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Barbara Stamm über die Würde und Wertschätzung

(Scheyern, rs)

"Die Würde des Menschen ist unantastbar." Diese Aussage aus dem Artikel 1 der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland hatte sich Landtagspräsidentin Barbara Stamm zum Thema eines Vortrags am Samstagnachmittag gemacht. Die Aussage in dieser Form scheint ihr dabei jedoch viel zu abstrakt, so dass sie deren Kern an den Lebenssituationen unterschiedlichster gesellschaftlicher und sozialer Gruppen spiegelte. Um die 100 Zuhörer waren am Samstagnachmittag der Einladung der Senioren-CSU im Kreis gefolgt.


Barbara Stamm und ihre Parteifreunde Karl Straub, Jochen Lojewski und Erich Irlstorfer (von links)

Ein ganz anderes Thema stand zunächst im Vordergrund der Grußworte: die Ankündigung Barbara Stamms, zukünftig dem Politiker-Derblecken beim Starkbieranstich am Münchener Nockherberg fernbleiben zu wollen, fand Verständnis und Anerkennung beim Landtagsabgeordneten Karl Straub ebenso wie beim Bundestagsabgeordneten Erich Irlstorfer. Die Nockherberg-Kritik an verdienten Frauen in Bayerns Politik sei "komplett daneben" gewesen, so Straub. Als wie ernsthaft sich die am Samstagnachmittag spontan geborene Idee erweisen wird, ein alternatives Starkbierfest in Scheyern zu veranstalten, das wird sich zeigen.

Wie nicht anders zu erwarten war zunächst die Situation der Flüchtlinge der Aufhänger, die Würde des Menschen zu beleuchten und zu bewerten. Karl Straub (CSU) - der Barbara Stamm quasi als "seine Chefin im Landtag" begrüßte - machte deutlich, wie schwer manchmal Entscheidungen über Einzelschicksale im Petitionsausschuss zu treffen sind. Scheyerns Bürgermeister Manfred Sterz (FW) hingegen zeigte sich hoch zufrieden, wie gut sich 50 neue Mitbürger - Iraker und Syrer - seit Mitte Februar in seiner Gemeinde eingelebt hätten. Zwei unterschiedliche Arten der Konfrontation mit Menschen auf der Flucht führen somit zwangsläufig zu zwei grundverschiedenen Aufgabenstellungen - als Entscheider über menschliche Schicksale einerseits und Verantwortlicher für Integration andererseits - und stellen die "Würde des Menschen" in ihrer Konsequenz vollkommen unterschiedlich dar.

Kurz auf die Flüchtlings-Thematik eingehend machte Barbara Stamm in ihrer Rede deutlich, dass jeder Mensch - auch in unserer globalen Welt - eine Verwurzelung brauche; dabei handele es sich um die Sehnsucht des Einzelnen nach Heimat. Man müsse sehr deutlich differenzieren zwischen einer sich ändernden Gesellschaft und der Flüchtlingsfrage; das sei keineswegs gleichzusetzen. Die Veränderungen in unserem Zusammenleben haben ihre Ursachen in vielen Einflussfaktoren, es handele sich dabei um einen schleichenden Prozess, der nicht durch Menschen, die aus anderen Kulturkreisen zu uns kommen, gesteuert würde. Bevor sie schließlich auf das eigentliche Thema ihres Vortrags kam, ließ Barbara Stamm es sich nicht nehmen, andere aktuelle politische Diskussionen zumindest ansatzweise zu bewerten: TTIP etwa oder die Wahlerfolge der AFD bei den zurückliegenden Landtagswahlen. Über die seien jetzt nämlich Koalitionen vorstellbar, an die früher nie zu denken gewesen wäre, was auch ihre familieninternen Diskussionen vereinfachen würde (Tochter Claudia sitzt für Bündnis90/Die Grünen im bayrischen Landtag). Ganz besonders ging das "soziale Gewissen der CSU" auf die Situation der Familie in der heutigen Zeit ein, forderte ein Umdenken in der Arbeitswelt, damit Eltern mehr Zeit für ihre Kleinkinder aufbringen könnten. "Wer meint, dass Familie out ist, der ist auf dem Holzweg."

Die Würde als das angekündigte Vortragsthema beleuchtete Barbara Stamm unter unterschiedlichsten Gesichtspunkten: die Würde der Ehrenamtlichen, ohne deren Einsatz die Gesellschaft an vielen Punkten nicht mehr funktionieren würde; die Würde der Menschen in sozialen, besonders Pflegeberufen, deren gesellschaftliche Anerkennung in vielen Teilen zu wünschen übrig lasse; die Würde von Menschen, die nach Jahrzehnten in der Arbeitswelt im Rentenalter Unterstützung beim Sozialamt holen müssen, um ihre Grundbedürfnisse befriedigen zu können; aber auch die Würde eines Politikers, der in der Pflicht steht, schwierige Entscheidungen treffen zu müssen.

"Die Sicherheit in unserer Welt ist einigermaßen durcheinander geraten", nannte Jochen Lojewski, Kreis- und Bezirksvorsitzender der Senioren-CSU, als einen der Antriebe, Barbara Stamm zu einem Vortrag einzuladen. Die Ukraine, Syrien, der IS - im Jahr 2014 seien ungefähr 49 Millionen Menschen auf der Flucht gewesen, aktuell sind es bis zu 70 Millionen. Aber auch die sich auftuenden sozialen Schieflagen resultierend aus Ich-AG's, Teilzeitbeschäftigungen, Leiharbeit oder befristeten Anstellungen bereite Sorgen. Ist das Konstrukt gesetzliche Renten, Riester und / oder betriebliche Altersversorgung für die Zukunft tragfähig? Antworten gab es erwartungsgemäß keine am Samstag in Scheyern, die Diskussion um die Themen ist es jedoch allemal und immer wert, sich damit auseinander zu setzen.
 

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