Springer »Oben ohne«
(Pfaffenhofen, rs)Bekannt aus Funk und Fernsehen - diese Feststellung passt auf Christian Springer in jedem Fall; auch wenn sein Name möglicherweise nicht bei den ersten ist, die einem auf der Suche nach bayrischen Kabarettisten einfallen, so gehört er doch in jedem Fall zur allerersten Garde dieser Zunft. Am Freitagabend eröffnete Springer mit seinem Programm "Oben ohne" die dritte Spielzeit der Kabarettreihe "BrotZeit & Spiele" im Pfaffenhofener Stockerstadl.
Mit Claus von Wagner klang das alte Jahr fulminant aus, Christian Springer und damit der Premiere 2016 steht dieser Qualität in nichts nach. Kurze Ansage, auf der Bühne nichts weiter als ein Stuhl, der Künstler betritt die Bühne und stellt sein Glas Fruchtsaftschorle neben eben dieses einzige Utensil ... um das Getränk aber über das gesamte Programm hinweg zu ignorieren. Kein Wunder, hat er doch zwischen seinen Textpassagen nicht einmal richtig Zeit zum Luftholen, geschweige denn zum Trinken. Zwischenzeitlich ist es dem Publikum fast unmöglich, allein nur den Worten zu folgen, die von der Bühne in den Saal gefeuert werden, bezüglich der dahinter steckenden Anspielungen und Hintergedanken ganz zu schweigen.
Von tagesaktueller Politik ("Wollen Sie auch einmal mit dem Omnibus nach Berlin fahren?") kommt Springer quasi übergangslos zu seiner ganz persönlichen Sichtweise der Geschichte bayrischer Ministerpräsidenten von Strauß über Stoiber und Seehofer bis hin zu den ihn offensichtlich erschreckenden Vorstellungen eines Ministerpräsidenten Söder. In Wildbad Kreuth sei ja heutzutage rein gar nichts mehr los, nicht einmal Schnee hätten sie gehabt. Der Strauß zu seiner Zeit, der hätte die Klausurtagung im August machen können und es hätte geschneit, da könne man sich sicher sein. Seehofer fahre stattdessen direkt im Anschluss an dieses so prestigeträchtige Treffen seiner Partei zu den Saudis, um im Auftrag und namens Angela Merkel Panzerverkäufe in die Wege zu leiten. Aber schließlich - so sinniert der Kabarettist vor sich hin - müsse man in Zeiten ökologischer Denkvorgaben durchaus zu berücksichtigen, dass München näher an Riad liege als Berlin. Was man aber in einem solchen Fall der Frau Scheich als Geschenk mitbringe? Ein Bier gebraut nach bayrischem Reinheitsgebot? Eine Altöttinger Madonna? Ein Diandl? Scheint irgendwie alles nicht so wirklich passend.
Über die Hundephobie unserer Kanzlerin - von Wladimir Putin ganz offensichtlich immer wieder schamlos ausgenutzt, indem er durchwegs seinen Labrador zu den Treffen mit ihr mitbringt - leitet er über die "Stärke der Frau Merkel" zu den starken Frauen der Antike, den Amazonen, die mit ihrer "Oben ohne" Kriegsmontur die gegnerischen Männer kampfunfähig machten. Aber auch gesellschaftskritische Fragen unseres Zeitalters finden ihren Platz im Programm: " Du kannst heute nichts mehr sagen, nichts mehr machen, ohne dass du nicht sofort 100 Protestierer hast." Und dass Seehofer die Energiewende als zu überstürzt bezeichnet, obwohl schon die alten Ägypter den Wind zum Antrieb ihrer Maschinen nutzten, erzeugt bei Springer Unverständnis. "Ich als bayrischer Ministerpräsident könnte nicht mehr schlafen, ich könnte das nicht aussitzen - ich hätte die Energiewende einfach eingeführt. Aber keine Angst ...", beruhigt er das Publikum, noch bevor irgendwelche Bedürfnisse geweckt werden.
Christian Springer hat gleich zu Jahresbeginn ein Zeichen gesetzt. Plattitüden und Belanglosigkeiten haben keinen Platz bei BrotZeit & Spiele, professionelles und knallhartes Kabarett setzt den Maßstab dieser Veranstaltungsreihe. Das kommt an beim Publikum, das die Herausforderung von 2 Stunden vollster Konzentration gerne annimmt. Mit Senkrecht & Pusch geht es in der Kabarettreihe des Stockerstadls am 17. April weiter, dem "besten Komiker-Duo zwischen Nordsee und Alpen". Quadro Nuevo (2. Juni), Han's Klaffl (24. September), Philipp Weber (23. Oktober) und Simone Solga (9. Dezember) stehen im weiteren Jahresverlauf auf dem Programm. Karten gibt es, solange es welche gibt, über www.okticket.de
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