Blick zurück und voraus - Pfaffenhofens oberster Jäger tritt ab
(Pfaffenhofen, rt)
Rudi Engelhard wird bei der kommenden Wahl nicht mehr als Vorsitzender der Jägervereinigung antreten. Foto: Raths
Seit beinahe drei Jahrzehnten ist Pfaffenhofens Altlandrat Rudi Engelhard an der Spitze der Jägervereinigung Pfaffenhofen. Am kommenden Freitag steht die Jahreshauptversammlung des hiesigen Jagdverbandes an. Eine neue Vorstandschaft wird dann gewählt. Engelhard allerdings will als Vorsitzender nicht mehr kandidieren. Im Gespräch mit unserer Zeitung blickt der „oberste Waidmann“ des Landkreises auf die ereignisreichen Jahre zurück und wagt zudem eine jagdliche Zukunftsprognose.
Hallertau.info: Herr Engelhard, was hat Sie in den Jahren als Vorsitzender der Jägervereinigung am meisten bewegt?
Rudi Engelhard: Für mich stand und steht im Mittelpunkt die Zusammenführung von Jagd und Naturschutz und die Einbindung in die gesellschaftlichen Entwicklungen. Auch wenn manche dies anders darstellen, sind nicht die zehn Rehe die bei uns auf einen Quadratkilometer leben beherrschend für die Gestaltung der Lebensräume, sondern die 160 Menschen. Die Erhaltung unseres Wildes hängt also ganz entscheidend davon ab, dass große Teile unserer Mitmenschen bereit sind sich für die Belange der freilebenden Tierwelt einzusetzen und auf deren Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen.
Hallertau.info: Wie haben sich die Natur, die Lebensbedingungen der Wildtiere und damit womöglich die Jagdmethoden im Laufe der Jahrzehnte verändert?
Rudi Engelhard: Die Lebensbedingungen der Wildtiere haben sich dramatisch verschlechtert. Es ist enger geworden, gerade in unserem Landkreis. Gewerbegebiete, Siedlungen und Infrastruktureinrichtungen können nicht in den Wolken errichtet werden, sie nehmen die Lebensräume unserer Mitgeschöpfe in Anspruch. Ein dichtes Straßennetz und damit der Autoverkehr zerschneidet die Landschaft. Die Landwirtschaft ist eintöniger geworden. Die Folge ist, dass viele empfindliche Tierarten in ihrer Existenz bedroht sind: Rebhühner, Wachtel, der Große Brachvogel, Roter Milan, Fasan aber auch die Hasen. Andere Tierarten, die von der Nähe zum Menschen profitieren, wie Schwarzwild oder Graugänse, haben stark zugenommen. Einige Tierarten sind auch neu im Landkreis heimisch geworden zum Beispiel der Silberreiher, der Kormoran, verschiedene Gänsearten, sogar der Kolkrabe, der Uhu oder Fischadler ist anzutreffen.
Hallertau.info: Haben sich im Laufe der Zeit in der Jagdausübung gravierende Änderungen ergeben?
Rudi Engelhard: Die Jagdausübung hat sich deutlich verändert. Bin ich zu Beginn meines fast 50-jährigen Jägerlebens noch durch die Wälder gepirscht, jagen wir heute aus Sicherheitsgründen fast nur noch vom Hochsitz aus, um die Spaziergänger nicht zu gefährden. Sind wir im Herbst mit der Flinte zu Hasen- und Fasanentreiben ausgerückt, stehen wir heute mit Repetiergewehren bei Saudrückjagden in den Wäldern. Die Fallenjagd wurde soweit eingeschränkt, dass sie bei uns im Landkreis praktisch nicht mehr durchgeführt wird.
Hallertau.info: Welchen Zeitaufwand forderte das Amt des Jägervorsitzenden?
Rudi Engelhard: Man muss alles im allem mit drei bis vier Stunden täglich rechnen.
Hallertau.info: Offenbar sind die Aufgaben in den vergangenen Jahren immer mehr geworden. Was beschäftigte Sie besonders?
Rudi Engelhard: Zunächst ist der Verein und seine Veranstaltungen zu organisieren. Die Jägervereinigung erstellt als anerkannter Naturschutzverband Stellungnahmen zu bedeutenden Vorhaben. Umfangreich ist das Dienstleistungsangebot für die Öffentlichkeit und die Mitglieder. Das geht von rechtlichen Fragen bis zur Rechtsschutz- und Hundeversicherung, Ausbildung von Jungjägern und Hunden, über die Wildschadensverhütung und -beratung bei Schäden. Hinzu kommt die Vermeidung von Verkehrsunfällen mit Wild, Betreiben einer Schweißhundestation, Durchführung zahlreicher Waldexkursionen über unsere Homepage „paf-jagd“ bis zur täglichen Beantwortung von drei bis fünf Anrufen rund um die Jagd - und das Betreiben eines eigenen “Hundesuchportals“ für entwichene Tiere.
Hallertau.info: Brachten denn Ihre vielen politischen Ämter auch Vorteile für die Jäger?
Rudi Engelhard: Das ist ganz einfach, wer heute etwas erreichen will, der muss bei den Entscheidungen mitwirken. So ist es nicht nur bei der Jagd.
Hallertau.info: Wurde es von den Jägern jemals kritisch gesehen, dass Sie als Funktionär sowohl gelernter Förster als auch praktizierender Jäger sind?
Rudi Engelhard: Den häufig proklamierten Gegensatz zwischen Jägern und Förstern pflegen wir in Pfaffenhofen nicht. Beispielsweise gehen auch viele private Jäger im Staatsforst zu Jagd. Ich denke, mehr Sachkenntnis und dafür weniger Emotionen hat der Jagd im Landkreis gut getan.
Hallertau.info: Wie ist es gegenwärtig um die Jägervereinigung Pfaffenhofen bestellt?
Rudi Engelhard: Die Jägervereinigung ist hervorragend aufgestellt und ich übergebe den Verband mit erheblichen finanziellen Reserven. Die Jägervereinigung hat einigen Grundbesitz und eine der größten zoologischen Sammlungen Deutschlands, auf die auch staatlichen Stellen zurückgreifen. Wir haben eine Jägerschule mit herausragenden Ergebnissen. Als einzigen Kreisgruppe haben wir eine professionelle Hundeschule mit eigenen Übungsplätzen für Jagd- und Begleithunde. Wir betreiben zwei eigene Cäsium-Messstellen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Die Mitgliederzahlen steigen und steigen. Wir gehören mittlerweile zu den größten Kreisgruppen innerhalb des Bayerischen Jagdverbandes.
Hallertau.info: Wie sehen Sie die Zukunft von Jagd und Jäger speziell im hiesigen Landkreis?
Rudi Engelhard: Der Weg in die Zukunft wird für die Jagd und die Jäger im Landkreis sehr steinig. Wie gesagt, werden die Lebensräume immer enger. Die freie Natur wird immer intensiver genutzt bei Tag und in den letzten Jahren auch bei Nacht. Spaziergänger, Mountainbiker, jetzt auch Oktokopter und Modellflieger, dazu bei Nacht Geocacher, nutzen jeden Winkel unserer Landschaft. Immer mehr dieser Mitnutzer der Natur versuchen, die Jäger zu verdrängen. In vielen Teilen unseres Landkreises müssen die Jäger die Reviere zum Beispiel bei Treibjagden bereits absperren, um Konflikte zu vermeiden.
Hallertau.info: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Engelhard!
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