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Zwischen erhitzten Gemütern und Turbohähnchen

(Wolnzach, hr)

Michael Lohr, Vorsitzender der Wolnzacher und Rohrbacher Ortsgruppe

Zu bisweilen hitzigen Wortgefechten zwischen Tierschützern, Eschelbachern und Landwirten kam es bei der Informationsveranstaltung zum Thema Hähnchenmast im Hotel Hallertau. Der Bund Naturschutz hatte aufgrund der aktuellen Planung der Familie Höckmeier eingeladen und rund 150 Interessierte waren gekommen.

Eschelbach rückt mehr denn je in den Fokus der Naturschützer, denn dort könnte die größte Hähnchenmastanlage Bayerns entstehen. Insgesamt sollen dort laut Planunterlagen mehr als 140.000 Hähnchen in vier Stallungen gehalten und bis zur Schlachtreife aufgezogen werden. Ein Ansinnen, das in dem kleinen Dorf bei Wolnzach nicht nur auf geteilte Meinung stößt, sondern zum Teil die Gemüter sehr erhitzt. „Wir wollen die bäuerlichen Strukturen erhalten“ erklärt Marion Ruppaner, Referentin für Landwirtschaft beim Bund Naturschutz. „Eine Anlage dieser Größe kann man nur als industriell bezeichnen“, führt sie weiter aus.

Ihren Ausführungen zufolge werden in ganz Deutschland jährlich 760 Millionen Hähnchen produziert. Bayern hält hier einen Anteil von 5,26% an der gesamtdeutschen Produktion. Eine Zahl, die die Naturschützerin für deutlich zu hoch hält. Sie verwies in ihrem Vortrag auf eine Überproduktion im Hähnchenbereich von knapp 30% und stellte damit die Frage, ob eine solche Anlage überhaupt noch nötig ist.

Ob und vor allem wie die Hähnchen gemästet werden, das entscheiden letztlich die Verbraucher mit ihrem Geldbeutel. Josef Konrad vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten berichtete von zwei niederbayerischen Betrieben, die versuchten Premiumqualität anzubieten. Statt 40.000 Hühnchen wurden in den Stallungen nur mehr 27.000 gehalten. Mehr Platz und auch entsprechender Auslauf sowie eine längere Mastdauer führten aber zu einem deutlich höheren Preis für den Endverbraucher. „Man muss auch bereit sein, diese Qualität entsprechend zu bezahlen“, so Konrad. Eine Bereitschaft, die aber so noch nicht unbedingt gegeben ist, denn das Hühnchenfleisch dieser Betriebe blieb wegen des Preises in den Theken liegen. So scheinen der hohe Einsatz von Antibiotika und dadurch mögliche Resistenzen sowie die Masthaltung noch keine Auswirkungen auf das Kaufverhalten zu haben.

Dass es gerade von der Verbraucherseite her ein Umdenken braucht, das bestätigte nicht nur Marion Ruppaner, sondern auch Biobauer Stephan Krepphold. Allerdings widersprach der Landwirt in gewissem Sinne auch Max Weichenrieder, dem Kreisvorsitzenden des Bauerverbandes. Dieser hatte zuvor betont, dass es sich in Eschelbach um eine betriebliche Entscheidung des Landwirts handle und er letztlich mit dem, was er anbietet, am Markt bestehen muss. „Dieser Liberalismus braucht Grenzen“, so die Aussage von Krepphold. Er sprach auch die Umweltbelastung im näheren Umfeld solcher Anlagen an. Wolnzachs Grüner Willi Kling präzisierte diese Aussage noch: „Wenn unsere Gesellschaft eine solche Tierhaltung nicht haben möchte, dann muss man den gesetzlichen Rahmen ändern.“ Allerdings machte er auch deutlich, dass diese Diskussion nicht in Wolnzach, sondern an anderer Stelle geführt werden muss. Grundsätzlich betonte aber Josef Konrad, dass sich in der Landwirtschaft selbst in den vergangenen Jahren vieles getan hat und konventionelle Betriebe keineswegs per se schlecht sind. Eine Aussage, die auch der BN-Vorsitzende teilte.

Josef Konrad vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Kreisvorsitzender vom Bayerischen Bauernverband Max Weichenrieder

Allerdings hat man vor allem im Bereich der Hähnchenmast noch einen ziemlichen Weg zurückzulegen. Zwar gibt es ab 2017 ein Verbot der Schnabelbehandlung bei Legehennen, bei der den Tieren der Schnabel gekürtz wird, damit sie sich nicht gegenseitig verletzten, dennoch betonte der Amtsleiter aus Pfaffenhofen, dass man in diesem Bereich zu einer Zweitiernutzung – also zu einer Rasse die sowohl für den Legehennenbetrieb als auch für die Mast geeignet ist – zurück muss. Ein Weg, der aber auch mit einer aufwendigen Züchtung verbunden ist und somit einige Jahre in Anspruch nehmen wird.

Ob und vor allem mit welchen Auflagen diese Anlage gebaut werden darf, das wird derzeit rechtlich geprüft. Die entsprechenden Unterlagen liegen im Landratsamt öffentlich aus. „Wir hoffen natürlich, dass es uns gelingt diese Erweiterung zu verhindern“, so Michael Lohr, Vorsitzender der Ortsgruppe Wolnzach Rohrbach. Schlussendlich wird diese Entscheidung aber nach der Abwägung aller Einsprüche, die öffentlich erfolgen soll, in Pfaffenhofen getroffen.

Im Wolnzacher Gemeinderat wird in Bezug auf diesen Antrag nur geprüft, ob die Erschließung der Anlage gewährleistet ist. „Bei einer Erweiterung“, so Michael Lohr, „muss man mit insgesamt 2500 Fahrten pro Jahr  durch Eschelbach rechnen. Dies wird bei den Eschelbachern selbst durchaus kritisch gesehen, denn die Dorf- und Emmeranstraße wurden zwar mit Fördergeld der ALE ausgebaut doch nicht verbreitert. „Wir haben uns damals lange mit dem Amt auseinander gesetzt, aber eine Verbreiterung konnten wir nicht erreichen“, so Weichenrieder über die damalige Diskussion. Dass man hier möglicherweise falsch gehandelt hat, das zeigt sich in Oberlauterbach. Hier wurde die Dekan-Hofmeierstraße nicht nur ausgebaut, sondern auch verbreitert.

Insgesamt hofft auch der Bund Naturschutz mit seinem Ortsvorsitzenden Michael Lohr, dass der Markt Wolnzach auch dem erneuten Antrag für eine Erweiterung der Hähnchenmast aus dem genannten Grund – der nicht gegebenen Erschließung - negativ gegenüber steht.


 

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