Flüchtlinge und ein "Partei-Rebell"
(Wolnzach, wk)Wie in den letzten Jahren hatte die Wolnzacher SPD zusammen mit dem Kreisverband ins Hotel Hallertau zum politischen Jahresauftakt am Dreikönigstag eingeladen und nicht nur Wolnzacher Mitglieder, sondern auch aus dem Landkreis waren der Einladung gefolgt, doch nicht nur die, auch einige Gesichter der Wolnzacher Politprominenz wie Ex-Landrat Josef Schäch und Marktgemeinderat Mathias Böck ließen sich sehen.
Hermann Schaubeck und SPD-Kreisvorsitzender Markus Käser begrüßten die Gäste und Käser ging in seinem Statement gleich auf die bisherigen politischen Anstöße ein, die bei den letzten Dreikönigstreffen von der SPD gegeben wurden. Als Beispiele nannte er die Initiative zum Bündnis für Familien, Bildungsmonitoring, die kreisweite Windkraftplanung oder die Forderung nach einer Außenstelle des Landratsamtes in Vohburg – alles Punkte, die inzwischen vom Kreistag umgesetzt wurden. Das Jahr 2015 war für ihn ein Jahr, in dem die Politik zurückgekehrt sei, nicht nur in den politischen Gremien, sondern auch in den Familien. Grund dafür war sicherlich das Flüchtlingsthema. Dabei lobte Käser ausdrücklich Landrat Martin Wolf, der dieses Thema umsichtig, konstruktiv und hart an der Sache angepackt hätte. Käser lobte auch Martin Wolfs gute Zusammenarbeit mit den Landkreisbürgermeistern und seine warmherzige Art mit diesem Thema umzugehen – ganz im Gegensatz zur Landesspitze unter Horst Seehofer. Von der CSU-Spitze kämen Töne, die mit christlichen Werten nichts zu tun hätten wie zum Beispiel bei der generellen Ablehnung des Familiennachzugs bei anerkannten Asylbewerbern oder auf Kreisebene die Übernahme von NPD-Slogans auf CSU-Plakaten. Die Führung der Kreis-CSU konstruiere sogar Differenzen zwischen Bürgermeister Thomas Herker und Markus Käser, „doch zwischen unsere Schultern“, so Käser, „paßt kein Blatt“, was er später auch mit dem dazu gekommenen Thomas Herker demonstrierte.
Zu den Vorfällen in Köln war seine klare Meinung, dass gegen die Täter nach rechtsstaatlichen Grundsätzen hart vorgegangen werden müsse, doch was CSU-Generalsekretär Scheurer mit seinem pauschalen Verdacht gegen Flüchtlinge gemacht habe, sei gedankenlose Hetze. Die Lösung des Flüchtlingsproblems sei auf europäischer Ebene notwendig, denn Deutschland könne nicht jedes Jahr eine Million Menschen aufnehmen, da sei die Solidarität Europas gefordert und die östlichen Staaten dürften sich nicht nur die Rosinen herauspicken. Es gebe zwar keine Patentlösung und keinen Einzelschuldigen, aber es sei eine breite gesellschaftliche Diskussion erforderlich, die man nicht den linken und rechten politischen Rändern überlassen dürfe.
Herabgebrochen auf Landkreis- und Ortsebene wurden dann von Hermann Schaubeck die Bemühungen der Marktgemeinde bei der Schaffung von Wohnraum thematisiert. Dabei gehe es nicht nur um Asylbewerber und Flüchtlinge, sondern auch um junge Familien und Rentner, die günstigen Wohnraum benötigen. Er kritisierte dabei das zögerliche Vorgehen beim Einheimischen-Modell.
Pfaffenhofens Bürgermeiser Thomas Herker, der gerade von einem Urlaub aus Berlin nach Wolnzach kam, stellte das Pfaffenhofener Einheimischen-Modell vor, bei dem vor Umwandlung von Acker- zu Bauland 50 Prozent von der Gemeinde aufgekauft würden, um Einheimischen Grundstücke kostengünstig zur Verfügung zu stellen. Die Stadt investiere in den nächsten Jahren 30 Million Euro in den Wohnungsbau, so dass später unterm Strich 240 neue Wohnungen stehen würden. Auch für Obdachlose habe die Stadt ihre Bemühungen verstärkt und die Stadt tue mehr, als es ihre gesetzliche Pflicht sei.
Doch neben diesen aktuellen Themen standen auch parteiinterne Punkte auf der Tagesordnung. Der 71-jährige „Partei-Rebell“ Walter Adam aus Abensberg, der es sich „erlaubt“ hatte, auf dem letzten Landesparteitag gegen den amtierenden SPD-Landesvorsitzenden Florian Pronold zu kandidieren (knapp ein Drittel der Stimmen) stellte sich und seine von ihm initiierte Aktion „Zeit für die Mutigen“ vor. Anlass für ihn damals war die Aussage Pronolds, dass er sich auch eine Koalition mit der CSU auf Landesebene vorstellen könne. Das konnte Walter Adam als Verfechter alter sozialdemokratischer Werte nicht akzeptieren, darum auch seine Aktion der Mutigen. Auch die heutige SPD-Politik auf Bundesebene wie die Datenvorratsspeicherung, die Beteiligung Deutschland an Kriegshandlungen oder damals unter Gerhard Schröder die Abschaffung der Vermögenssteuer und die Einführung von HARTZ IV für die sozial Schwächsten verurteilte er. Nach der Vorstellung von Walter Adams Thesen entwickelte sich abschließend eine lebhafte Debatte über die aktuelle Lage der SPD und besonders über die Politik des Vorsitzenden Gabriel. Dazu gehörte auch die Kritik von Markus Käser an geplanten Gesetzen, die die Tätigkeiten regionaler Energiegenossenschaften stark beschneiden werden und somit die Energiewende auf kommunaler Ebene mit demokratisch organisierten Genossenschaften unmöglich machten.
Doch auch das Thema Flüchtlinge blieb nicht ohne Kommentare einiger Besucher. So wollte eine Besucherin aus Rohrbach wissen, welche Konzepte denn jetzt bestehen würde, wenn in diesem Jahr erneut über eine Million Flüchtlinge nach Deutschland kämen und warum nicht alle, die hier kein Bleiberecht hätten, abgeschoben würden. Auf die Hilfe der Europäischen Union könne man dabei nicht setzen. Sie kritisierte, dass erneut wieder planlos gehandelt werde. Hier mussten auch Käser und Herker passen, da diese Probleme nicht auf kommunaler Ebene gelöst werden könnten. Es war zu merken, dass einige der Besucher zum Schluss der Veranstaltung mit dem unguten Gefühl nach Hause gingen, dass die „große Politik“ hier wieder versagen würde.
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