Nur an der Gewerbesteuer gescheitert
(Pfaffenhofen, hr)Sparkassenvorstand Norbert Lienhardt Foto: hallertau.info/Archiv
Die Sparkassenfusion ist vom Tisch, dennoch wirkt das Nein aus Pfaffenhofen noch nach. Sparkassenvorstand Norbert Lienhardt stand unserer Redaktion nicht nur zu den Fragen der Fusion, sondern auch wie er die Zukunft für das Geldinstitut sieht Rede und Antwort.
Herr Lienhardt, wenn Sie in die Zukunft sehen, welche Schwierigkeiten warten auf das deutsche Regionalbankensystem in den kommenden Jahren?
Die Herausforderungen für alle Finanzdienstleister sind enorm.
In erster Linie ist es wohl die weiterhin geltende Niedrigzinspolitik der EZB. Damit kommen die Zinserträge jeder Bank massiv unter Druck. Nehmen Sie allein die Rendite einer 10-jährigen Bundesanleihe: sie liegt gerade bei 0,25 %. Für die Regionalbanken, das sind im wesentlichen die Sparkassen und Genossenschaftsbanken, kommen die Kosten des Vor-Ort-Seins zusätzlich erschwerend hinzu. Durch unsere Präsenz in der Fläche sind damit deutliche Mehrkosten an Personal und Sachmittel zu schultern. Die Direktbanken haben hier einen deutlichen Vorteil. Und in der immer beliebter werdenden Welt des Internets geben die Direktbanken genau diesen Kostenvorteil weiter, indem diese vielfach
keine Gebühren, z.B. für Kontoführung etc., in Rechnung stellen.
Neue Anbieter von Finanzdienstleistungen (z.B. Paypal) werden immer kreativer im Design komfortabler Apps für Smartphones oder Tablets. Das jüngst gegründete Joint Venture zwischen Apple, Amazon und Google hat zum Ziel, den Zahlungsverkehr und die digitale Bank zu revolutionieren. Und genau diese werden nicht von der Bankenaufsicht kontrolliert.
Wie wirken sich die zunehmenden Reglementierungen durch die EZB und die BaFin auf die Sparkasse aus?
Die Regulierung ist ein ganz spezielles Thema. Was hier entstanden ist und noch entstehen wird, ist außerordentlich komplex. Die Vorschriften kommen immer zahlreicher, mit immer kürzer werdenden Umsetzungszeiträumen und einem unvorstellbar hohen Datenhunger der Aufsichtsbehörden. Und mittlerweile wird auch nicht mehr unterschieden zwischen einer kleinen Bank vor Ort oder einer international tätigen Bank. Mir kommt es schon fast so vor, als würde man die Vorschriften für den Gefahrguttransport auf den Personenverkehr übertragen.
Eines ist klar: für die Umsetzung und Einhaltung der Vorschriften sind sehr gut ausgebildete Mitarbeiter erforderlich. Dies bedeutet sowohl hohe Personalkosten und Aufwendungen für Fortbildung als auch hohe Investitionskosten für entsprechende Software.
Wie ist die Sparkasse Pfaffenhofen derzeit aufgestellt?
Wir sind mit dem Geschäftsjahr 2015 mehr als zufrieden. Wir konnten damit wieder einmal zeigen, dass wir zu den fünf erfolgreichsten Sparkassen in Bayern gehören. Im Wachstum des Kundenkreditgeschäftes lagen wir weit über dem Durchschnitt der bayerischen Sparkassen. Das ist sicherlich auch der beeindruckenden Wirtschaftskraft der Region geschuldet, aber ganz besonders auch dem Engagement und dem kompetenten Auftreten unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Warum wollten sie eine Fusion mit Ingolstadt und Eichstätt eingehen?
Es gibt einen beeindruckenden Katalog an Argumenten, die für eine Fusion gesprochen hätten. Im Fokus stand die beste strategische Ausrichtung unserer Sparkasse in einem bereits sehr homogenen Wirtschaftsraum – zum Wohle der Kunden, der Mitarbeiter und Eigentümer. Zum Beispiel hätten unsere Privat- und Firmenkunden einen deutlichen Mehrwert erfahren: mehr Spezialisten, umfangreicheres Produkt- und Beratungsangebot und eine schnellere Entscheidung vor Ort. Eine fusionierte Sparkasse hätte sich demzufolge noch stärker auf das Wachstum im Kundengeschäft und weniger auf Kostenreduzierung konzentrieren können. Das gemeinsame Eigenkapital hätte einen beeindruckenden Beitrag zur wirtschaftlichen Stabilität und Förderung des Gemeinwohls unserer Region geleistet.
Ein weiterer Vorteil: wir leben in einer Region, in der Vollbeschäftigung herrscht. Fachkräfte und Nachwuchskräfte sind so gut wie nicht mehr zu finden. Aber genau diese brauchen wir dringend. In einer fusionierten Sparkasse hätten wir einen internen Arbeitsmarkt etablieren können, nämlich durch die Zusammenlegung interner Abteilungen (Personal, Rechnungswesen, Sachbearbeitung etc.), die es
vorher dreimal gegeben hat und in der Fusion nur einmal erforderlich gewesen wären. Damit hätten viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit neuen oder spezielleren Aufgaben betraut werden können. Für sehr viele hätten sich damit sehr interessante Perspektiven und Karrieremöglichkeiten ergeben.
All diese Vorteile wurden uns auch durch ein externes Gutachten und im Rahmen einer Kundenveranstaltung bestätigt.
Nun sind die Gespräche über einen Zusammenschluss offiziell gescheitert. Wo hakte es?
Auf Ebene der sieben Vorstände wurden alle Themen kollegial und einvernehmlich erörtert. Die Beteiligten waren sich der Einmaligkeit und Wichtigkeit der Fusion im Klaren und haben vor diesem Hintergrund die Verhandlungen lösungsorientiert und ohne persönliche Eitelkeiten geführt. Es herrschte eine sehr gute Gesprächsatmosphäre.
Rückblickend betrachtet sind die Gespräche weder an den Themen der
Sparkasse (Geschäftsstrategie, Geschäftsverteilung etc.) noch an den
Themen der Träger (Name, Sitz, Gremienstruktur, Anteilsverhältnisse etc.) gescheitert, sondern ausschließlich an der Vereinbarung zur Gewerbesteuer der Stadt Pfaffenhofen.
Nun brach Pfaffenhofens Bürgermeister die Verhandlungen einseitig ab. Wie weit waren die Gespräche zu diesem Zeitpunkt fortgeschritten?
Aus meiner Sicht lagen alle Themen, bis auf das der Gewerbesteuer, entscheidungsreif auf dem Tisch.
Wäre es für die Kreissparkasse eine schlechte Hochzeit gewesen?
Nein, ganz im Gegenteil: wenn man sich die Nutzenbilanz der Fusion ansieht, hätten die Kunden, die Mitarbeiter, die Sparkasse selbst, aber auch die Träger insgesamt einen deutlichen Mehrwert gehabt.
Und der Zeitpunkt war ideal gewählt, da alle drei Sparkassen gleich
erfolgreich sind und damit ein Verhandeln auf Augenhöhe möglich war.
Nun sind die Gespräche für Pfaffenhofen beendet. Die Verhandlungen zwischen Ingolstadt und Eichstätt werden aber weitergeführt. Welche Folgen hat dies nun für die Kreissparkasse? Pfaffenhofens Bürgermeister hat angekündigt die Bank zukunftsfähig aufstellen zu wollen und spricht von Umstrukturierungen.
Herr Herker übergeht offensichtlich bewusst die Tatsache, dass gerade
unsere Strategie und das Engagement unserer Mitarbeiter den
herausragenden Erfolg der letzten Jahre ermöglicht haben. Um es nochmals klar zu formulieren: wir gehören seit einigen Jahren zu den fünf besten Sparkassen in Bayern.
Ich gehe daher davon aus, dass er dies spontan-emotional und aus einer politisch übermotivierten Situation heraus formuliert hat. Vielleicht ist diese Äußerung aber auch schon der Vorbote eines beginnenden Wahlkampfes.
Welche Probleme kommen nun auf die Sparkasse zu?
Nach heutigem Stand der Erkenntnisse sehen wir keine Probleme, die wir nicht schon in unseren Planungen berücksichtigt haben. Der Sparkassenverband geht davon aus, dass sich die Bankenlandschaft verändern wird.
Wird man in einigen Jahren fusionieren müssen oder sind Fusionsgedanken mit dem Ende der Gespräche endgültig vom Tisch?
Vor dem Hintergrund der politischen Situation, die das Scheitern der
Fusionsgespräche zur Folge hatte, bleibt zu befürchten, dass unsere
Sympathiewerte als Fusionspartner deutlich gesunken sind.
Unsere Planungen für die nächsten fünf Jahre sind aber positiv und stabil.
Das Gespräch führte Harald Regler
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