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Ferkel machen Sorgen - Landwirtschaftsminister Brunner beim Jubiläum des Fleischerzeugerringes

(Pfaffenhofen, rt)

Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU, Bildmitte) und Pfaffenhofens Landrat Martin Wolf (CSU, r.) waren heute Abend zu Gast bei Siegfried Ederer (l.), dem Vorsitzenden des seit nunmehr über 50 Jahre bestehenden Fleischerzeugerringes Oberbayern West.  

 

Der Pfaffenhofener Fleischerzeugerring Fleischerzeugerring Oberbayern West mit seinen rund 250 Mitgliedern ist ein modernes, leistungsstarkes Dienstleistungsunternehmen. Am heutigen Mittwochabend feierte man das halbe Jahrhundert seines Bestehens im Stockerhof. Mit dabei auch der bayerische Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) als Festredner. „Der Fleischerzeugerring Pfaffenhofen hat in den vergangenen 50 Jahren maßgeblich zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und zur Verbesserung der tierischen Produktion beigetragen“ bemerkte Brunner.

Nachdem im November 1961 zunächst eine Art Gründungsversammlung für den Rindermastring Pfaffenhofen im benachbarten Freising stattfand und in der Folgezeit zwei Bullenmastringe und vier Schweinemastringe gegründet worden waren, wollte man diese Basisringe unter einem Dach vereinen. So wurde der 23. März 1964 zur Geburtsstunde des Fleischerzeugerrings Oberbayern West. „Bereits damals erkannte man die Notwendigkeit der Erzeugung von einheitlicher und guter Qualität des Schlachtviehs, wenn auch auf anderem Niveau als heute“, sagt Siegfried Ederer, heutiger Vorsitzender des Fleischerzeugerringes. Im Juni 1971 wurde der Fleischerzeugerring Oberbayern West dann auch ins Vereinsregister eingetragen. Dass das Jubiläum allerdings mit einem Jahr Verspätung gefeiert wird, dafür gibt Ederer organisatorische Gründe an.

Von der Leistungsprüfung und Kennzeichnung der Tiere hat sich das Arbeitsfeld in den letzten Jahren immer mehr hin zur Produktions- und Qualitätsverbesserung sowie Wirtschaftlichkeitskontrolle verlagert. Der Höhepunkt nach einem stetigen Zuwachs an Mitgliedsbetrieben und Tierzahlen wurde Mitte der 1980er Jahre erreicht: In der Rindermast erreichte man in der Spitze etwa 100 Betriebe mit circa 10.000 Tieren. Aktuell liegt die Anzahl der Tiere immer noch bei 10.000, doch die Anzahl der Betriebe ist auf ungefähr 65 zurückgegangen. In der Schweinemast werden kontinuierlich um die 100 Betriebe betreut, doch eine ganz andere Entwicklung, und zwar deutlich nach oben, nahm die Anzahl der Tiere. Waren es vor 30 Jahren noch 20.000 Mastplätze, so sind es heute über 60.000. Eine rasante Entwicklung nahm die Erzeugung von Ferkeln, der flächenschwachen Betrieben zumindest in früheren Zeiten ein gutes Einkommen sicherte. Die 1970er und 1980er Jahre werdendeshalb auch gerne als die "goldenen Jahre der Landwirtschaft" bezeichnet.

 

Landwirtschaftsminister Brunner

 

Mitte der 1980er Jahre waren es über 600 Betriebe. Maßgeblichen Anteil an dieser Entwicklung hatte auch die Gründung der Erzeugergemeinschaft in Waidhofen. Seit etwa zehn Jahren nimmt die Zahl der Betreibe und damit auch die Zahl der Sauen signifikant ab. Momentan sind es noch 110 Betriebe mit etwa 9.000 Sauen. Doch mit dem gegenwärtigen Preisverfall beim Schweinefleisch sieht die Zukunft für die in diesem Bereich tätigen Landwirte nicht unbedingt rosig aus.

Brunner will Tierwohl und Ökonomie unter einen Hut bringen

„Sorge bereitet mir die Preisentwicklung; wir müssen mit Tiefstpreisen zurecht kommen“, sagte Landwirtschaftsminister Brunner im Stockerhof. Die Preise für Ferkel und Schlachtschweine sind seit dem Herbst vergangenen Jahres stark eingebrochen. Dieser Preisverfall bei den Schlachtschweinen ist vor allem auf ein EU-weites Überangebot in Kombination mit einer schwachen Inlandsnachfrage zurückzuführen. Das trifft Deutschland, das innerhalb der EU zu den größten Fleisch-Produzenten zählt und bei Schweinefleisch sogar an erster Stelle in Produktion und Export steht, besonders hart.

„Ob bei Getreide, Schweinemast oder Milch – es ist eine besondere Herausforderung für die Bauern“, meinte Brunner angesichts sinkender Erlöse in vielen landwirtschaftlichen Produktionsfeldern. Mittelfristig sieht Brunner aber, dass „die Preise wieder steigen.“

Der Verbraucher wolle einen günstigen Preis für erstklassige Qualität, das könne so nicht funktionieren. Und auch die Gemeinwohlleistungen der Landwirtschaft könne es nicht zum Nulltarif geben. Im Käuferverhalten sieht Brunner den entscheidenden Faktor: „Wer einheimische Produkte kauft, sorgt dafür, dass die Landwirtschaft eine wichtige Säule in Bayern bleiben kann.“

Die Unterstützung durch die Verbraucher werde auch die umfangreichen Förderprogramme sichern. Und regional erzeugte Produkte hätten auch ihren Preis. Landwirte müssten „alle Möglichkeiten nutzen, den Verbraucher in einen Dialog einzubinden“, schlug der Minister vor. Zur Rolle des Handels merkte Brunner die Situation bezeichnend an, dass ihm ein Vertreter dieser Branche zur dortigen Konkurrenzsituation in einem Gespräch sagte: „Uns ist es egal was die Milch kostet, nur billiger darf keiner sein.“

 

 

Tierwohl geht nicht ohne Kosten

Eine weitere Herausforderung für die Tierhalter seien die weiter zunehmenden gesellschaftlichen und gesetzlichen Anforderungen an das Tierwohl und die Tiergesundheit. Mittelfristig wolle und brauche man tierfreundliche Ställe und keine stallfreundlichen Tiere. „Auf diesem Weg setzen wir aber auf Augenmaß und auf Regelungen, die wissenschaftlich begründet sind, die ausreichend Anpassungszeiträume vorsehen und die in der Praxis mit vertretbarem Aufwand umsetzbar sind.“

Brunner verfolgt eine Doppelstrategie wonach die Tierhaltungsbedingungen und das Tierwohl weiter verbessert werden, ohne dabei die ökonomischen Anforderungen außer Acht zu lassen. „Mir geht es nicht nur ums Tierwohl, mir geht es auch ums Menschenwohl“, merkte Brunner an. Der Dialog mit der Gesellschaft müsse auch deshalb intensiviert werden; dabei seien Politik, Verbände, besonders aber die Landwirte selbst gefordert, das gegenseitige Verständnis zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft zu verbessern und Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen.

Als drittgrößter Erzeuger von Schweinefleisch in Deutschland sei man aber auch auf den Export angewiesen. „Umso wichtiger ist die Erschließung neuer Absatzmärkte, insbesondere in Asien.“ Die Schweinehaltung in Bayern sei relativ kleinstrukturiert, doch der Strukturwandel sei nicht aufzuhalten und werde weitergehen. Nicht gewollt sei im Freistaat aber keine Konzentration der tierischen Veredelung, wie es sie teilweise im benachbarten Ausland und einigen Regionen in Nordwestdeutschland gibt. Megaställe wie sie in den neuen Bundesländern errichtet wurden entsprechen nach den Vorstellungen Brunners ebenfalls nicht dem bayerischen Weg.

Keine Frage sei, dass die Erfüllung höherer Tierwohlstandards mit höheren Kosten verbunden sei. „Das müssen Sie den Verbrauchern aber auch klar kommunizieren!“ Dass die Preise der Markt bestimmt unterstrich auch Brunner. Aufgabe der Politik sei es, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Veredelungswirtschaft will das Landwirtschaftsministerium mit einem Maßnahmenbündel unterstützen, das von Bildungs- und Beratungsangeboten über praxisnahe Forschung bis hin zur Investitionsförderung reicht. Allein im Bereich der Schweinehaltung und Rindermast erhalten die Mitgliedsbetriebe der Fleischerzeugerringe im Rahmen der Leistungs- und Qualitätsprüfung sowie der Verbundberatung in Bayern jährlich rund vier Millionen Euro an staatlicher Zuwendung. Soviel wie in keinem anderen Bundesland. Die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit von staatlicher Beratung und Erzeugerringen habe sich gut bewährt, so Brunner.

Die Hoffnung der Landwirte darauf, dass sich der Papierkram, also der bürokratische Aufwand, reduziert, konnte der Landwirtschaftsminister keinen Nährboden bieten, eher das Gegenteil war der Fall: „Überprüfungen und Kontrollen werden noch zunehmen.“

Den Preis macht der Markt
Nachdem man Anfang des Jahres 2000 mit der BSE-Krise glaubte, dass sich die Zeit der Rindermäster ihrem Ende zuneigt, können sie heute positiv in die Zukunft schauen. „Was mir aber große Sorgen macht ist die Bürokratie in der Verwaltung eines Fleischerzeugerrings“, so Ederer. Regeln seien wichtig auch wegen der Abhängigkeit von Fördergeldern wichtig, doch die derzeitige Reglementierung in der Fleischerzeugung „nimmt uns aber die Luft zum Leben.“ Ederer sagt auch, dass viele Landwirte die Erwartung hätten, die Politik ist solle ihnen „einen guten Preis geben; Preise zu machen sei jedoch nicht Aufgabe der Politik. Preise mache der Markt, „auch wenn man manchmal meint der Markt funktioniert nicht.“ Aufgabe der Politik sei es Rahmenbedingungen zu schaffen die einerseits dem Anspruch der Gesellschaft gerecht werden und andererseits der Landwirtschaft Luft zum Leben lassen: „Das sind die Erwartungen der Landwirte an die Politik!“ Eine zentrale Schlüsselfunktion bei der notwendigen Aufgabe, Landwirtschaft positiv darzustellen, sehen Ederer ebenso wie Brunner und andere Fachleute in der Öffentlichkeitsarbeit.

Grußworte sprachen neben Pfaffenhofens Landrat Martin Wolf (CSU, „Oberbayern West hat sich zu einem boomenden Wirtschaftsraum entwickelt, doch die Landwirtschaft hat hier noch Zukunft“) und Oberbayerns Bauernverbandspräsident Anton Kreitmair („Fleisch ist ein wertvolles Nahrungsmittel; was momentan mit dem Preis passiert, entbehrt jeglicher Realität in der öffentlichen Wahrnehmung) unter anderem auch Behördenchef Josef Konrad vom Pfaffenhofener Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten („Landwirtschaft hat hierzulande trotz Globalisierung und vieler gesetzlicher Forderungen eine Zukunft“) und Stephan Neher als Vorsitzender der Ringgemeinschaft Bayern ("Die Gesellschaft geht den Weg anscheinend nicht mehr mit; wir werden unser Image wieder aufpolieren müssen“).

 



 

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