Aufgeputschte Emotionen
(Fahlenbach, wk)Bei der Informationsveranstaltung zur Unterbringung von jugendlichen Flüchtlingen in Fahlenbach kochten die Emotionen gelegentlich sehr hoch und dadurch kamen nicht immer alle sachlichen Informationen rüber, weil einige Hitzköpfe nicht zuhörten, ihr eigenes Vorurteil pflegten und sich dann beschwerten, dass ihre Fragen nicht beantwortet seien. Bedingt durch die Vorfälle in den letzten zwei Wochen waren die Emotionen natürlich auch aufgeputscht.
Wie schon berichtet, wurde ein Haus in Fahlenbach angemietet, um junge, unbegleitete Flüchtlinge unterzubringen, die derzeit überwiegend in Wolnzach leben. Bisher gingen selbst Bürgermeister Peter Keck und seine Kollegen im Gemeinderat davon aus, dass das Haus vom Landratsamt gemietet worden sei, doch in der Versammlung stellte sich heraus, dass der Mieter der private Träger sozialer Dienstleistungen Ambuflex aus Ingolstadt ist, der bereits seit acht Jahren Sozialarbeit zusammen mit der Stadt Ingolstadt und den Landkreisen Eichstätt und Pfaffenhofen betreibt. Das Unternehmen beschäftigt derzeit gut 110 qualifizierte MitarbeiterInnen, wurde gegründet und geleitet von Stephan Reinfurt. Die Jugendlichen, die nach Fahlenbach kommen, sind den MitarbeiterInnen seit teilweise über einem Jahr bekannt, so dass von ihnen auch Auskunft über die Zusammensetzung, das Alter, die Herkunft und deren Tagesablauf gegeben werden konnte.
Auf dem "Podium" im Feuerwehrgebäude saßen (auf dem Foto von links) 2. Bürgermeister Johann Wolf, Bürgermeister Peter Keck, Stephan Reinfurt von Ambuflex , Kreisjugendamtsleiterin Elke Dürr sowie als erfahrene Mitarbeiterin von Ambuflex Yvonne Berentssen, die als Fahlenbacher Bewohnerin die Menschen und das Dorf kennt.
Nach kurzer Begrüßung durch Bürgermeiste Keck ging Elke Dürr auf die betreuten jugendlichen Flüchtlinge ein. Davon gibt es im Landkreis insgesamt 90 an den verschiedensten Standorten. Die Jugendlichen seien zum Teil in einer Ausbildung und/oder besuchen die Berufsschule, auch wenn sie keine Lehrstelle haben. Dort werden sie in Klassen mit unterschiedlichem Lern-Niveau unterrichtet, je nach dem wie gut ihre Sprachkenntnissee sind. Stephan Reinfurt, der den größten Teil seiner für Fahlenbach bestimmten MitarbeiterInnen mitgebracht hatte, erläuterte, dass die erste Welle der Flüchtinge 2014 eine riesige Herausforderung war und die Unterbringung nicht immer optimal war, doch durch die Erfahrungen hätte sich viele gebessert. In der Region 10 leben derzeit 160 Jugendliche unbegleitete Flüchtlinge, die häufig von ihren Eltern weggeschickt wurden, um im Ausland die Kriege in ihren Heimatländern zu überleben. Die Gemeinden, die aktiv an die Jugendlichen herangegangen seien, hätten bisher gute Erfahrungen gemacht. Dass anfangs Angst bestand, gab er zu, doch er gab zu bedenken, dass auch die Jugendlichen Angst hätten. Dann prasselten natürlich Fragen aus der Zuhörerschar auf das Podium ein nach dem Stand der Asylverfahren, den Ausweisen oder Identitätsnachweisen, der Nationalität, ob das denn alles Islamisten seien, ob sich die Jugendlichen untereinander vertragen würden, wie die psychologische Betreuung bei Traumata aussehe und ob man diese Jugendlichen nicht zwingen könne, eine Therapie zu machen und was sie denn in ihrer Freizeit machen würden. Doch diese Fragen waren nicht immer sachlich gestellt sondern implizierten gleich wieder gewisse Vorurteile. Als dann versucht wurde, sachliche Antworten zu geben, fiel dann auch mal der Satz "...hier haltet ihr Schönreden und wenn ihr weg seid haben wir hier die Probleme". Elke Dürr und die junge Ambuflex-Mitarbeiterin Karina Raß versuchten zu erklären, dass Jugendliche auch mal Probleme miteinander hätten, wie deutsche Jugendliche auch, dass einige von ihnen keine Papiere hätten und dass man sie zu einer Therapie ebensowenig zwingen könne, wie es deutschen Eltern auch nicht könnten; dass die Freizeit ausgefüllt wird mit Sport, Spielen, Wandern, Unterhaltungen und auch in den Ferien ein Programm angeboten werde. Wichtig war, dass immer Betreuer von Ambuflex vor Ort seien, auch nachts und dass die Beteuer jederzeit Ansprechpartner für die Dorfbewohner seien, wenn es Probleme geben sollte. Und Bürgermeister Keck bot an, ihn bei Problemen zu informieren.
Elke Dürr, Jugendamt Ambuflex-Mitarbeiterin Karina Raß (li.)
Die Frage, warum denn keine Familien oder junge Frauen nach Fahlenbach kommen würden, konnte Elke Dürr nur damit beantworten, dass nur wenige Familien oder junge Frauen nach Deutschland bzw. in den Landkreis kämen - das wiederum wollten einige einfach nicht glauben. Eine Mutter gab zu bedenken, dass im Dorf sehr viele junge Mädchen lebten und sie sich Sorgen um sie mache. Ein anderer fragte, wie denn die "Bedürfnisse" der jungen Männer befriedigt würden. Einer regte sich darüber auf, dass in Asylheimen deutsche Putzfrauen reinigen müssten und ob man die Jugendlichen nicht "abrichten" müsse, diese Arbeiten selbst zu machen. Ein anderer zweifelte daran, dass die jungen Ambuflex-MitarbeiterInnen in der Lage seien, sich bei den Jugendlichen durchzusetzen. (Anm.: Er hatte dabei wohl gar nicht mitbekommen, dass es immer wieder die junge Ambuflex-Mitarbeiterin Karina Raß war, die klare Antworten gab und selbst ältere Dazwischen-Rufer ruhig waren - doch wohl ein Zeichen der Durchsetzung, oder?). Elke Dürr und Karina Raß wiesen darauf hin, dass es bei den Jugendlichen kein Putzfrauen gebe und sie sich selber ihr Essen zubereiten. Eine Fahlenbacherin, die selbst Behinderte betreut erinnerte daran, dass sie sich in ihrem Pflegeberuf schon mit 23 Jahren durchsetzen musste. Stefan Vachal als Vorstand des Fahlenbacher Sportvereins freute sich, wenn von den Jugendlichen welche Interesse hätten, dort Sport zu treiben und Hedwig Stocker als Sprecherin des Rohrbacher Asylarbeitekreises berichtete von den anfänglichen Ängsten, die sie und ihre Mitstreiterinnen gehabt hätte, die sich jedoch nach dem Kennenlernen der Flüchtlinge schnell verflogen hätten. Neben teilweise unsachlichen Zwischenrufen und Beiträgen gab es aber auch sachlich Fragen und Beiträge, die deutlich machten, dass nicht alle Fahlenbacher so negativ denken würden - Zwischenapplaus und Zustimmung von den Zuhörern gab es deshalb auch. Und Johann Wolf betonte zum Abschluss, dass man die Flüchtlinge nicht eingeladen hätte, sie aber jetzt da seien und man sich mit ihnen beschäftigen müsse, denn sonst würden sie uns beschäftigen.
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