A bisserl regionaler
(Wolnzach, hr)Jutta Winter, Vorsitzende der Frauenunion Wolnzach und Jutta Löbert
„Heute geht es um regionale Vermarktung“, mit diesen Worten begrüßte Jutta Winter die zahlreichen Gäste, die dem Aufruf der Wolnzacher Frauenunion gefolgt waren, um mehr über das Thema Ernährung zu erfahren. Bevor jedoch die Theorie in den Fokus der Aufmerksamkeit rückte, gab es zunächst ein ganz reales Frühstücksbuffet – auch mit regionalen Spezialitäten.
„Warum essen wir im Sommer Orangen und im Winter Erdbeeren?“ Natürlich war diese Frage von Jutta Winter provokant formuliert, dennoch traf sie im Kern schon einen wichtigen Punkt – nämlich warum regionalen Produkte nicht öfter im Topf landen. Eine Frage, die nicht mit einem einfachen Satz beantwortet werden kann, denn, wie Diplom-Ökotrophologin Jutta Löbert erläuterte, ist der deutsche Lebensmittelmarkt sehr komplex strukturiert. „Der Kunde von heute möchte dabei aber schon wissen, wo die Lebensmittel produziert wurden“, erläutert die Expertin.
Eine Aussage, die sich auch mit den Zahlen aus dem Ernährungsreport deckt. Dort geben 76% der Befragten an, dass es ihnen schon wichtig ist, dass die Lebensmittel aus der Region kommen, wenn der Preis stimmt. Und hier liegt am Ende auch das Problem. Über 60% aller Deutschen sind beim Einkauf eher preisorientiert. „Im Vergleich zu anderen Ländern geben wir Deutschen deutlich weniger Geld für Nahrung aus“, so Löbert.
Dennoch betonte sie dass es auch in Deutschland eine Bereitschaft gibt, regional einzukaufen. Knapp 40% legen dem Ernährungsreport nach beim Griff in die Regale wert, dass die Produkte auch aus der Region stammen. Gerade bei dieser Gruppe spielt qualitätsbewusstes Einkaufen eine große Rolle. Kochen ist bei ihnen meist mehr als nur das Warmmachen von Fertigprodukten. „Frische Erdbeeren direkt aus dem eigenen Garten oder vom Feld haben einfach einen ganz anderen Geschmack“, so Jutta Winter.
Noch dazu haben sie gegenüber der Ware aus den Supermärkten einen entscheiden Vorteil: „Sie werden zum richtigen Zeitpunkt geerntet“, fügt Löbert an, denn Obst und Gemüse, das importiert wird, ist meist noch nicht voll ausgereift, was sich letztlich aber nicht nur auf den Geschmack, sondern mehr noch auf die Inhaltsstoffe niederschlägt. Für Jutta Löberl ein weiterer Grund, bei Obst, Gemüse, aber auch Fleisch und Backwaren auf Regionalität zu setzen. Frische, Stärkung der heimischen Wirtschaft und vor allem die kurzen Transportwege und somit auch die geringere CO2 –Belastung, sind aus ihrer Sicht gute Gründe, vor Ort auch direkt beim Landwirt einzukaufen. „Vor allem aber kann man als Verbraucher dort den Herstellungsprozess am besten nachvollziehen“, erläutert die Expertin und betont, dass es ganzjährig viele saisonale Produkte gibt.
Aber warum greift man dann doch im Sommer, wie es Jutta Winter so provokant formuliert hat zu Orangen? Die Antwort von Jutta Löbert ist einfach: „Es sind die Gelüste!“ Auch wenn ein deutscher Kohl am Ende mehr Vitamin C hat als eine spanische Orange, beim Aperol Spritz wird man dennoch immer der Zitrusfrucht den Vorzug geben. „Insgesamt könnte man viel Kohlendioxid einsparen, wenn mehr Wert auf regionale Produkte gelegt werden würde.“ Eine Stadt wie Bochum (350.000 Einwohner) könnte so ca. 21.000 Tonnen CO2 im Jahr einsparen, wenn 20% der Lebensmittel direkt im näheren Umkreis gekauft würden.
Zwar ist der Verbraucher in den letzten Jahren – vielleicht auch durch die zahlreichen Skandale im Bereich der Lebensmittelindustrie – qualitätsbewusster geworden, doch was Jutta Löbert am Ende äußerst kritisch sieht, ist, dass vor allem das Kochwissen zunehmend verloren geht. Denn letztlich geht mit dem Griff zum Fertigprodukt auch ein Stück Regionalität verloren.
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