Bistum informiert über Umgang mit Missbrauchsvorwürfen
(Pfaffenhofen, rt)
Besonderer Aufmerksamkeit sicher war unter anderem das Thema sexueller Missbrauch von Minderjährigen, das am gestrigen Freitagabend im Pfarrsaal der Pfaffenhofener Kirchengemeinde St. Johannes zur Sprache kam. Eingeladen zu der Informationsveranstaltung über den Umgang der Kirche mit Missbrauchsvorwürfen hatte das Bistum Augsburg.
In Pfaffenhofen war die diesjährige Fronleichnamsprozession ausgefallen, weil das Bistum Augsburg sie kurzfristig und zunächst ohne Angabe von Gründen absagte. Generalvikar Harald Heinrich gab im Gottesdienst in St. Johannes dann bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Ingolstadt gegen Stadtpfarrer Peter Wagner nach bestimmten Vorwürfen in einem anonymen Schreiben ermittelt. Er stehe unter dem Verdacht des sexuellen Kindesmissbrauchs und sei vorläufig von seinem Amt entbunden. Doch über diesen Fall wollte man gar nicht sprechen. Gleich zu Anfang wurde klargestellt, dass es sich, was die angeblichen Vorfälle um den früheren Stadtpfarrer Wagner anbelangt, um ein schwebendes Verfahren handle und man deshalb darauf nicht eingehen könne. Somit kam es von den Fachleuten naturgemäß nur zu allgemeingültigen Aussagen zur Thematik. Rede und Antwort standen dabei unter der Moderation von Thomas Wienhardt vom Bistum Augsburg Silke Peifer, Präventionsbeauftragte beim Polizeipräsidium Oberbayern Nord, Otto Kocherscheid, Missbrauchsbeauftragter des Bistums Augsburg und Bernhard Scholz Präventionsbeauftragter des Bistums Augsburg.
Strafgesetzbuch definiert sexuellen Missbrauch
„Im Strafgesetzbuch ist ganz klar definiert, was sexueller Missbrauch ist - die Benutzung eines Kindes für sexuelle Bedürfnisse eines Erwachsenen“, so Poller. „Es geht nicht darum, wo er es anfasst!“ Maßgebend sei vielmehr, dass der Täter seine sexuellen Bedürfnisse mit dem Kind befriedige. So könne eine Berührung am Unterarm mit entsprechendem Hintergrund bereits Missbrauch sein. Täter könne laut Peifer jeder sein, unabhängig vom Geschlecht, Alter, beruflicher Stellung oder anderen Faktoren. Und sie stammen meist aus dem sozialen Nahbereich. Zum Opfer werden könne jedes Kind. „Besonders brave Kinder sind bequeme Opfer“, so Peifer. Einen Verdacht auf Missbrauch sollte man immer ernst nehmen und die Polizei informieren.
Kirche hat sich immer schwer getan mit Sexualität
Kocherscheidt, ein ehemaliger Richter am Oberlandesgericht München, führt für die Kirche die Voruntersuchungen bei Verdachtsfällen auf Missbrauch durch. „Die katholische Kirche hat sich immer schwer getan mit Sexualität und sie hat sich noch schwerer getan mit Abartigkeiten der Sexualität oder strafbaren Handlungen, die mit Sexualsachen verbunden waren“, sagte er eingangs seiner Ausführungen.
„Anonyme Anzeigen gibt es aber sie sind eine relative Seltenheit“, so Kocherscheidt. Je nach Inhalt werde aber auch ihnen nachgegangen; es komme darauf an, was genau in einer anonymen Anzeige stehe. Grundsätzlich müssten die Verdachtsmomente schon konkret sein. Seine Arbeit richte sich nach den Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker, Ordensangehörige und andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz.
Missbrauchsbetroffene Kinder würden bis zu sieben Anläufe machen um sich mitzuteilen, so Präventionsbeauftragter Scholz, um sich mitzuteilen. „Und niemand nimmt sie richtig wahr.“ Mit Schulungsmaßnahmen wolle die Kirche helfen, dass diese Kinder auf offene Ohren stießen. Seit 2012 seien 4000 hauptberufliche Mitarbeitern dahingehend geschult worden, weitere würden folgen.
Pompöser Kircheneinzug
In der anschließenden Diskussion kam der eine oder andere Teilnehmer dann doch wieder direkt oder indirekt auf den Fall Wagner zu sprechen. So wurde nach den Abläufen der Bekanntmachung gefragt. Wienhardt erklärte dazu, dass am 10. März Pfarrer Wagner seinen Rücktritt erklärt habe. Mitte März sei das anonyme Schreiben beim Bischöflichen Sekretariat eingegangen, woraufhin die Diozösanbeauftragte dem Hinweisen nachgegangen sei; dies habe sich am 8. April an die Staatsanwaltschaft Ingolstadt gewandt. Am 24. Mai sei die Pfarrei beziehungsweise der Generalvikar von der Staatsanwaltschaft über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens informiert worden. Eine Frau formulierte, Fronleichnam sei eine „Show abgezogen worden“. Ihre Kritik richtete sich offenbar an die Adresse des Bistums und Zelebrierung des Gottesdienstes.
„Wenn ich die Fronleichnamsprozession absage, dann muss ich aus so etwas absagen. Dann kann ich nicht mit einem Pomp in die Kirche einziehen.“ Dies sei eine „Nötigung“ der Ministranten durch den Generalvikar gewesen. Eine andere Zuhörerin meinte, man hätte die Kinder vorher informieren müssen und ihnen die Möglichkeit geben sollen, zu ihren Eltern zurückzukehren. Sollten sich die Vorwürfe an Pfarrer Wagner als falsch herausstellen, sei es am Generalvikar, dies wieder in gleicher Weise in Ordnung zu bringen.
Eine weitere Dame sagte: „Der Grund, warum wir eingezogen sind war der, weil die Kommunionkinder einziehen wollten.“ Es sei sehr wohl überlegt worden was zu tun sei. „Hätten wir die Kinder heimschicken sollen?“ Wenigstens einen positiven Satz zur Arbeit von Wagner vermisste eine Zuhörerin von Seiten der Diözese, Pfarrverwaltung oder auch des Pfarrgemeinderats. Pfarrer Wagner habe etwa die Ministranten erzogen sowie eindrucksvolle Gottesdienste und einfühlsame Reden gehalten.
Kommentare
Einen Kommentar schreiben
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.