SPD sorgt mit Rammbock für Furore
(Pfaffenhofen, rt)SPD-Urgestein Walter Adam ist Frontmann der Aktion „Rammbock - Zeit für die Mutigen." Fotos. SPD
Inhaltlich werden Programme und Handlungen etablierter Parteien zunehmend austauschbar. Ein markantes Profil lässt sich immer schwerer erkennen. Auch die SPD macht da keine Ausnahme. Genau deshalb ist die Initiative „Rammbock - Zeit für die Mutigen“ an den Start gegangen, ausgerechnet in Bayern und dazu noch aus Abensberg, Kelheim und Pfaffenhofen! Womit die Sozialdemokraten jetzt auch bundesweit für Furore sorgen.
Unlängst verweigerte dem als eigenbrötlerisch geltenden SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel beim Bundesparteitag fast ein Viertel der Delegierten die Gefolgschaft und wählte ihn einfach nicht (mehr). Warum, dafür gibt es viele Erklärungsversuche. Im Jahr 2013 bekam er noch rund 84 Prozent Zustimmung, diesmal waren es schon beachtliche zehn Prozent weniger. Seine Partei ist jedenfalls uneins mit ihm.
Auch dem Abensberger SPD-Urgestein Walter Adam passt so einiges in seiner Partei nicht. Bereits im vergangenen Juni trat der 71-Jährige gegen den bayerischen SPD-Landeschef Florian Pronold an. Adam erzielte fast 32 Prozent der Stimmen und damit mehr als nur einen Achtungserfolg. „Das war ein deutliches Zeichen gegen die lähmende Alternativlosigkeit in der SPD“, heißt es dazu von den Rammbock-Initiatoren. Eine Bresche für die Basis sei damit geschlagen worden.
Unzufriedene SPD-Basis
Die Basis ist also mehr denn je unzufrieden mit ihren Oberen. Deshalb startete - als „programmatische und personelle Alternative“, wie sie ihren Vorstoß nennen - der erfahrene Kommunalpolitiker und frühere Realschullehrer zusammen mit seinem Nachbarn, dem prämierten Filmemacher Konstantin Ferstl, dazu Amtsgerichts-Richter Thomas Schug aus Kelheim und Markus Käser, Kreischef der Pfaffenhofener SPD, unter dem Motto "Zeit für die Mutigen" den Widerstand gegen ihre eigene Parteiführung. „Die Basis soll endlich die innere Emigration verlassen und ihre Stimme wieder finden“, heißt es von ihnen. Und dafür bekommen sie bundesweit Beifall. Der schlägt sich auch in mittlerweile mehr als 100.000 Kontakten via soziale Netzwerke beziehungsweise in ihrem Internetauftritten nieder. Und das alles nur wenige Tage nach dem Auftakttreffen am 9. Dezember, in der Küche von Ferstl in Abensberg.
Aufgemerkt
Hinter der Initiative stehen aus der hiesigen Region übrigens so bekannte Persönlichkeiten wie Kreisstadtbürgermeister Thomas Herker und Schauspieler Florian Simbeck. „Ich kämpfe für die Grundwerte der Sozialdemokratie; ich möchte, dass die Partei sich wieder darauf besinnt, woher sie kommt; ich möchte die Partei wachrütteln. Deshalb bin ich dabei“, so Adam. „Neben den zustimmenden Rückmeldungen aus der ganzen Republik sind Leute wegen unserer Aktion in die SPD eingetreten, andere deshalb nicht ausgetreten, obwohl sie es sich schon fest vorgenommen haben“, stellt Käser als einen weiteren Effekt fest: „In Köln will man einen Rammbock-Stammtisch gründen“, hat Käser bereits kurz nach dem Start der „Renaissancebewegung aus Bayern“ erfahren. „Manche wachen auf von ihrer innerer Emigration.“ Aufgerüttelt habe man jedenfalls, und zwar deutlich spürbar.
Konsens aufgekündigt
„Offenbar hat unsere Parteispitze den Konsens mit ihrer Basis aufgekündigt“, bedauert Käser, obgleich man doch eine Mitgliederpartei sei. Auch TTIP sei selbst in der neuen, aktuellen Fassung von Sigmar Gabriel nicht vertretbar: „Die Mehrheit der Basis ist dagegen.“ Deutliche Worte findet Käser auch zur SPD-Energiepolitik. Die Partei betreibe dabei „in erster Linie Konzernpolitik ohne Rücksicht auf die Bürgerenergiebewegungen und auf Kosten der regionalen Wertschöpfung.“ Auf Einsicht „von Oben“ könne und dürfe man nicht warten. „Für mich stellt sich die Frage, wie ich auf dieser Basis im Bundestagswahlkampf 2017 aktiv werden soll. Ich will mich für echte sozialdemokratische Politik einsetzen. Die Union gibt es schon! Unsere Partei ist mehr als nur der ‚soziale Flügel‘ der Konservativen. Deshalb unterstütze ich diese Basisinitiative.“
Parteien unterscheiden sich nicht mehr
Etwa bei der Vorratsdatenspeicherung, gegen die sich kürzlich elf von 16 SPD-Landesverbänden ausgesprochen haben, da könne man doch „an der Parteispitze nicht darüber hinweggehen“, entrüstet sich Käser. Es gebe zudem „keine Unterstützung im Bereich der Bürgerenergie, in keiner Partei.“ Unterschiede zwischen den Parteien seien kaum noch zu erkennen, es werde zu viel dem Konsens geopfert.
Käser beschreibt gegenüber unserer Zeitung wie es nun weitergehen wird: „Es gibt Treffen ab dem kommenden Jahr, ein erstes im Bezirk Niederbayern.“ Vermutlich schon im Januar. Oberbayern werde womöglich dann einen Monat später folgen. Parallelstrukturen und große Programmkonferenzen wolle man mit Rammbock als klassische Basisinitiative allerdings nicht vom Stapel lassen, durchaus aber seien „Diskussionen über personelle Alternativen“ gewünscht. Bundes- und Landtagsabgeordnete hätten darauf bereits reagiert, so Käser. Jene habe er aufgefordert, „Gesicht zu zeigen bei den Treffen.“
Auf allen Kanälen
Von den vier Vorkämpfern Adam, Ferstl, Schug und Käser heißt es unisono: "Wir müssen selbst die Alternative sein, die wir fordern!" Und damit sich ihre Initiative schnell verbreitet, gibt es neben dem Facebookauftritt (www.facebook.com/zeitfuerdiemutigen) auch ein Video (www.andiemutigen.de) und obendrauf das Manifest über die Internetadresse: (http://issuu.com/zeitfuerdiemutigen/docs/manifest_zeit_fuer_die_mutigen).
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