Ein Rückschlag für den politischen Zusammenhalt in der Region
(Pfaffenhofen, hr)Vieles wurde über die geplatzte Sparkassenfusion schon geschrieben. Warum man nun mit Ingolstadt in Verhandlungen eingetreten ist, wieso die Gespräche gescheitert sind, und wie groß der politische Schaden für den Landkreis ist, diesen Fragen stellte sich Landrat Martin Wolf im Interview.
Warum wollte man eine Fusion der Sparkassen Ingolstadt, Eichstätt und Pfaffenhofen?
Ziel ist und bleibt dauerhaft die Sparkasse Pfaffenhofen gut für die Herausforderungen der nächsten Jahre aufzustellen. Hier kann Größe auch Stärke bedeuten. Mit dieser Intention sind wir angetreten.
Kam das Ansinnen einer solchen Fusion von der Sparkasse selbst?
Es ist so, dass die Landräte aus Eichstätt und Pfaffenhofen auch im Verwaltungsrat der Sparkasse Ingolstadt sitzen. Deshalb wurden diese Überlegungen sowohl auf der Vorstandsebene, wie auch auf der Ebene des Verwaltungsrates zeitgleich ausgetauscht.
Welche Überlegungen haben letztlich zum Entschluss geführt, diese Verhandlungen aufzunehmen?
Im Grunde kann man die Herausforderungen der Zukunft in fünf Themenblöcke zusammenfassen. Hier steht an erster Stelle die Niedrigzinsphase. So werden über die Zinsgestaltung kaum mehr Erträge generiert. Hinzu kommt die Digitalisierung. Wir stehen hier erst am Anfang einer Entwicklung, die die Struktur der Banken immer mehr erfasst. Kleine Banken können diese meist schwieriger umsetzen. Auch die Regulatorik ist in diesem Zusammenhang ein entscheidender Faktor. Die Regionalbanken haben mit komplexesten Vorschriften für Prüfszenarien gegenüber den Bankenaufsichten zu kämpfen. Dies erfordert natürlich auch vor Ort Spezialisten. Gerade aber hier zeigt sich, dass kleine Häuser ein Problem haben. Beim Personalrekruting in einem Raum der Vollbeschäftigung ausweist, wird es immer schwieriger, die entsprechenden Fachleute an kleinere Einheiten zu binden ohne das Gehaltsgefüge zu sprengen. Schlussendlich muss sich auch eine kleine Bank immer stärker mit den Themen Verbraucherschutz und Rechtsprechung auseinandersetzen. Hier verzeichnete man in den vergangenen Jahren einen deutlichen Zuwachs. All das erzeugt zusätzlichen Kostendruck.
Aus diesem Grunde haben wir ernsthaft über einen Zusammenschluss der drei Häuser nachgedacht.
Kam Ingolstadt auf Pfaffenhofen zu?
Ja. Das Angebot in die Gespräche einzusteigen kam von Ingolstadt und Eichstätt.
Wie lange hat man verhandelt?
Vorgespräche gab es seit etwa 9 Monaten, in denen die Modalitäten der Gespräche abgestimmt worden sind. Die intensiven Verhandlungen haben sich über drei Monate hingezogen.
Nun ist aus den Verhandlungen doch einiges durchgesickert. Der Knackpunkt war letzten Endes wohl die Gewerbesteuer, man hat aber auch schon vernommen, dass die Chemie zwischen den Verhandlungspartnern nicht gestimmt haben soll.
Gescheitert ist es an unterschiedlichen Modellen der Gewerbesteuerverteilung. Pfaffenhofen hat ein eigenes Modell eingebracht, das eine Kompensation für die Verlagerung von Arbeitsplätzen gewesen wäre. Während die Ingolstädter das klassische Modell der Gewerbesteuer nach Lohnsummen präferierten, mit zusätzlichen Ausgleichsmodalitäten, um schlechtere Stellungen gegenüber einer Einzellösung, eines Stand-alone-Modells, zu vermeiden. Pfaffenhofen brachte eine Verteilung der Steuer mit Fortschreibung eines Pfaffenhofener Lohnsummenanteils von heute über das 2021 hinaus ein.
Ist dieses Modell diskutiert worden?
Ja, das ist natürlich diskutiert worden. Es gab zwei verschiedene Modelle, und es war zu erkennen, dass die jeweils andere Partei sich nicht dazu in der Lage sieht, das andere Modell zu 100 Prozent zu übernehmen, denn dies würde Probleme in den eigenen Gremien geben, wenn man ihnen ein Modell vorschlägt, dass zu 100 Prozent das des anderen gewesen wäre.
Vor Abbruch der Gespräche wäre es notwendig gewesen, einen Kompromiss zwischen beiden Modellen zu finden. Zu diesen Verhandlungen ist es aus bekannten Gründen nicht mehr gekommen.
Wie weit waren die Verhandlungen mit Ingolstadt und Eichstätt gediehen?
Die Verhandlungen waren sehr weit fortgeschritten. Beispielsweise gab es bereits den Entwurf eines Fusionsvertrages und es gab Vereinbarungen über die Verteilung der Verbands- und Verwaltungsräte. Auch über die künftigen Vorstandmitglieder war man sich einig. Für Pfaffenhofen hätte es einen eigenen Regionalvorstand geben sollen.
Man hat versucht die Regionalität zu erhalten?
Ganz genau. Wobei natürlich das Handelsrecht vorgibt, dass die Vorstände am Hauptsitz der Sparkasse arbeiten müssen, aber dennoch hätte es die Möglichkeit gegeben eine Gebietszuständigkeit zuzuweisen und somit auch eine Präsenz in Pfaffenhofen sicherzustellen.
Nun spricht Ingolstadts Oberbürgermeister davon, dass die geplatzte Fusion etwa 18 – 20 Prozent Personal kosten könnte. Auch Pfaffenhofens Bürgermeister Thomas Herker spricht im Stadtratsbeschluss von Umstrukturierungen. Welche Probleme kommen auf die Kreissparkasse zu?
Bei einer enger werdenden Ertragsseite und Rationalisierungsmöglichkeiten durch die Digitalisierung sind zwangsläufig die Kosten anzugleichen, und hier ist insgesamt auch der Personalkörper in die Planungen miteinzubeziehen, wobei - unser Ziel immer war und ist, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Dies bedeutet eine Personalangleichung im Rahmen der natürlichen Fluktuation.
Auch die Filialen sind ein Prüfgegenstand, vor allem, wenn erkennbar ist, dass die Kundenfrequenz in den Filialen wie in den vergangenen Jahrzehnten trotz einer steigenden Bevölkerung nicht mehr gegeben ist. Geldautomaten sind oft ausreichend.
Nun drängt sich die Frage auf, ob man dann nicht in einigen Jahren gezwungen sein wird zu fusionieren?
Der Gedanke einer Fusion ist vom Tisch. Man muss sehen, dass wir uns als Sparkasse unter den 71 Sparkassen in Bayern vom Mittelfeld in die Top Five hinaufgearbeitet haben. Wir konzentrieren uns jetzt auf uns selbst.
Die geplatzte Fusion hat auch politische Auswirkungen. So wurde von den Bürgermeistern aus Vohburg, Geisenfeld und Wolnzach ein Antrag gestellt, in einer der kommenden Bürgermeisterdienstbesprechungen das Thema der Gewerbesteuerverteilung zu diskutieren. Wie stehen sie zu dem Modell, die Gewerbesteuer der Sparkasse künftig nicht mehr nach der Lohnsumme, sondern nach der Wertschöpfung zu verteilen?
Der Landkreis hat bei diesem Thema kein ureigenes Interesse, weder in die eine noch in die andere Richtung, weil er keine Gewerbesteuerzahlungen direkt erhält.
Nun hat man auch schon gehört, dass Wolnzach und Geisenfeld einen entsprechenden Antrag in den Kreistag einbringen wollen. Hier wäre eine heftige Auseinandersetzung zu befürchten.
Dem Kreistag fehlt hierzu die Zuständigkeit. Für Verteilungen außerhalb der gesetzlichen Regel bedarf es lt. Gewerbesteuergesetz eine einstimmige Übereinkunft der betroffenen Gemeinden.
Sie gehen jetzt dann auf China-Reise gemeinsam mit Ingolstadts Oberbürgermeister Christian Lösel und dem Landrat aus Neuburg-Schrobenhausen Roland Weigert. Die Region 10 wächst somit wirtschaftlich immer mehr zusammen. Wie groß ist der politische Schaden durch die geplatzte Fusion?
Es ist ein Rückschlag für den politischen Zusammenhalt in der Region. Ich gehe aber davon aus, dass die jeweils verantwortlichen Akteure einen professionellen Umgang mit der Gesamtsituation an den Tag legen, so dass damit für die Bürgerinnen und Bürger keine Nachteile entstehen.
Recht professionell war das Platzenlassen der Verhandlungen aber nicht?
Das muss jeder für sich bewerten. Ich sehe meine Aufgabe darin, den Landkreis Pfaffenhofen zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger weiter als konstruktiven Partner am Regionstisch zu halten. In der Region gibt es enge Verflechtungen beim Planungsverband, beim Müllzweckverband, beim Rettungszweckverband, beim Gemeinschaftstarif des öffentlichen Personennahverkehrs sowie bei vielen sozialen Aspekten wie dem Frauenhaus in Ingolstadt, der Asylsituation Oberstimm und dem Regionalmarketing der IRMA sowie letztlich auch bei der Chinastrategie. Es gibt am Ende mehr als ein halbes Dutzend großer Themen, bei denen die Region auch weiterhin konstruktiv zusammenarbeiten muss, sonst würden unsere Gemeinden richtig Schaden nehmen. Abschließend will ich deutlich sagen, es geht bei keinem Thema darum, sich dem Größeren unterzuordnen. Meine Erfahrung ist, mit konstruktiven Ringen gewinnen alle.
Das Gespräch führte Harald Regler
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