Das große Geheimnis
(Pörnbach, rt)
Ein gut gehütetes Geheimnis rückt die Gemeinde Pörnbach ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Vor 25 Jahren wurde von den dortigen Bürgervertretern nämlich beschlossen, mit öffentlichen Geldern den „Gasthof zur Post“ zu kaufen. Warum, das weiß zumindest offiziell scheinbar niemand so recht. Nun soll das unter Denkmalschutz stehende Gebäude hergerichtet werden. Das wird den Steuerzahler jedoch teuer zu stehen kommen und erneut ein kleines Vermögen kosten.
Gestrigen Abend stand der mit großer Wahrscheinlichkeit im Jahr 1809 erbaute Gasthof ein weiteres Mal auf der Tagesordnung einer Gemeinderatssitzung. Drei Gutachter betrachteten sich nämlich das historisch bedeutsame Gebäude genauer. Klaus Hacker vom Ingenieurbüro Grad erläuterte vor den Räten das Tragwerkgutachten und kam darin zu dem Schluss, dass es „vom Tragwerk her gar nicht so schlimm ausschaut.“ Er empfahl dem Gemeinderat jedoch ein Nutzungskonzept, dass möglichst geringe Anforderungen, etwa hinsichtlich des Brandschutzes, stellt. Dies sei aber Aufgabe eines gegebenenfalls dann noch hinzuzuziehenden Architekten.
Hausbock und Holzwurm
Keine guten Nachrichten brachte der Sachverständige Klaus Geith mit in die Sitzung. Jener war beauftragt, den Gasthof auf Befälle holzzerstörender Organismen, Schimmelpilzen sowie auf eine Belastung mit künstlichen Mineralfasern, organischen Holzschutzmittelwirkstoffen und ausblühfähige Salze zu untersuchen. Geith stellte neben einem (erloschenen) Hausbockbefall auch den Gewöhnlichen Nagekäfer (auch als Holzwurm bekannt), holzzerstörende Pilze und den Befall mit Faulholz-Insekten fest. Im Dachraum gebe es darüber hinaus eine „massive Belastung mit Holzschutzmitteln“. Und zwar mit dem Fungizid Pentachlorphenol und dem Herbizid Lindan. Die Dämmung der Obergeschossdecke sei mit alter Mineralfaser ausgestattet. All die Stoffe stünden im Verdacht, krebserregend zu sein. Weiterhin fand Geith großflächigen Schimmelpilzbefall vor, der am stärksten im ehemaligen Jugendtreff ist: „Ein ungewöhnlich starker Befall.“ Zudem stellte der Fachmann „eine hohe Salzbelastung insbesondere durch Chlorid“ fest. Sein Fazit: „Man kann natürlich mit entsprechend hohem Aufwand die Schadstoffbelastung so reduzieren, dass eine Nutzung möglich wäre.“ Sollte es zu einem Rückbau in dem Gebäude kommen, so schloss Geith das Zutagetreten weiterer Schäden jedoch nicht aus. Gemeinderat Johannes Hofner (WG Puch) stellte daraufhin die Frage, ob aufgrund der aktuellen Erkenntnisse die gegenwärtige gastronomische Nutzung der Räume in Gefahr sei. Dies verneinte Bürgermeister Helmut Bergwinkel (FUW). Vom TÜV-München sei speziell der Gastraum auf Schimmelsporen untersucht worden: „Das ist soweit in Ordnung.“ Man müsse dort akut nicht handeln.
Außerordentliches Denkmal
Der Ingolstädter Kirchenmaler Bernd Pfaller äußerte sich zu den denkmalpflegerischen Aspekten. Einen geradezu erschrockenen Eindruck machten einige Räte, als dieser klar formulierte: „Egal was herauskommt, das Gebäude muss erhalten werden!“ Das Gasthaus werde vom Freistaat Bayern als „außerordentliches Denkmal“ gewürdigt. Nach Gesprächen mit der Denkmalbehörde sei klar: „Irgendwelche Hintergedanken, das Gebäude abzureißen, zu reduzieren und großartig hier den Boden platt zu machen, wurde uns im Vorneherein gesagt, geht gar nicht.“ Die Ansage des Landesamts für Denkmalpflege sei eindeutig: „Das Ding muss saniert werden, egal wie; Abriss kommt nicht infrage.“ Hinsichtlich einer Sanierung machte Pfaller dem Gremium deutlich: „Der Aufwand ist natürlich erheblich.“ Eine Machbarkeitsstudie und Wirtschaftsberechnung müsse zunächst erstellt werden. Insgesamt gesehen sei es ein „riesiger Aufwand und es gehört einiges dazu, die Sanierung zu machen“.
Wegen hoher Kosten: Bürgerbeteiligung erwünscht
Wohl eher rhetorisch gemeint war die Frage von Maximilian Klotz (FUW) zur Verwendung des Hauses: „Und wenn wir es saniert haben, was tun wir dann da hinein?“ Bürgermeister Helmut Bergwinkel (FUW) meinte, dass es verschiedenste Ideen gebe, wofür das Gebäude künftig genutzt werden könne: „Das sind Schritte, die wir erst erarbeiten müssen.“ Für die Gemeinde jedenfalls sei das Gebäude seit Jahren prägend.
„Gibt es Leute, die sowas kaufen“, wollte Stephan Fink (FUW) wissen vor dem Hintergrund, ob die Gemeinde finanziell überhaupt in der Lage ist, eine derart umfangreiche Sanierung durchzustehen. Geith antwortete darauf, dass mit Sicherheit ein Käufer gefunden werden könne. Bergwinkel, der auch auf gewisse Fördermöglichkeiten hofft, meinte dazu, „Verkaufen ist eine einfache, leichte Geschichte. Die Frage ist, was kommt dann rein.“
Für ein klassisches Projekt der Bürgerbeteiligung hielt Ludwig Mayr (FUW) die Angelegenheit, die er als Gemeinderat nicht alleine auf seine Kappe nehmen wolle. Damit war er sich mit Roswitha Kraus (DG) einig, die sagte: „Die Bürger sollten beteiligt werden, da ist viel Geld im Spiel.“ Grad mahnte im Zuge der Diskussion, dass je nach Ausführung und späterer Nutzung unter Umständen „Kosten ohne Ende“ entstehen könnten.
Der wunde Punkt
Klotz wollte dann wissen, warum seinerzeit das Anwesen überhaupt von der Gemeinde gekauft worden ist. Demnach könnte sich seiner Meinung nach auch, dessen spätere Verwendung richten. Damit traf der Gemeinderat einen wunden Punkt. Bergwinkel blieb dazu kurz angebunden uns sagte lediglich: „Es war ein Grundstücksgeschäft, das nicht öffentlich behandelt worden ist.“ Als Grund des Kaufes vermutet der Gemeindechef die „zentrale Lage.“
Auf heutige Nachfrage unserer Zeitung erklärte Bergwinkel, dass die „Nichtöffentlichkeit“ bislang nicht aufgehoben worden sei. „Die Aufhebung der Nichtöffentlichkeit ist nur durch einen Gemeinderatsbeschluss möglich.“ Zu den konkreten Kosten, die der Gasthof bis jetzt der Gemeinde verursacht hat, konnte er keine Angaben machen. „Welche Ausgaben und Einnahmen die Gemeinde in Bezug zum Gasthof zur Post tatsächlich geleistet oder gegebenenfalls durch innere Verrechnungen hatte, kann nur mit erheblichen Aufwand und dann auch nur unvollständig beantwortet werden. Schätzung sind nicht hilfreich.“
Von Seiten der Gemeinde würden nun mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege weitere Gespräche stattfinden. Zudem werde mit der Regierung von Oberbayern im Rahmen der Städtebauförderung das weitere Vorgehen abgestimmt. „Ziel wäre eine Machbarkeitsstudie indem eine Bürgerbeteiligung mit beinhaltet ist, durchzuführen. Die Kosten und Fördermöglichkeiten für die Machbarkeitsstudie sind zunächst zu eruieren“, erklärte Bergwinkel die jetzt folgenden Schritte.
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Lüftet das Geheimnis
Ein Kommentar von Alfred Raths
Die Frage, warum das Anwesen im Jahr 1991 von der Gemeinde überhaupt erworben wurde, beschäftigt immer mehr Pörnbacher Bürger. Diese äußerten sich dazu unter anderem in den Bürgerversammlungen und selbst auf der Straße werden mittlerweile die wildesten Vermutungen ausgetauscht. Insbesondere interessiert dies mehr als je zuvor aufgrund der Tatsache, dass nun wegen bevorstehender umfangreicher Sanierungen auf derzeit nicht absehbare Zeit hinaus dem Steuerzahler erhebliche finanzielle Belastungen aufgebürdet werden. Der zahlende Bürger möchte in der Regel ja auch wissen, wofür und warum sein Geld denn ausgegeben wird und wurde. Zu berücksichtigen ist dabei freilich auch, dass Pörnbach bekanntermaßen nicht zu den reichsten Kommunen im Lande zählt und jeder Cent vor der Ausgabe sozusagen zweimal umgedreht wird.
Dass nun eine finanziell nicht gerade üppig ausgestattete Gemeinde ein Gebäude für viel Geld lediglich deshalb erwirbt, weil es sich in zentraler Lage des Ortes befindet, erscheint als Grund mehr als fadenscheinig, eher schon unglaubwürdig. Seltsam ist auch, warum in 25 Jahren scheinbar niemand etwas Vernünftiges, also etwas, das für alle Gemeindemitgliedern von Nutzen ist, mit dem Gebäude anfangen wollte. Warum also musste der Gemeinderat es damals unbedingt anschaffen, warum wird um den seinerzeitigen Beschluss über Jahrzehnte hinweg ein derartiges Geheimnis gemacht, warum hat offenbar niemals jemand diese Entscheidung wirklich hinterfragt?
Vielleicht kann sich ja der aktuelle Gemeinderat in einer seiner kommenden Sitzungen dazu durchringen, das Mysterium zu lüften und stimmt darüber ab, die Öffentlichkeit der damaligen Entscheidung herzustellen. Dann wüsste man bei Erreichen der dafür notwendigen Stimmenmehrheit endlich, was vielleicht ein Vierteljahrhundert versäumt wurde und bereitet bereits ins Kraut schießenden Spekulationen ein Ende.
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