind; unpassendes Behandlungsprofil für die Praxis in Zeiten durchorganisierter und strukturierter Arztpraxen. Grund genug für Erich Irlstorfer, die Forderung aufzustellen, dass Beratungsleistung in der Medizin honoriert werden muss.

"Von meinem Tierarzt werde ich immer proaktiv angesprochen, sobald eine Impfung für meinen Hund ansteht", stellte eine Besucherin des Forums fest und wunderte sich, weshalb das in der Prävention bei uns Menschen nicht möglich sein solle.

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