Windkraft spaltet!
(Hettenshausen, hr)Sauberer Strom, der die nachfolgenden Generationen nicht belastet, das ist der Eckpunkt, auf dem die Energiewende in Deutschland fußt. Doch ob der Strom von Windkraftanlagen wirklich so sauber ist, das wird von Gegnern dieser Energie in Zweifel gezogen.
Es prallen zwei Welten aufeinander: die einen, die Windräder befürworten, und diejenigen, die sie ablehnen. In Hettenhausen in einer Veranstaltung bezüglich der geplanten Anlagen in Herrenrast wurde dies mehr als deutlich. Fast schon unversöhnlich scheinen sich beide Gruppen gegenüberzustehen, und auch dort, wie schon zuvor in Geroldshausen, kochten am Ende die Emotionen hoch.
Lärm ist ungesund!
„Die Energiewende sollte mit Augenmaß durchgeführt werden“, so die Worte von Altlandrat Rudi Engelhard, der in einem Brief dem Schutz von Mensch und Natur einen hohen Stellenwert einräumte. Und so rückte auch in Hettenshausen das Thema Infraschall in den Fokus. Dr. Reinhard Lange, Chefarzt für Allgemein- und Visceralchirugie an der Ilmtalklinik, hat sich eingehend mit dem Thema "Lärm" und seine Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit befasst. „Ich wurde vor einigen Jahren von Bekannten diesbezüglich gefragt und habe dann begonnen, die einschlägige Literatur zu durchforschen“, erklärt der Mediziner. Aus medizinischer Sicht gäbe es zum Infraschall von Windkraftanlagen und dessen Auswirkungen auf Menschen kaum belastbare Studien. Jedoch verwies Lange in diesem Zusammenhang auf die Veröffentlichung der Berliner Carité. In der sog. NaRoMi-Studie wurden bei 4115 Patienten über vier Jahre die Auswirkungen von Verkehrslärm auf die menschliche Gesundheit untersucht. „Am Ende kam man dort nach Ausschluss zahlreicher Störvariablen zu dem Ergebnis, dass das Risiko für einen Myokardinfarkt signifikant erhöht ist“, führte der Mediziner aus.
Insgesamt verwies Lange aber auch darauf, dass es aufgrund zahlreicher Störfaktoren schwierig ist, den Lärm als tatsächliche Ursache ausmachen. Bislang ist dies nur den Berlinern Medizinern gelungen. Aber für den Infraschall gibt es, so seine Ausführungen, keine gesicherten Daten. Damit stellte der Mediziner grundsätzlich nicht in Abrede, dass eine dauerhafte Belastung durch Infraschall zu Verschlechterung von Atemwegserkrankungen und generell der Sauerstoffversorgung, zu chronischem Stress oder auch zu einer Veränderung der Hirnphysiologie führen kann. Allerdings gab er eben auch zu bedenken, dass alle Untersuchungen zu diesem Thema lange nicht an die Qualität der Berliner Studie heranreichen, denn bislang wurden nur rund 50 Patienten über einen Zeitraum von acht Tagen untersucht.
Da es aber derzeit, eben wegen der fehlenden Forschung, kaum die Möglichkeit einer wirksamen Dämmung gibt, liegt der Wunsch nach einem größtmöglichen Abstand nahe. „10H ist hier ein guter Ansatzpunkt“, so Lange.
Über 10H ist der bauliche Außenbereich nicht zu schützen
Doch eben bei dieser Regelung scheiden sich auch in Hettenshausen die Geister. „Aus seiner Sicht wiegt es schwer, dass mit der Windkraftplanung des Landkreises die 10H-Regelung außer Kraft gesetzt wird“, so die Worte von Altlandrat Rudi Engelhard und schürt damit bei den Gegnern den Glauben, bei einer konsequenten Anwendung gäbe es keine Windkraftanlagen im Landkreis. Eine Behauptung, die am Ende sachlich und fachlich falsch ist. Denn einerseits sahen schon die bayerischen Verfassungsrichter trotz der 10-H-Regelung die Möglichkeit niedrigerer Anlagen, andererseits beschränkt sich 10H rein auf den Innenbereich. „Alles was im baulichen Außenbereich liegt, ist aktuell nicht geschützt“, erklärt Manfred Russer, Vorsitzender der Planungsgemeinschaft Windenergie. Insgesamt spricht man damit im Landkreis von einer Gesamtfläche von 7,5%, auf der rein nach dem Gesetz Windkraftanlagen möglich wären. Durch die Aufstellung des Teilflächennutzungsplans wurde diese Zahl noch einmal deutlich gesenkt. So sind WKAs auf 2,91% der Gesamtfläche möglich. „Unser Ziel war es, damit die Energiewende einerseits zu begleiten, andererseits aber auch den Bürgern den größtmöglichen Schutz zu bieten“, erklärt Russer. Auch nach dem Urteil des bayerischen Verfassungsgerichts hält der Hohenwarter die Planung im Landkreis nicht für obsolet, schließlich kann aus heutiger Sicht keine Aussage über technologische Entwicklung der Windkraft getroffen werden. Sollte es aber in der Zukunft die Möglichkeit geben, niedrigere Anlagen gewinnbringend zu betreiben, dann sind diese auch nur in den entsprechenden Konzentrationsflächen möglich.
Im Grundsatz besagt aber 10H auch, dass die Planungshoheit bei den einzelnen Kommunen liegt. Hier können Gemeinden auch abweichend von den Vorgaben andere Abstände festlegen. In Ilmmünster hat dies der Gemeinderat einstimmig angeregt und mit der Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplanes für das Gebiet Herrenrast begonnen. 230 Meter sollen die Anlagen am Ende in den Himmel ragen und von der Bürgerenergiegenossenschaft Pfaffenhofen betrieben werden. Ob sie aber am Ende tatsächlich gebaut werden, das ist derzeit noch fraglich, denn aktuell läuft nicht nur die Einspruchsfrist, sondern am 10. Juli findet in Ilmmünster diesbezüglich ein Bürgerentscheid statt.
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